Die hierzulande praktisch unbekannte Firma Aavik Acoustics gehört zum jungen dänischen Triumvirat, zusammen mit Ansuz Acoustics und Børresen Acoustics. Das dänische Dreigespann der «Audio Group Denmark» firmiert in der nördlichsten dänischen Grossstadt Aalborg. Entstanden ist dieses Dreigespann aus der High-End-Lautsprecherschmiede Raidho Acoustics. 2017 wurde Raidho von Dantax übernommen und die jetzigen Köpfe hinter Børresen, Aavik und Ansuz haben sich daraufhin von Raidho Acoustics verabschiedet und die drei jetzigen Unternehmen gegründet.
Wieso drei Unternehmen und nicht alles unter einem Markendach? Lars Kristensen, einer der Geschäftsführer und Verkaufsleiter betont, dass es sicherer sei, mit drei verschiedenen Marken mit verschiedenen Produktlinien am Markt zu operieren. Sollte eine Linie nicht mehr so gut laufen, kann sie verkauft oder eingestellt werden, ohne die restlichen beiden Linien in Mitleidenschaft zu ziehen. Zudem ergänzen sich die drei Produktlinien ideal, auch marketingmässig und klanglich! Auch kann sich so der Fachhändler nur für eine oder zwei Linien entscheiden, ohne das ganze Portfolio übernehmen zu müssen. Ganz schön clever, diese Dänen!
Alesca Audio Fidelity in Fehraltorf, selbst ganz neu im Schweizer Markt und vor kurzem eröffnet, vertreibt die drei jungen und frischen dänischen Marken aus Aalborg in der Schweiz und Liechtenstein. Aus dem Aavik-Sortiment vertreibt Alesca aktuell die neuste 180/280er- und die 580er-Serie.
In diesem Testbericht testen wir den integrierten Aavik I-180 aus der 180er-Basis-Linie. Die Børresen-Lautsprecher haben wir ja bereits getestet, und den Ansuz-Produkten werden wir uns auf avguide.ch zu einem späteren Zeitpunkt widmen.
Aavik-Historie und technische Hintergründe
Der technische Mastermind hinter den Aavik-Komponenten ist, wie bei den Børresen-Lautsprechern, ebenfalls Michael Børresen. Und wie bei den Lautsprechern hat er einen ganz neuen Konstruktionsansatz in den Aavik-Komponenten umgesetzt. Um das spezielle der Konstruktion von Aavik zu verstehen, müssen wir uns 80 Jahre zurück und in die damalige Militärtechnologie begeben.
Die Briten waren Radar-Pioniere im Zweiten Weltkrieg haben damals bemerkt, dass sie mit ihrem Radar-bestückten Zerstörer-Schiffen die U-Boote schneller und effektiver aufgespürt haben als mit den Radar-Flugzeugen. Theoretisch sah es damals so aus, als ob sämtliche Vorteile für die Flugzeuge sprechen würden. Gemäss Michael Børresen aber hätten die damaligen Ingenieure herausgefunden, dass es der Wellengang bzw. die Wellenbewegung der Radar-Spür-Schiffe waren, die damit eine Modulation erzeugt haben und somit erfolgreicher waren als die Flugzeuge.
Als Beispiel führt Michael Børresen an, dass, wenn man sich die Hand regungslos vor das Gesicht hält, das Sichtfeld zum grössten Teil verdeckt wird. Bewegt man die Hand aber zügig auf und ab, so sieht man deutlich mehr. Man bekommt also mit dieser «Modulation» der Hand mehr Informationen. Das sei der technische Kniff bei der Aavik-Elektronik.
Zitat von Michael Børresen: «Die elektrische Fluktuation, also winzige Modulationen in der Zeitachse, bewirken dadurch mehr akustische Informationen in den Hörraum.» Die dafür eingesetzten, vielen kleinen Spiralen – Aavik nennt sie «Tesla Voice Coils» – gehören zu einem Schwingkreis, der das Signal unablässig verschiebt. Die Aavik-Schaltung moduliert das Signal zwar in seiner Gesamtheit auf der Zeitachse, bleibt für sich gesehen insgesamt aber unberührt.
Diese exklusive Schaltung steckt nicht nur in den Verstärkern, sondern in auch in den Ansuz-Kabeln, Stromleisten und LAN-Switches. Jede einzelne der kleinen Kabelspiralen wird im Werk von Hand zugeschnitten, verdrillt, gewickelt und auf die Leiterplatinen gelötet. Das kann je nach Gerät schon mal mehrere Arbeitsstunden in Anspruch nehmen und erklärt auch teilweise die stolzen Verkaufspreise von Aavik und Ansuz. Zu den interessanten Ansuz-Komponenten planen wir einen weiteren, ausführlichen Testbericht.
