Die Klipsch Cornwall gibt es seit fast 50 Jahren und wird seit 2006 im Prinzip unverändert in einer Mark III-Version angeboten.
Wie klingt ein solches High-End-Fossil an nostalgischen Röhrenverstärkern, aber auch an top-modernen Class-D-Boliden?
Genau wie es heute noch Musikhörer gibt, die es bevorzugen, Musik ab Vinyl zu hören, gibt es Leute, welche die Nase von "Hi-Tech-Audio" endgültig voll haben und sich vom Trend "back to the roots" bei der Wahl ihrer klingenden Juwelen leiten lassen.
So wollen wir in diesem Test eine Kombination anhören, die auf dem Markt wahrlich selten anzutreffen ist.
Klassiker
Die Anno 1959 eingeführte Cornwall ist in den Augen vieler "modern denkender" Leute ein nicht nur in Sachen Design, sondern auch punkto Technik völlig veralteter Lautsprecher. Trotzdem gab es weltweite Proteste, als Klipsch diesen Schallwandler 1990 vom Markt verschwinden lassen wollte.
So entschloss sich der Hersteller, diesen legendären Lautsprecher wieder aufleben zu lassen.
Klipsch schweigt sich beharrlich darüber aus, was gegenüber dem Original alles verändert wurde. Neu sind gewiss die Titanmembranen der beiden Horntreiber und auch das Verbundfasermaterial der Bassmembran scheint neu zu sein. Das früher aus Sperrholz gefertigte Gehäuse besteht nun mehrheitlich aus MDF und ist innen massiv verstrebt.
Trotzdem ist es heute, wie auch anno dazumal, nicht ganz frei von Gehäusevibrationen. Doch diese scheinen ebenso zum typischen Klipsch-Vintage-Klang zu gehören, wie Vibrationen einer Knucklehead Engine zu einer Harley Davidson.
Aufgrund ihres enormen Wirkungsgrads ist die Cornwall III geradezu prädestiniert für Verstärker mit hoher Klangqualität, aber eher bescheidener Ausgangsleistung.
Drei Verstärker-Typen - drei Klang-Welten
Um zu sehen, oder besser zu hören, wie sich unser jung gebliebener Sound-Veteran an Verstärkern unterschiedlichster Art benimmt, wählten wir drei grundverschiedene Verstärker-Typen:
Einer der legendären Single-Ended-Röhrenverstärker mit sehr wenig Leistung aber traumhaft schönem Klang und als Gegensatz dazu einen sehr potenten Röhrenverstärker mit Gegentaktendstufe.
Als dritte Art gesellte sich ein topmoderner Class-D-Verstärker - auch Digitalverstärker genannt - zur Röhren-Prominenz.
Single Ended
Der Cayin A-300B ist, wie alle Cayin-Produkte "made in China" und ein Vertreter der von Audiophilen so hochgelobten "Single Ended" - Röhrenverstärker und kostet 6450.- Franken (EVP inkl. MwSt).
Diese Verstärkerart soll, im sogenannten Eintakt-Betrieb, mit nur einer Leistungs-Röhre im Ausgang, die Hörerschaft mit geradezu himmlisch schönen Klängen umgarnen können.
Mit seiner wunderschönen 300B-Röhrentriode leistet er pro Kanal ganze 8 Watt! Ob das genügend Power ist, um die Cornwall III zu Höchstleistungen anzufeuern, zeigt der Hörtest.
Power mit KT88
Der mit einer kräftigen Gegentaktendstufe bestückte Cayin Ti 88 besitzt zwei Leistungsröhren vom Typ KT88 im Ausgang, die entweder in Triode- (2x25 Watt) oder in Ultralinear-Schaltung (2x50 Watt) betrieben werden können.
Und just zum Zeitpunkt dieses Hörtests erreichte uns die Nachricht, dass der Ti 88 durch den im Prinzip gleichartigen VP-10i (5190.- Franken EVP inkl. MwSt.)ersetzt worden sei. Dieser Neuling besitzt eine Röhre mehr in der Eingangsstufe, ein verstärktes Netzteil und die Möglichkeit, den Ruhestrom der Röhren sehr einfach mittels LED einzustellen.
Als Spielpartner wählten wir den röhrenbestückten Cayin CD-Player CD-T23 (2790.- Franken EVP inkl. MwSt.).
Der "kalte" Verstärker
Tönet, ihr Hörner! Erglimmet, Röhren!
Dieser, von J.S.Bach inspirierte Titel, ist - wie Bachkenner gewiss bemerkt haben werden - von der Kantate "Tönet, ihr Pauken! Erschallet, Trompeten!" abgeleitet.
Und gerade bei barocker und klassischer Musik, verhalf der Cayin A-300 Röhrenverstärker den Cornwalls mit seinen Single-Ended-Endstufen zu einem traumhaft schönen Klang. Streicher wirkten denn auch über die Mittel- und Hochton-Hörner nicht "gehornt", sondern seidenweich, zart und edel.
