Die Hauptschwierigkeit der «Musikfindung» besteht darin, dass man oft nicht weiss, wonach man suchen soll. Es kommt dem Musikhörer also nicht in den Sinn, wonach ihm gerade der Sinn steht. Heutzutage ist man schnell überfordert, weil man neben der gespeicherten Musik auch noch auf ein grosses Musikangebot von einem Streaming-Dienst (Regelfall) zugreifen kann. Man muss deswegen nicht verwirrt oder orientierungslos sein, man wird sich aber in aller Regel von der Suche oder Findung abwenden und Altbekanntes wählen oder empfohlene Playlisten ausprobieren. Das ist ähnlich wie auf Radio umschalten: Man delegiert die Wahl des Musikprogramms an eine Redaktion.
Roon hat sich mit ihrer audiophilen Streaming- und Musik-Plattform von Anfang an hervorgetan und mit einem übergreifenden Ecosystem eine bemerkenswert leistungsfähige Lösung geschaffen, die mittlerweile von über 200 Markenherstellern zumindest als Option auf über 800 Geräten unterstützt wird. Man nennt das «Roon-Ready». Viele tun das natürlich zähneknirschend, denn sie würden die hausgemachte Plattform bevorzugen, aber es gibt für den Roon-Betrieb eine Nachfrage. Dahinter stehen potenzielle Käufer, die man nicht verlieren will. Die Popularität von Roon als audiophile Musikplattform ist erstaunlich, wenn man bedenkt, dass die Lifetime-Lizenz 700 USD kostet und keine Musik beinhaltet. Das bedeutet erhebliche Zusatzkosten, nachdem man hochwertiges Gerät angeschafft und den audiophilen Musikstreamingdienst seiner Wahl abonniert hat.
Nicht allein deshalb ist Roon unter Erfolgsdruck: Roon kommunizierte 2019 über 100'000 User weltweit. Aktuelle Zahlen sind nicht verfügbar, aber der Anstieg der Roon-Partner seit 2019 von 40 auf über 200 müsste sich positiv auf die Anzahl Anwender ausgewirkt haben. Mehr Partner führen zu mehr Geräten, die Roon unterstützen – und folgedessen zu einem höheren Anwender-Potenzial. Wie viele Anwender Roon wirklich «anwenden», weiss nur Roon selbst. Dies zwar ganz genau, da man ja Lizenzen verkauft: Roon kommuniziert nach wie vor 100'000 Anwender, gleich viele wie 2019.
Roons grösster Konkurrent ist nicht etwa eine konkurrenzierende audiophile Streaming- und Musik-Plattform, eine, die Roon das Wasser reichen könnte. Es ist etwas ganz anderes: Die Anwender-Gewohnheiten ändern sich. Die Art und Weise, wie immer mehr Menschen Musik hören, geht in Richtung «casual». Man sucht nicht mehr nach der gerade besten Musik für den Moment; man klickt mal auf eine Playliste oder man folgt einem Vorschlag. Zudem wird Musik auch bei den audiophilen Konsumenten immer mehr von Streamingdiensten genutzt – und diese können auch sehr gut mit den Playlisten und den Vorschlägen umgehen.
Roons 100'000 Anwender konsumieren jeden Monat 20 Millionen Hör-Einheiten (vermutlich Songs). Diese kumulierte Hör-Historie füttert Roons Algorithmus namens «Valence». Valence hat also die Nutzergewohnheiten von 100'000 Nutzern im Blut und verändert seine DNA laufend. Das Zusammenbringen dieser «audiophilen» Nutzergewohnheiten mit Roons grandioser Meta-Datenbank (redaktionelle Inhalte inklusive) ist die Kernkompetenz und der wichtigste Erfolgsfaktor von Roon.
Roon 1.8 ist ein wichtiger Schritt des Unternehmens, sich die veränderten Nutzergewohnheiten audiophiler Musikhörer anzueignen, damit diese Roon noch besser mögen.
Installation
Bei neuen Software-Versionen ist es bekanntlich von Vorteil, nicht zu den ersten zu gehören, welche das Update installieren. Das war bei Roon Version 1.8 auch der Fall. Wer am ersten Tag 1.8 Build 748 installierte, hatte viele Probleme. Ich kam etwa später und alles lief recht ordentlich. Roon hat dann wirklich vorbildlich alle Meldungen ihrer Community abgearbeitet und alles gefixt. Die aktuell verfügbare Version 1.8 Build 763 ist ausgezeichnet.
Kleider machen Leute
Es würde ja wenig nützen, wenn denn nicht alles neu daherkäme. Ein neuer Anzug hat noch niemandem geschadet. Das umfassende Re-Design von Roons User Interface findet bei mir Gefallen. Ich bin an eine Kunstgalerie erinnert mit sorgfältig gewählten Schriften und Bildelementen, die an eine hochwertige Architekturzeitschrift erinnern. Es ist eine wertige und würdige Angelegenheit.
Fokus geht über das Suchen
Die neuen Focus-Ansichten ermöglichen eine 360°-Rundumsicht über die gewählten Alben oder Interpreten, Stilrichtungen, Komponisten oder Künstler. Die Filterfunktion bezieht natürlich auch die Streaming-Dienste Qobuz und Tidal mit ein. Die Sortierung kann nicht nur nach Alphabet, sondern auch nach relevanteren Kriterien erfolgen, zum Beispiel bei einem Interpreten nach Anzahl verfügbarer Musikalben oder bei den Kompositionen nach Beliebtheit. Das macht Roon 1.8 gerade für Klassik-Liebhaber zu einem ziemlich perfekten Werkzeug, mit dem es möglich ist, die Beziehungen zwischen Stilrichtung, Komponist, verschiedener Interpreten, Hauptinterpret, Werk (Komposition), Dirigent und Aufnahme-Location zu ergründen und das Gewünschte herauszufiltern.