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Publikationsdatum
22. Dezember 2008
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Was müssen Sie für Massnahmen ergreifen, dass Piega auch in Zukunft wachsen kann?

Gehäuse schafft Klangvolumen

Doch die Philosophie, die hinter der X36 steckt, hat einiges für sich und ist immer noch topaktuell.

Genau wie bei Verbrennungsmotoren der Hubraum durch nichts zu ersetzen ist, predigt  Dynaudio: «Denn nur Gehäusevolumen schafft echtes Klangvolumen.»

Und da haben die Dynaudio-Leute völlig recht! Dass ein relativ grosses Gehäuse auch noch möglichst schalltot sein sollte, wissen sie ebenfalls und verweisen auf ihre «hochstabile, resonanzarme» Konstruktion, die immerhin stattliche 23,5 kg auf die Waage bringt.

Im Liefer-umfang sind elegante Spikes, welche die schönsten Holzböden ruinieren, sofern man die ebenfalls mitgelieferten  Unterlagsscheiben vergisst.

Alternativ lassen sich diese Schallwandler auf im Fachhandel erhältliche Trittschallabsorber stellen. In der Folge werden nicht nur heikle Böden geschont, sondern auch die Ohren der Nachbarn, die durch die mechanische Entkoppelung der Boxen vom Boden weitaus weniger Gedröhne mitbekommen.

Konventionell und optimiert

Die Technik der X36 ist zwar konven­tionell, doch hat man jedes Detail sorgfältig optimiert.

Dynaudio weiss natürlich, dass der Mitteltöner eine entscheidende Rolle spielt, denn er hat den für unser Gehör wichtigsten Frequenzbereich zu reproduzieren. Kräftige Neodym-Magnete und verwindungssteife Membranen aus Magnesium-Silikat-Polymer-Verbund garantieren einen guten Wirkungsgrad, hohe Dynamik und geringe Verzerrungen.

Die beiden 18-cm-Langhubtieftöner besitzen ebenfalls MSP-Membranen und werden von extrem leichten und hitze­beständigen Schwingspulen linear angetrieben. «Kampf den Resonanzen»,  heisst es auch bei den Chassiskörben, die hier nicht aus billigem gestanztem Blech, sondern aus massivem Aluminium-Druckguss bestehen.

Der Hochtöner arbeitet mit einer Kuppelmbran aus speziell imprägniertem Gewebe und zeigt keine messbare Höhenresonanz

Dass die X36 ein Dynaudio-Klassiker ist, erkennt man auch daran, dass sie nicht mit einem Kalottenstrahler mit Metallmembran bestückt ist, sondern über einen Hochtöner mit einer Kuppelmembran aus imprägniertem Gewebe verfügt.

Um das Gehäuse schalltot zu machen, hat man diesem eine massive Frontplatte aus 25 mm dickem MDF sowie aufwendige Verstrebungen im Inneren spendiert.

Auf der Redaktion durchgeführte Frequenzgangmessungen zeigten einen wie mit dem Lineal gezogenen Frequenzverlauf bis hinauf zu 20 kHz. Oberhalb von 20 kHz fällt der Frequenzgang sanft und ohne messbare Resonanz (!) ab und verabschiedet sich erst bei rund 30 kHz.

Dies alles lässt schon einiges an ausgewogenem Wohlklang erwarten. Dynaudio hat den Trend zu spritzigen» Metallkalotten oder «ultrahoch» auflösenden Folienstrahlern nie mitgemacht. Und interessanterweise ist zu beobachten, dass bei den meisten Herstellern die Hochtonabstimmung heute weniger analytisch ausfällt als noch vor wenigen Jahren. Somit hat Dynaudio mit ihrem Klangideal auf lange Sicht recht behalten.

Dynamik braucht Leistung

Die von Dynaudio für die X36 angegebene Empfindlichkeit ist mit 89 dB zwar nicht extrem hoch, aber durchaus alltagstauglich.

Und mit der spezifizierten Langzeitbelastung von be­acht­lichen 250 Watt können den Boxen hohe Leistungen zugeführt werden, ohne dass sie gefährdet sind. Während man in kleineren Räumen auch für beachtliche Klang­orgien keine grös­seren Wattzahlen benötigt, steigt der Leistungsbedarf in grösseren Wohnräumen fast exponentiell an.

