TESTBERICHT
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Praxis und Hörtest

Für den Test erhielt ich vom Schweizer Importeur den von Stax zum SR-007S empfohlenen SRM-700T Röhrenvorverstärker. Nach einem kurzen und kontrollierten Warm-up ist der Röhrenamp bereit. Wie bei fast allen Tube-Amps entwickelt er nach einer Stunde Betriebszeit jene gewisse Prise «Magic», die den unvergleichlichen Röhrenzauber ausmacht.

Als Zuspieler diente ein Roon-Nucleus-Server und je etwa zur Hälfte der Hörzeit ein Bel Canto DAC 2.8 und ein Meitner MA3i. Beide besitzen eine eigene digitale Lautstärkeregelung, sodass der SRM-700T als reiner Line-Verstärker ohne Potentiometer im Signalweg betrieben wurde.

Nun, dass ich seit den Urzeiten meiner Auseinandersetzung mit Audioprodukten ein Faible für mit Röhren angetriebene Elektrostaten habe, will ich ja gar nicht verbergen. In diesem Sinn genoss die Kombination schon mal vorauseilend viel Goodwill von mir. Nach der ersten, mehrstündigen Runde des Hörtests war ich dann aber doch perplex, musste mich auf dem Sofa erst mal zurücklehnen und das Erlebte verdauen.

Diese unvergleichliche Leichtigkeit und Mühelosigkeit der Klangentfaltung der Stax-Kombi machte mich zunächst sprachlos. Die scheinbar anstrengungslose Schallauslösung, die ultrafeine Auflösung, das luftige, atmende Klangbild und die akribische räumliche Darstellung mit ungewohnt klarer Struktur bildeten ein klangliches Gesamtpaket, das völlig anders ist als das, was ich von Kopfhörern und auch dynamischen Lautsprechern gewohnt bin. Bisweilen liess mich die Stax-Kombination an der Authentizität meiner bisherigen Hörerfahrungen zweifeln.

Musikalische Nähe

Man ist unglaublich nahe an den Aufnahmen. In den folgenden Wochen führte der Streifzug durch das eigene Musikarchiv zu vielen packenden und emotionalen Momenten. Nicht wenige Einspielungen wirken deutlich spielfreudiger, als kämen sie direkt aus einer Frischzellenkur. Diese Unmittelbarkeit und die scheinbar exorbitante Nähe zu den Musikern mündet in eine Authentizität, die echtes Hörvergnügen bietet und ungemein Spass macht.

Eva Cassidys mittlerweile legendäres Blues-Alley-Konzert.

Besonders zum Ausdruck kommt diese musikalische Nahbarkeit bei betörend feinsinnigen Frauenstimmen: Bei der leider viel zu früh verstorbenen Eva Cassidy und ihrem Album «Live at Blues Alley» mit ihrer Coverversion des Sting-Klassikers «Fields of Gold» beispielsweise. Aber auch in Sophie Zelmanis Album «Sing and Dance» vertiefte ich mich so intensiv, dass ich mir wünschte, es möge ewig weitergehen. Die Präzision in der feingliedrigen Artikulation und die transportierte Sanftheit in der Intonation waren teilweise atemberaubend.

Die anmutige Klangschönheit des Stax SR-007S in Verbund mit dem Röhrenamp SRM700T liessen sich an vielen Beispielen aufzählen. Die Wiedergabe von Streichern wie dem fulminanten Duo W, «Duo for Violine und Cell OP7» aus dem Album «Entendre» oder der Academy of Ancient Music auf «Birth Of The Symphony: Handel To Haydn» wirkte wie ein Gedicht mit Poesie: Anmutig, dramatisch und einnehmend.

«Stars Fell on Alabama» von Keith Jarrett (ECM 2200).