Die je drei Aavik-Verstärker, DAC und Streamer unterscheiden vor allem bei der Anzahl der eingesetzten Tesla Voice Coils, Tesla Square Voice Coils und den Dither-Schaltkreisen. Das Top-Verstärker-Modell I-580 hat zusätzlich noch eine Kupfer-Abschirmung und eine Resonanzkontrolle aus Titan.
Bei der digitalen Verstärkertechnik setzt Aavik auf die patentierte UMAC™-Verstärkertechnologie. Die UMAC™-Class-D-Module werden auch im Professional-Bereich eingesetzt und sind für ihre Leistungsfähigkeit und ihren grossen Signal-Rausch-Abstand bekannt. Die UMAC™-Technologie zielt vor allem auf zwei Bereiche des modulierten Verstärkerdesigns ab.
Erstens wird die Pulsweitenmodulation mit einer Sinuswellenmodulation erzeugt und nicht mit der häufigeren Dreiecksmodulation. Der Vorteil ist, dass Sinuswellen weitaus weniger hochfrequentes Rauschen erzeugen als Dreiecke, keine scharfen Ecken haben und somit weitaus weniger induktive Filterung am Ausgang benötigen. Gemäss Michael Børresen soll die Sinuswellenmodulation für den runden, fast Röhrenartigen Klang der Aavik-Komponenten verantwortlich sein. Die geringere Induktivität am Ausgang verleiht den Verstärkern einen viel besseren Dämpfungsfaktor und damit eine deutlich bessere Lautsprecheransteuerung.
Zweitens ermöglicht die fortschrittliche Dual-Mixed-Mode-Rückkopplung Dämpfungsfaktoren, die nur für die allerbesten Linear-Verstärker charakteristisch sind.
Neben der optisch speziellen Anmutung mit einem dänischen Design Touch der Aavik-Komponenten ist das verwendete Gehäusematerial erwähnenswert. Im Gegensatz zu den üblicherweise eingesetzten Aluminium- oder Stahl-Werkstoffen verwendet Aavik einen Verbund-Werkstoff als Gehäusematerial.
Man habe in langen Hörtest-Sitzungen bei Aavik herausgefunden, dass die üblichen Metalle Schwingungen generieren, die klanglich hörbare Verzerrungen generieren. Im täglichen Gebrauch sind die Gehäuse relativ empfindlich auf Fingerabdrücke. Daher sind Stoffhandschuhe beim Auf- und Abbau empfehlenswert. Ein Tipp: Mit Fensterreiniger, sparsam eingesetzt und sofort abgewischt, entfernt man solche Fingerabdrücke.
Das Test-Objekt: der integrierte Vollverstärker Aavik I-180
Der integrierte Aavik-Verstärker, der I-180, sieht abgesehen vom rechts angebrachten Lautstärkeregler identisch aus wie der DAC D-180 und der Streamer S-180. Er kostet wie der Streamer und der DAC je CHF 6000.
Die abgerundeten Ecken, das mattschwarze Gehäuse und das grosse Frontdisplay sind mal etwas ganz anderes und machen dem guten Ruf des dänischen Designs wieder einmal alle Ehre. Zudem ist der Wiedererkennungswert der Aavik-Komponenten supergut. Speziell gut gefällt uns das grosse, rote Display, das Zwei Drittel der Front ausfüllt. Die Anzeige kann auch aus Distanz sehr gut abgelesen werden, sodass ältere High-End-Fans ihre Lesebrille beiseitelegen können. High-End-Puristen können das Display übrigens auch ganz abschalten. Die Aavik-Optik hat speziell mit dem Display neben dem dänischen Touch auch etwas vom 70er-Jahre-Retro-Look. Wirklich toll gemacht!
Der I-180 hat fünf analoge Eingänge. Deren Lautstärkepegel können individuell geregelt werden. Ein Eingang kann auch als Bypass dienen, was zum Beispiel für ein AV Home Cinema System genutzt werden kann. Zusätzlich verfügt der I-180 über einen Pre-Out-Ausgang, mit dem ein Kopfhörerverstärker, ein Subwoofer, eine Endstufe oder eine andere Komponente angesteuert werden kann.
Die Fernbedienung ist baugleich mit der Apple-TV-Fernbedienung und erfüllt die Mindest-Bedienfunktionen wie Lautstärke, Quellenwahl, Mute und weiteres. Das ist sicherlich sinnvoll, damit man die Basis-Funktionen auch ohne das Smartphone oder iPad bedienen kann. Die Fernbedienung ist klein, schlank und sexy, versteckt sich aber auch ganz gerne in den Sofa-Ritzen.
Die drei Aavik-Komponenten stehen, aufeinander aufgestellt, auf je vier Eck-Füssen und zur weiteren Resonanz-Kontrolle auf je drei vom Hersteller optional angebotenen Keramik- oder Titanium-Kügelchen pro Fuss.