Und so fliessen bei brachialen Bassimpulsen und Drum-Kicks denn auch schnell mal kurzzeitige Spitzenleistungen von ein paar hundert Watt, welche die X36 klaglos verkraftet. Sie beweist sich so als potente Standbox.

Sound mit Mini- und Maxi-Power

Klassiker X36 mit und ohne Fointabdeckung

Wie die X36 auf unterschiedliche Elek­tronik reagieren würde, ermittelten wir an sehr unterschiedlichen Verstärkern: Einmal am Nachfolger des legendären NAD 3020, dem C 315BEE und an einem legendären US-Kraftwerk der 90er-Jahre, das klanglich immer noch darauf wartet, geschlagen zu werden.

Bereits am kleinen NAD liess die X36 den grössten Teil ihres Könnens aufblitzen. Jazz und rockige Sounds brachte diese Kombi vital und mit guter Dynamik. Der Druck im tiefen Frequenzkeller war ganz ordentlich, auch wenn es Bassfetischisten noch nicht aus den Socken haute. Mit natürlichen Klangfarben und weiträumiger Projektion wurde anspruchsvolle Kammermusik in den Hörraum transferiert. Summa summarum eine Kombination, mit der man eigentlich glücklich werden könnte, wäre da nicht Begierde nach noch mehr...

Und in der Tat: Der US-Bolide heizte der X36 nochmals tüchtig ein und liess sie zur absoluten Höchstform aufspielen. Abgrundtief und packend legte der Bass an Fundament zu. Die Zwerchfelle der Zuhörer wurden tüchtig durch­geschüttelt.

Differenziert und gleichzeitig auch brachial zauberten unsere Klassiker das Drum-Bass-Duo – auch Boxenkiller genannt – der Test-Record Impressions in den Abhörraum. Auch bei höheren, schon fast livegerechten Pegeln blieb das Klangbild absolut sauber.

Dass es den Dynaudio-Leuten gelungen ist, das Gehäuse weitestgehend schalltot zu machen, war bei Rebecca Pidgeons "Fhear a Bhata" deutlich zu hören. Konnten bisher bei etlichen Vergleichsboxen störende Stimmenresonanzen um 300 Hz (stehende Wellen im Gehäuseinnern) nicht nur gehört, sondern auch mit den Fingerspitzen am Gehäuse selbst gespürt werden, so klang die Stimme über die X36 absolut ausgewogen, also ohne gewisse Stimmlagen resonierend zu bevorzugen. Das stellt den Konstrukteuren der Box ein ausgezeichnetes Zeugnis aus.

Neutralität grossgeschrieben

Zum Klangtimbre der X36 ist zu sagen, dass sie – ähnlich wie ein Abhörlautsprecher in einem Aufnahmestudio – ungeschminkt die Wahrheit sagt. Weder beschönigt sie, noch agiert sie übertrieben analytisch.

So klingen gewisse Aufnahmen eher hell, andere aber auch mal eher dunkel – eben genau so, wie sie der Toningenieur abgemischt hat. Dies bedeutet jedoch nichts anderes, als dass die X36 klanglich den goldenen Mittelweg beschreitet und genau richtig abgestimmt ist, um beim Grossteil geschmackvoll produzierter Musikaufnahmen bestmögliche Resultate zu liefern.

Und nebenbei bestätigt die X36 einmal mehr den früheren Werbeslogan von Dynaudio: «Dänen lügen nicht!»

Talentierter Allrounder

Kampf den Resonanzen: Dynaudio Chassis besitzen Körbe aus massivem und hochfestem Aluminium Druckguss

Die X36 leuchten das Klangbild sehr genau aus, ohne aber zu stark auf Solostimmen oder Einzelinstrumente zu fokussieren. Sie beweist gutes Gespür für das Zusammenspiel in Ensem­bles und Orchestern.

Die Stereo-Hörzone ist sehr breit, sodass auch Hörer, die nicht genau in der Mitte zwischen den Boxen sitzen, einen schönen Raumklang ge­nies­sen. Gerade bei Orgel- und Sinfonieaufnahmen zeigt die X36, was sie kann, und stellt diese gros­sen Klangkörper überzeugend in den Abhörraum. Bezüglich Klangdefinition und Auflösung liefert die X36 ganz gewiss gute Resultate.