So schön hatte man Streicher noch nie über einen hornbestückten Lautsprecher gehört!
Überirdisch schön...
Auch Stimmen, seien es Solo- oder Chorstimmen, kamen glockenrein, mit fast überirdisch schönem Klangtimbre.
Die Rauheiten gewisser Aufnahmen wurden hier glatt wegpoliert. Trotzdem - oder gerade deshalb - leuchteten die Klangfarben in ihrer ganzen Pracht. Die Klangkörper erschienen losgelöst von den Boxen und waren umgeben von einer unbeschreibbaren Aura. U
nd genau so tönt es ja ich im Konzert: warm, voll und rund - nie grell oder gar gepresst, wie bei so vielen pseudo-high-endigen Klangdemos. Tatsache ist, dass dieser Klang einen süchtig machenden Effekt bewirkt...
Nicht nur bei barocker und klassischer Musik, auch bei akustischem Jazz war dieses Gespann im Element. Einfach herrlich, wie sich ein satter Groove im Raum ausbreitete mit perlenden Klavierläufen und einem vitalen Ansprecherverhalten der Gitarre.
Einziger Kritikpunkt war der nicht sehr impulsfreudige Bassbereich. So schien Ray Brown eher auf einem vollklingenden Cello, als auf einem Kontrabass das Fundament zu seinem Jazz Trio zu legen. Und bei den brutal tiefen Bässen auf David Sanborns SACD "timeagain" begann der Bassbereich sogar regelrecht zu schwimmen.
Dennoch kam auch mit den 2 x 8 Watt dieser Endstufe nie das Gefühl von zu wenig Leistung auf. Erst bei sehr hohen Schallpegeln war dann das berühmte, sanft limitierende Röhrenclipping zu vernehmen.
Gut platziert ist...
Punkto Aufstellung der nicht gerade kleinen Boxen zeigte es sich, dass man sie am besten relativ weit auseinander platziert und etwas nach innen anwinkelt.
So realisiert man eine weite Stereoperspektive, ohne dass das Klangbild in zwei Teile zerfällt.
Doch hier sollte jeder in seinem Raum etwas experimentieren.
Im Takt mit Gegentakt
"Swingt mit viel Drive" schrieb ein Testhörer begeistert auf sein Bewertungsblatt und fügte weiter an: "Präziser, recht druckvoller Bass".
Dabei beschrieb er seine Gefühle mit der kraftvollen, im Ultralinear-Modus betriebenen Gegentakt-Endstufe des Ti 88 Vollverstärkers. Anders dann seine Empfindungen im Trioden-Modus: "zarte Ansprache, weniger brillant, dafür charmante Höhenzeichnung".
Allgemein stellte die Jury fest, dass der Bass im Trioden-Modus leicht gesoftet war und deutlich weniger Druck lieferte als der Ultralinear-Modus. Es macht also Sinn, für klassische Musik den Trioden-Modus und für jazzig-rockige Sounds den Ultralinear-Betrieb zu wählen.
Wenngleich diese Verstärkerart auch im Trioden-Modus nicht ganz an die klangliche Schönheit einer Single-Ended-Endstufe herankam, so bot sie doch bei impulsiven Klängen einen deutlich höheren Spassfaktor.
Sound of Class-D
Vom Onkyo A-933 Digitalverstärker mit sattem Power versorgt, hatte die Cornwall III zu beweisen, wie sie mit dieser neusten Verstärkerart zurecht kommt. Als Spielpartner zum Verstärker wählten wir den dazu passenden CD-Spieler C-733 aus dem gleichen Hause.
Bereits die ersten Paar Takte Musik brachten es an den Tag: Der Digitalversärker hatte seine Musikinstrumente - damit sind die Cornwalls gemeint - peinlich exakt unter Kontrolle und diktierte ihnen gnadenlos, was sie zu spielen hatten. Der Bass reichte nun glatt eine Oktave tiefer und wirkte trotzdem leichtfüssig und sehr dynamisch. Das Klangbild gewann ganz allgemein an Präsenz und Durchhörbarkeit.
Die Klangkörper näherten sich spürbar dem Hörer. Doch wo waren die wunderschönen Klangfarben der Streicher geblieben? Wo die zauberhafte Atmosphäre? Klinisch sauber, schlackenlos und nüchtern, brachte der Digitalverstärker das klingende Testmaterial und liess damit die Hörer wieder etwas unsanft auf dem Boden der Realität landen.
Fazit
Die Klipsch Cornwall III bewies an den unterschiedlichsten Verstärker-Arten, dass sie kein veraltetes Fossil, sondern eine "Living Legend" ist, die immer noch jugendlich frisch und überzeugend musizieren und manche hochgezüchtete Hitech-Box glatt in den dunkelsten Schatten stellen kann.
Als ideal zeigte sich die Kombination mit einem zwischen Trioden und Ultralinear umschaltbaren Röhrenverstärker mit Gegentakt-Endstufe.