Aavik-App
Die Aavik-App konnte nicht ausprobiert werden, da diese nur für das iPad verfügbar ist und mir kein iPad zur Verfügung stand. Ersatzweise kann man aber die Mconnect-App für das iPhone nutzen; und auch Android-Nutzer können mit der Mconnect-App arbeiten. Leider war die Stabilität dieser App nicht immer gut, die Bedienung war aber standesgemäss. Die Mconnect-App tunnelt wie die Aavik-App die üblichen Musik-Portale wie Qobuz, Tidal, Spotify. Gemäss Aavik sollten die Aavik-Streamer diesen Juni mit einem Update auch «Roon ready» sein.
Hörtest
Unsere Hörtest-Kette bestand neben der Aavik-Kette aus hochwertigen Ansuz-Lautsprecher-Kabeln und den in der Schweiz ebenfalls brandneuen Vimberg-AMEA-Lautsprechern, ebenfalls aus dem Alesca-Sortiment. Die Vimberg AMEA werden wir dann noch separat hier auf avguide.ch testen.
Die optisch attraktiven AMEA-2-Weg-Lautsprecher passen auch leistungsmässig sehr gut zu den Aavik-Komponenten. Mit 86 dB Wirkungsgrad und einer Nominal-Impedanz von 5 Ohm benötigen diese High-End-Lautsprecher doch etwas mehr Leistung. Der I-180-Verstärker schüttelt ja locker mal 300 Watt an 8 Ohm und sagenhaften 600 Watt an 4 Ohm aus seinen schlanken, schönen Ärmeln.
Wie bei dem Lautsprecher-Testbericht zum Børresen 02 festgestellt, hat die Aavik-Elektronik die Lautsprecher mit einer in samtenen Handschuhen verpackten eisernen Faust im Griff. Der elektronische Bass des Elektro DJs William Orbit kam treibend, präzise und mit dem nötigen Speed. Ebenso spielt das Elektro-Duo HVOB (meine Frühlings-Neuentdeckung) ihren schon fast hypnotischen Sound mit dem nötigen Druck in den unteren Lagen. Dazu hatte die begleitende, melancholische Stimme von Anna Müller genau das richtige Timbre. Anspiel-Tipp: «Attention» - Albumtitel «Trialog» – wirklich cool und dazu gut aufgenommen!
Schnelligkeit ist auch eine der hervorstechendsten Audio-Eigenschaften, der ich immer wieder beim Anhören der Aavik-Komponenten begegnet bin – egal, bei welchem Musikstil. Mein Arbeits-Röhrengerät wirkte im Vergleicht fast leicht verschlafen und gemütlich unterwegs. Überhaupt kam das ganze Musikspektrum wie aus einem Guss – vom Bass bis zu den höchsten Tönen. Ich assoziiere den Aavik-Sound mit dem tiefen, klaren Wasser eines skandinavischen Fjords – ein schönes, passendes Bild, wie ich finde.
Als Auflösungsfanatiker wurde ich super bedient, ohne dass der Sound ins Analytische abdriftete. Auch wurde die Musik nie harsch oder hart und hatte sogar einen Touch Röhrenwärme. Michael Børresen versicherte mir, dass es eben genau die Sinuswellen-Modulation anstelle der üblichen Dreiecks-Modulation ist, die für diesen runden und im positiven Sinn analogen Klang der Aavik-Verstärker verantwortlich ist.
Bei Stimmen oder Streicher-Instrumenten blieben die Aavik-Komponenten aber dann doch auf der neutralen Seite. Eine Röhre bringt eine Stimme oder eine Geige dann doch etwas organischer oder verfärbter, je nach dem individuellen Klangideal. Aber alles ist gut – ich hatte immer sehr viel Spass und konnte mit den dänischen Komponenten stundenlang in die Sound-Gefilde abtauchen und habe mich quer durch meine Qobuz-Playlisten durchgezappt. Die vom I-180 zur Verfügung gestellte Leistung von 300 Watt gab mir das beruhigende Gefühl von allzeit grosszügig verfügbaren Leistungsreserven. Ganz nach den Leistungs-Angaben der Rolls-Royce-Luxusautos: jederzeit mehr als ausreichend. Grosses Kino!
Was die 280er oder die Topserie 580 noch besser kann als der getestet Aavik-180er-Verstärker, erfahren Sie zu einem späteren Zeitpunkt.
Fazit
Aavik, eine bisher in der Schweiz praktisch unbekannte Marke, feiert einen grossartigen Einstand. Optisch attraktiv, unverwechselbar und im dänischen Stil-Kleid – sozusagen im kleinen Schwarzen. Dazu ein hochwertiges, out-of-the-box konstruiertes Innenleben: Die Aavik-High-End-Komponenten haben das Zeug zum hochwertigen Klassiker! Mit dem hier getesteten, genial klingenden Verstärker ist Michael Børresen und seinem Aavik-Team ein absoluter Favoritenschreck gelungen und er macht Lust auf noch mehr Aavik! Mange tak, Michael Børresen.