Und selbst wenn ein Bändchensystem oder gar ein Elektrostat noch ein Quäntchen mehr Details zeigt, so macht der X36 von der Klangneutralität her so schnell kein Lautsprecher in ihrer Leistungs- und Preisklasse etwas vor.

Sie gehört eindeutig in jene Qualitätsstufe eingereiht, in der Bemerkungen und Urteile wie «sehr geeignet für diese und jene Art von Musik» überflüssig werden. Denn die X36 ist ein wahrer Alleskönner, der von zarter Klassik bis zu härtestem Rock alle  Stilarten beherrscht.

Im Kurztest: Dynaudio X16, die Alternative für kleinere Räume

Die kleinere Schwester der X36 heisst X16. Diese Zweiwegbox basiert auf der gleichen Technik wie die grosse X36.

Auch klanglich gleicht sie der grösseren Schwester, auch wenn sie im Hoch- und Obertonbereich einen Tick weniger Brillanz zeigt. Was aber gerade bei Kleinlautsprechern oft ein Vorteil ist, da wegen dem kleineren Bassvolumen das Klangbild sonst schnell als hell empfunden wird.

Was die X16 in kleineren und mittelgrossen Räumen leistet, vermag zu begeistern. Ihr neutrales, verfärbungsfreies Klangtimbre hat echte Klasse.

Frei, mit einem gewissen Abstand zur Rückwand aufgestellt verfügt sie über ein erstaunliches Klangvolumen. Typisch für Kleinboxen glänzt sie mit einer ausgezeichneter Räumlichkeit.

Im Hörtest gibt sie sich weder bei anspruchsvoller E-Musik noch bei harten rockigen Sounds eine Blösse und wirkt ausgewogen und sehr klangneutral.

Fazit

Die Dynaudio X36 mag weder an einem Designwettbewerb reüssieren noch die Konkurrenz mit neuartiger Technologie schocken. Was sie aber wirklich aussergewöhnlich gut kann, ist, Musik in einer neutralen Art und Weise ins Wohnzimmer zu bringen, an der man über lange Jahre seine Freude haben wird.

Betrachtet man die schöne und seriöse Verarbeitung sowie den edlen Klang der X16, so wird klar, dass auch diese sympathische Kleinbox eine klare Kaufempfehlung verdient hat. 

Die X36 und die X16 sind für 3800 CHF bzw. 1700 CHF beim Dynaudio Fachhändler erhältlich.

STECKBRIEF
Modell:
X36
Profil:
Standbox mit konventionellem Design, hochwertiger Bestückung und sehr gutem Klang.
Pro:
sehr guter Klang; sehr seriös verarbeitet; sehr gute Dynamik mit potenten Verstärkern; angemessener Preis
Contra:
biederes Design;kann nicht übersehen werden;
Preis:
3,800.00 CHF
Hersteller:
Jahrgang:
2008
Vertrieb:
Masse:
205 x 1040 x 310 mm
Gewicht:
23,5 kg
Farbe:
Ahorn, Kirsche, Palisander und Esche schwarz
Bass:
Zwei18 cm Langhub-Tief-/Mitteltöner mit MSP-Membran
Bauprinzip:
3-Wege Bassreflex
Frequenzgang:
35 Hz - 23 kHz ± 3dB
Hochton:
2.7 cm Gewebekalotte
Impedanz:
4 Ohm
Maximale Leistung:
250 Watt
Mittelton:
11 cm MPS Membran
Wirkungsgrad:
89 dB
Modell:
X16
Preis:
1,700.00 CHF
Hersteller:
Jahrgang:
2008
Vertrieb:
Masse:
205 x 350 x 290 mm
Gewicht:
9 kg
Farbe:
Echtholzfurnieren Ahorn, Kirsche, Palisander und Esche schwarz
Bass:
18 cm Konus
Bauprinzip:
2-Wege Bassreflex
Frequenzgang:
40 Hz - 23 kHz ± 3dB
Hochton:
2,5 cm Gewebehochkalotte
Impedanz:
4 Ohm
Maximale Leistung:
150 Watt
Wirkungsgrad:
4 dB