Der DR-100 bietet alles, was Mitbewerber als Profi-Produkt bezeichnen: Anschlussmöglichkeit für Kondensator Mikrofone mit Phantomspeisung, Audioaufzeichnung (WAV Dateien) in 16 und 24 Bit mit Abtastraten von 44,1/48 und mit dem neusten Firmwareupdate nun auch 96 kHz auf SD- respektive. SDHC-Karten bis 32 GB.
Trotzdem wird der Recorder von Tascam, dem wahrscheinlich erfahrensten Entwickler und Hersteller von (Heim-)Studiogeräten, nie als Profigerät bezeichnet. Ich wollte dieser «Bescheidenheit» auf den Grund gehen.
Startklar
Der DR-100 kommt in einer bunten Schachtel daher, ideal fürs Verkaufsregal im grossen Musikgeschäft. In dieser Schachtel finden wir nebst dem Recorder einen Windschutz für die internen Richtmikrofone, eine Infrarot-Fernbedienung, eine Halterung für dieselbe, die dann via beiliegendem Kabel auch als Kabelfernbedienung benützt werden kann. Interessant.

Zusätzlich liegen ein USB-Kabel und eine schwarze Recorder-Schutzhülle in der Eierkarton-ähnlichen Verpackungsschale. Und nicht zu vergessen: Eine 2 GB SD-Karte steckt aufnahmebereit im Gerät. Endlich eine Firma, die bei den Aufzeichnungsmedien nicht knausert. Bravo.
Gedruckte Handbücher sind in fünf Sprachen vorhanden.
Erster Eindruck
Der DR-100 ist klein (80 x 153 x 35 mm) und handlich und bringt mit eingelegtem (mitgeliefertem) LI-Akku nur gerade 324 g auf die Waage. Das beleuchtete LCD-Display misst 45 x 25 mm und enthält alle relevanten Informationen, die (gezwungenermassen) teilweise etwas klein geraten sind.
Die Bedienungselemente erinnern an den kleineren Bruder, den DR-1, doch sind sie nicht gleich angeordnet und wurden in positiver Weise ergänzt. Die praktische Wählscheibe mit der Entertaste in der Mitte kennen wir bereits von anderen Tascam Geräten.

Während wir auf der Oberseite neben einem Schiebeschalter für die Eingangswahl ausschliesslich Drucktaster finden, bietet die Unterseite vier zusätzliche Schiebeschalter.
Da ich persönlich kein Freund von mehrstufigen Menus bin, in denen man sämtliche Einstellungen abspeichern muss, begrüsse ich diese Schalter, die übrigens so versenkt konstruiert sind, dass sie kaum irrtümlicherweise, jedoch immer noch ohne «Werkzeug» bedienbar sind. Gut.
Der DR-100 verfügt über vier eingebaute Mikrofone, zwei klar sichtbare Richtmikrofone, die durch einen Stahlbügel geschützt sind und zwei in die Oberseite versenkte Kugelmikrofone. Mehr dazu später.
Erstes Fragezeichen

Es ist erfreulich, dass der DR-100 mit einem LI-Akkus ausgeliefert wird, doch wo ist das Ladegerät? Normalerweise benütze ich die englische Bedienungsanleitung, da diese erfahrungsgemäss mehr und genauere Informationen enthält. In diesem Fall eben nicht.
Erst im deutschen Benutzerhandbuch fand ich auf der Schnelleinstiegseite, dass der Akku vor dem Erstgebrauch über das mitgelieferte USB Kabel (oder das optional erhältliche Netz/Ladegerät) aufzuladen sei.
Alternativ kann man zwei AA Batterien (oder NiMH-Akkus) einlegen, sofern man sofort loslegen will. Diese Batterien/Akkus dienen auch als Ersatzstromversorgung, falls der interne Akku leer sein sollte. Clever.
Audio Test