Das hat mit der faszinierenden Verfärbungsfreiheit und den phänomenal sauberen Transienten zu tun. Diese Eigenschaften verleihen der Klangentfaltung des Stax SR-007S eine extreme Realitätsnähe, als wäre man direkt im Konzertsaal oder bei Studioaufnahmen in der Regie. Da unser Hörsystem keine Verfärbungen, Einschwingvorgänge oder andere Artefakte kompensieren muss, entsteht die Illusion direkter Teilhabe am musikalischen Geschehen. Diese aussergewöhnliche Fähigkeit zeigt sich besonders bei intimen Passagen: Der SR-007S fängt solche Momente mit einer atmosphärischen Dichte und natürlichen Unmittelbarkeit ein, die den Hörer förmlich in die Musik hineinzieht. Bei «Stars Fell on Alabama» von Keith Jarrett (ECM 2200) wähnt man sich bei einem privaten Hauskonzert.

Räumlichkeit und Auflösung

Da Kopfhörer ohne störende Raumreflexionen arbeiten, ermöglichen sie einen direkteren Zugang zur ursprünglichen Aufnahmeakustik. Dies erlaubt authentische Einblicke, insbesondere mit einem derart kohärent aufschlüsselnden Hörer wie dem SR-007S. Studioeffekte wie Hall und Delay lassen sich wunderbar präzise analysieren. Unversehens befindet man sich auf einer studiotechnischen Zeitreise und verfolgt den dezenten Einsatz von Hall in den R&B-Produktionen der 70er oder bis zur opulenten Anwendung in der Gegenwart.

Joshua Redman's «Walking Shadows».

Bei entsprechenden Aufnahmeinformationen erzeugt der SR-007S eine dreidimensionale Klangwelt, in der jedes Instrument präzise lokalisiert wird. Alles wirkt klar separiert und realistisch dimensioniert, ohne die natürlichen Grössenverhältnisse zu verzerren. Der SR-007S agiert wie ein kalibriertes Präzisionsinstrument.

Entsprechend brilliert er bei komplexen Arrangements wie Joshua Redmans «Lush Life» aus «Walking Shadows». Saxofon, Piano und Schlagzeug werden klar strukturiert und räumlich abgegrenzt, mit deutlichen Freiräumen zwischen den Instrumenten. So macht diese nicht ganz einfache Einspielung, die auf vielen Systemen schnell in einen etwas nervenden Klangmatch abgleitet, richtig Freude.

Bass und Dynamik

Schon bei Lautsprechern klingt der Bass von reinen Elektrostaten völlig anders als bei Systemen mit dynamischen Treibern. Bei Kopfhörern – pardon: bei Stax «Ohrlautsprechern» – ist das nicht anders. Es gibt kein aufgedickten Tiefton durch träge Schallwandler. Die unteren Frequenzlagen dominieren auch nicht – so wie bei unzähligen Kopfhörern. Wenn gefordert, bietet der Stax SR-007S aber einen kraftvollen und gleichzeitig verblüffend tiefen, enorm schnellen und präzisen Bass. Jede Bassnote kommt mit stupender Leichtigkeit wie aus dem Nichts und verschwindet auch gleich wieder ohne Überhang.

Boz Scaggs: «Out of These Blues».

Grobdynamisch agiert die Stax-Kombination souverän und kontrolliert, aber keineswegs kraftlos. Eine Kick-Drum entwickelt erstaunlichen Druck und erscheint knochentrocken. Snare-Drums besitzen die gewünschte Durchsetzungskraft und Präsenz. Die Impulsverarbeitung ist exzellent.

Wo andere Hörer, wenn es laut wird, schnell mal zu Härten neigen, bietet er immer noch Detailauflösung an. Diese Fähigkeit, Dynamik mit Transparenz zu verbinden, präsentierte der SR-007S besonders eindrucksvoll bei Boz Scaggs' «On the Beach» aus dem Album «Out of These Blues». Mit welcher Feinzeichnung er den Obertonanteil des Snare-Teppichs bei gleichzeitig hohen Dynamikspitzen darstellte, war schlicht phänomenal.

Klangbalance

Die Klangbalance des SR-007S besitzt – wie schon dem Vorgänger zugesprochen – einen angenehmen, den Grundtonbereich akzentuierenden, sonoren Charakter. Die Stax-Ingenieure wissen offenbar, wie ihre Ohrlautsprecher praxistauglich abgestimmt werden müssen. Ein flacher, linearer Schalldruckverlauf würde bei Kopfhörern als viel zu helle Klangsignatur wahrgenommen. Eine leicht abfallende Charakteristik ist organischer, angenehmer und ermüdungsfreier. Man redet auch von gehörrichtiger Lautstärke-Entzerrung oder Fletcher-Munson-Kurve.

