Enttäuschende Bildqualität
Um die Kamera auf ihre Tauglichkeit zu prüfen, sind wir nach Rom gefahren. In der Stadt und vor allem am U2-Konzert im Stadio Olympico haben wir 360 Grad gefilmt.
Das Handling der Kamera ist abgesehen vom fehlenden Live-View-Modus sehr gut. Wenige Klicks und die Aufnahme ist gestartet. Zwar ist es für einen Video-Profi ein bisschen ein Blindflug, so zu filmen, aber wie oben schon erwähnt, wird ja sowieso ein Blickwinkel von 360 Grad erfasst, so kann also sowieso kein Einfluss auf das Framing genommen werden. Dank der kompakten Bauform war es auch überhaupt kein Problem, die Kamera an jeden Ort der Stadt oder eben auch ans U2-Konzert mitzubringen.
Die Enttäuschung folgte dann allerdings zuhause am Computer. Die Bildqualität ist leider nur sehr mässig. Der Grund dafür ist naheliegend. Zwar hat die Kamera eine theoretische Auflösung von zweimal 4K, doch werden diese natürlich für die gesamte 360-Grad-Komposition benötigt. So resultiert eine einzelne Ansicht, die weit unter 4K liegt und somit nicht den gesetzten Erwartungen entspricht.
Auch ist auf den Testaufnahmen zu erkennen, dass die Kamera einen Mittelwert von Helligkeit und Kontrast wählt. So sind Teile des Konzerts völlig überbelichtet, während andere Stellen zu dunkel sind. Dieses Problem ist schwierig, in den Griff zu bekommen, da es bei solchen Szenen immer hellere und dunklere Abschnitte geben wird. Umso wichtiger wäre es also, eine manuelle Helligkeitsteuerung zu haben, um den Helligkeitswert so zu setzen, dass das wichtigste Objekt der Komposition sauber ausgeleuchtet ist.
Auch das Stitching des Bildes ist deutlich zu erkennen, hier hätte ich von Nikon deutlich mehr erwartet.
Das Ende der 360-Grad-Videos?
Nachdem von Nikon, einem ersten «grossen» Kamerahersteller, eine 360-Grad-Kamera auf den Markt gekommen ist, fällt das Fazit eher ernüchternd aus. Wer sich die Wende von technischen Spielereien zu semiprofessionellem Equipment erwünscht hatte, wurde enttäuscht. Auch muss die Frage gestellt werden, wieso sich Nikon an eine solche Kamera wagt und sie in einer solchen Qualität auf den Markt bringt. Zwar ist es schön, innovativ und Vorreiter zu sein, ein gewisser Qualitätsstandard wäre von Nikon zu erwarten gewesen. Und so stellt sich die Frage, ob 360-Grad-Videos bereits dem Untergang geweiht sind.
Eine Einschätzung abzugeben, ist sehr schwierig. Auf der einen Seite pushen Facebook und Google die Nutzung von 360-Grad-Videos extrem. So hat Susan Wojcicki, CEO von YouTube, diesen Sommer anlässlich der VidCon verkündet, dass Google «den Zugang zu 360 Grad und Virtual Reality allen zur Verfügung stellen möchte». Die Hürden auf der technischen Seite werden wohl in den nächsten Jahren behoben werden. Allerdings reicht es nicht, jedem mit einem Computer die Möglichkeit zu geben, 360-Grad-Videos zu produzieren.
Die wohl grösste Schwierigkeit liegt nämlich in der immersiven Erzählform. Wie kann in der Videoerzählung sichergestellt werden, dass der Betrachter in die Richtung schaut, in die er auch schauen sollte? Weiter ist Audio auch nicht 360 Grad, sondern nur Stereo, also 2D, aufgezeichnet. Hier stellen sich der Industrie grosse Herausforderungen.