Die Audioqualität des DR-100 ist ausgezeichnet. Der Mikrofonvorverstärker für die externen Mikrofone ist auch in der H (=high) Schalterstellung etwas weniger empfindlich als bei Mitbewerbern, doch immer noch gut genug, um mit einem guten Kondensator-Mikrofon rauschfreie, dynamische Aufnahmen zu ermöglichen.
Die eingebauten Richtmikrofone sind erstaunlich gut. Wird der DR-100 auf ein Stativ montiert und mittels beigepackter Fernbedienung aktiviert, ist das Resultat der Aufnahme störungsfrei.
Klanglich können die Mikrofone natürlich nicht mit den teuren, externen mithalten, aber das Resultat ist brauchbar.
Für Musik nicht empfehlenswert sind die Kugelmikrofone. Doch Tascam weist im Manual klar darauf hin, dass sowohl die Aufnahmeautomatik als auch die Kugelmikrofone z.B. für Konferenzen gedacht sind.
Unsere Hörtest-Kette bestand neben der Aavik-Kette aus hochwertigen Ansuz-Lautsprecher-Kabeln und den in der Schweiz ebenfalls brandneuen Vimberg-AMEA-Lautsprechern, ebenfalls aus dem Alesca-Sortiment. Die Vimberg AMEA werden wir dann noch separat hier auf avguide.ch testen.
Die optisch attraktiven AMEA-2-Weg-Lautsprecher passen auch leistungsmässig sehr gut zu den Aavik-Komponenten. Mit 86 dB Wirkungsgrad und einer Nominal-Impedanz von 5 Ohm benötigen diese High-End-Lautsprecher doch etwas mehr Leistung. Der I-180-Verstärker schüttelt ja locker mal 300 Watt an 8 Ohm und sagenhaften 600 Watt an 4 Ohm aus seinen schlanken, schönen Ärmeln.
Wie bei dem Lautsprecher-Testbericht zum Børresen 02 festgestellt, hat die Aavik-Elektronik die Lautsprecher mit einer in samtenen Handschuhen verpackten eisernen Faust im Griff. Der elektronische Bass des Elektro DJs William Orbit kam treibend, präzise und mit dem nötigen Speed. Ebenso spielt das Elektro-Duo HVOB (meine Frühlings-Neuentdeckung) ihren schon fast hypnotischen Sound mit dem nötigen Druck in den unteren Lagen. Dazu hatte die begleitende, melancholische Stimme von Anna Müller genau das richtige Timbre. Anspiel-Tipp: «Attention» - Albumtitel «Trialog» – wirklich cool und dazu gut aufgenommen!
Schnelligkeit ist auch eine der hervorstechendsten Audio-Eigenschaften, der ich immer wieder beim Anhören der Aavik-Komponenten begegnet bin – egal, bei welchem Musikstil. Mein Arbeits-Röhrengerät wirkte im Vergleicht fast leicht verschlafen und gemütlich unterwegs. Überhaupt kam das ganze Musikspektrum wie aus einem Guss – vom Bass bis zu den höchsten Tönen. Ich assoziiere den Aavik-Sound mit dem tiefen, klaren Wasser eines skandinavischen Fjords – ein schönes, passendes Bild, wie ich finde.
Als Auflösungsfanatiker wurde ich super bedient, ohne dass der Sound ins Analytische abdriftete. Auch wurde die Musik nie harsch oder hart und hatte sogar einen Touch Röhrenwärme. Michael Børresen versicherte mir, dass es eben genau die Sinuswellen-Modulation anstelle der üblichen Dreiecks-Modulation ist, die für diesen runden und im positiven Sinn analogen Klang der Aavik-Verstärker verantwortlich ist.
Bei Stimmen oder Streicher-Instrumenten blieben die Aavik-Komponenten aber dann doch auf der neutralen Seite. Eine Röhre bringt eine Stimme oder eine Geige dann doch etwas organischer oder verfärbter, je nach dem individuellen Klangideal. Aber alles ist gut – ich hatte immer sehr viel Spass und konnte mit den dänischen Komponenten stundenlang in die Sound-Gefilde abtauchen und habe mich quer durch meine Qobuz-Playlisten durchgezappt. Die vom I-180 zur Verfügung gestellte Leistung von 300 Watt gab mir das beruhigende Gefühl von allzeit grosszügig verfügbaren Leistungsreserven. Ganz nach den Leistungs-Angaben der Rolls-Royce-Luxusautos: jederzeit mehr als ausreichend. Grosses Kino!
Was die 280er oder die Topserie 580 noch besser kann als der getestet Aavik-180er-Verstärker, erfahren Sie zu einem späteren Zeitpunkt.
Zur eigentlichen Enttäuschung wurde der zuschaltbare Limiter, auf den ich mich besonders gefreut hatte, bedeuten doch digitale Übersteuerungen meist unbrauchbare Aufnahme.
Erstens schaltet sich der Limiter (auf den man nebst «on» oder «off» keinen weiteren Einfluss hat) schon relativ früh ein - ca. bei -4dB - und zweitens arbeitet er eher wie ein Kompressor: Auch bei nicht voll ausgesteuerten Aufnahmen war ein sanftes Pumpen zu hören.
Ich würde also die Aufnahmen eher untersteuern ( -10 dB, Spitzen bei -4 dB) und den Limiter nur als Rettungsring benützen. Ohne Limiter ist jedoch das Risiko von einzelnen Digitalverzerrungen gross.
Weitere Ausstattung