Steve Earle: «The Low Highway».

Ohne jetzt auf Messungen zurückgreifen zu können, scheint er dieser Ausrichtung weitgehend zu folgen.

Der Stax SR-007S bietet einen entschlackten, aber tiefen Bassbereich, organische Mitten und eine unaufdringliche, aber filigrane Höhenwiedergabe.

Insgesamt ist der Charakter äusserst angenehm und wohlwollend. Eher dünn geratene Aufnahmen werden zwar entlarvt, aber nicht gleich ungeniessbar – wie beispielsweise «Low Highway» von Steve Earle zeigt.

Tragekomfort

Die Leichtigkeit der Klangentfaltung korrespondiert mit der physischen Leichtigkeit beim Tragen. Ohne die sonst üblichen schweren Magneten liegt das Gewicht deutlich unter dem Standard konventioneller dynamischer oder magnetostatischer Kopfhörer.

Zusammen mit den weichen Lederpolstern und dem flexiblen Bügelsystem entwickelt sich ein ausserordentlich angenehmes Tragegefühl: druckfrei und ohne Überhitzung, selbst bei ausgedehnten Hörsessions. Das Innenvolumen der Hörmuscheln bietet auch grossen Ohren reichlich Platz. Der SR-007S ist definitiv einer der komfortabelsten Kopfhörer, die mir bisher begegnet sind.

Die elektrostatische Bauweise ohne schwere Magneten macht den SR-007S leicht und komfortabel. Weiche Lederpolster und flexibles Bügelsystem sorgen für druckfreies Tragen.Die elektrostatische Bauweise ohne schwere Magneten macht den SR-007S leicht und komfortabel. Weiche Lederpolster und flexibles Bügelsystem sorgen für druckfreies Tragen.

Fazit

Wer mit den besonderen Klangeigenschaften eines Elektrostaten liebäugelt, sollte den Stax SR-007S unbedingt probehören. Er eröffnet eine Klangwelt, in der Leichtigkeit, Natürlichkeit und Authentizität im Vordergrund stehen.

Die räumliche Abbildung bietet bemerkenswert viel Raum zwischen den Instrumenten. Der SR-007S fühlt sich tatsächlich eher wie ein Lautsprecher am Ohr an als wie ein herkömmlicher Kopfhörer. Zusammen mit dem phänomenalen Auflösungsvermögen ergibt sich ein Präzisionsprodukt für kritische Hörer, die Musik authentisch geniessen wollen. Dabei klingt er alles andere als langweilig. In der Tradition der 7er-Serie folgt die Klangbalance einem soliden Grundtonbereich mit organischen Mitten und sanftem Hochton.

Der Tragekomfort ist überragend. Die magnetfreie elektrostatische Bauweise sorgt für minimales Gewicht und macht den Kopfhörer praktisch unmerklich.

Wer sich wunderbare Stunden mit Musik gönnen möchte und für das Gesamtpaket mit den empfohlenen Verstärkern das nötige Budget aufbringen kann, dem sei der Stax SR-007S wärmstens ans Herz gelegt.

Übersicht zu diesem Artikel
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STECKBRIEF
Modell:
SR-007S
Profil:
Statt revolutionärer Neuerungen setzt der japanische Hersteller auf konsequente Verfeinerung. Das Resultat ist ein elektrostatischer Kopfhörer, der in seiner Klasse weiterhin Massstäbe setzt.
Pro:
Natürliche Wiedergabe
Präzise Impulswiedergabe
Ausgewogene Abstimmung
Überragender Tragekomfort
Contra:
Verlangt qualitativ hochwertige Elektronik
Preis:
2,800.00 CHF
Hersteller:
Jahrgang:
2025
Vertrieb:
Gewicht:
0,43 kg
Farbe:
Silber
Bluetooth:
Nein
Noise Cancelling:
Nein
Wireless:
Nein
Bauprinzip:
Push-Pull-Elektrostatik-Kopfhörer mit offener Bauweise
Impedanz:
145 000 Ohm
Treibereinheit:
Elektrostat