Die Linien Ein- und Ausgänge (-10dB) sowie die Kopfhörerbuchse sind als Stereo-Miniklinke ausgelegt.
Der kleine Kontroll-Lautsprecher (mono) wird klar auch als solcher deklariert. Das ist soweit alles ok und erklärt vielleicht, weshalb Tascam den DR-100 nicht als «professional» positioniert. Ehrlich.
Bedienung

Wie schon erwähnt, ziehe ich sichtbare Schalter den programmierbaren Menus vor. Doch trotz der vielen (guten) Schaltmöglichkeiten sind die Menus des DR-100 weitläufig.
Hier alle Einstellmöglichkeiten aufzuführen, würde den Rahmen dieses Tests sprengen.
Einmal erlickt, ist die Menübedienung mit dem Drehrad, der Entertaste und den Back-, Menu- und Home-Tasten ein Kinderspiel, obschon der Menüaufbau mir nicht immer ganz logisch erscheint: Wieso z.B. können die Input- und die Recording-Settings nicht in einem Menü zusammengefasst sein?
Aber das sind Kleinigkeiten, an die man sich bei intensiverem Gebrauch schnell gewöhnt.
Display

Etwas heikel, wenn man z.B. in einem Theater einen Live Mitschnitt macht und ausser der rot umleuchteten Record-Taste nichts sieht.
Und wenn ich schon am kritisieren bin: Zwar ist der griffige Gummi am Eingangsregler angenehm, doch wäre es schön, wenn ich sehen könnte, wie weit ich die Regler schon aufgedreht habe; doch um die Zahlen sehen zu können, muss ich den Recorder auf die Seite drehen. Schade.
Fazit
Der DR-100 Portable Digital Recorder von Tascam ist bei einem Verkaufspreis von CHF 810.00 absolut empfehlenswert.
Zwar gibt es ein paar Hinweise, dass der DR-100 «nur» ein überarbeiteter und aufgemotzer DR-1 ist, doch wurden wichtige Verbesserungen und Erweiterungen vorgenommen.
Persönlich verzichtete ich lieber auf die beigepackte Fernbedienung zugunsten eines mitgelieferten Netzteils (das momentan separat für CHF 50.00 erhältlich ist), da die interne Stromversorgung (Akku und Batterien) bei Phantomspeisung und intensiver Display-Hintergrundbeleuchtung doch etwas knapp wird (was Tascam ehrlicherweise im Handbuch erwähnt).