Soundcheck
Im Unterschied zum Test der Orchestra konnte ich auf meine eigenen Playlisten auf Qobuz zugreifen. Damit hatte ich eine ausgezeichnete Vergleichs-Voraussetzung. Ganz allgemein verfügt die Musica über sehr ähnliche Klangeigenschaften wie die Orchestra. Die räumliche Präsenz war sehr ähnlich. Egal, wo man sich im grossen Vorführraum von JB swiss hinstellt, man hat immer die vollständige Musik bei sich. Es gehen kaum tonale Informationen verloren. Sie wurden auch nicht deutlich abgeschwächt. Damit eignet sich die Musica für Wohnbereiche, in denen sich das musikbegleitete Leben nicht nur zwischen den Lautsprechern abspielt, sondern zum Beispiel auch im Essbereich oder in der offen gestalteten Küche. Das schaffen viele Lautsprecher nicht. Sobald man den Sweetspot verlässt, fällt das ganze Erlebnis auseinander.
Gewiss ist eine exakte räumlich Ortung von Instrumenten oder Stimmen ausserhalb des «Wonne-Hörplatzes» nicht mehr gegeben, aber das wäre zu schön, um wahr sein. Wichtig ist, dass es immer noch «live» klingt und sich echt anfühlt. Das passiert mit der JB Musica.
Im Tieftonbereich schlägt sich die JB Musica sehr beeindruckend. Wer sich aktive Basssysteme gewohnt ist, würde Defizite erwarten. Es gab sehr wenige. Unterhalb von gefühlten 40 Hz wurde es etwas undeutlich. Bei Marcus Millers Jean-Pierre-Reminiszenz seines früheren Arbeitgebers Miles Davies tauchte der Akkord bei Sekunde 54 nicht ganz so freimütig in die Tiefe, wie auch schon gehört. Es fehlt bei diesem «Taucher» ein wenig die Luft. Auch bei «Gaia» von James Taylor (Album: «Hourglass») hatte ich einen ähnlichen Eindruck. Der Song ist recht langweilig (meiner Meinung nach), aber nach exakt 4 Minuten und 10 Sekunden kommt ein kurzer Höllentrip, runter in die unterste Oktave. Die JB Musica machte das mit. Die untersten Lagen waren zu hören, aber es wurde ein wenig schwerfällig. Passive Lautsprecher haben eher ein wenig Mühe, solche Extreme zu meistern.
Wenn man die differenzierte Feinauflösung beurteilen will und erfahren will, ob diese Eigenschaft nicht aus dem Kontext fällt (also nur für sich existiert und keine innere Bestimmung mehr hat), der findet, wie ich, mit «Bubbles» von Yosi Horikawa die Antwort. Dort zeigte die Musica ihre Klasse bei jener stecknadel-präzisen räumlichen Darstellungs-Orgie perkussiv überstrahlter Melodiebögen.
Auch bei «Birds» von Dominique Fils-Aimé war das der Fall, dieses völlig natürliche Fingerschnippen und dann die hervorragend fokussierte Stimme mit wunderschönem Timbre, perfekt ergänzt durch das leicht dahinter positionierte Chörchen. Billie Eilish musste dann auch noch auf die Bühne, um ihr zerbrechliches Stimmchen zu zelebrieren, untermalt von diesem abgrundtiefen Bass. Ich war sehr zufrieden damit.
Was noch? Klassik erledigt die Musica mit Links: souverän und wie bei der Orchestra mit beeindruckender Bühnentiefe. Gerade bei schwierigen Opernaufnahmen entfaltete die Musica ein Temperament, das man ihr nicht unbedingt zutrauen würde. Last but not least kam noch der Kracher aus der Gattung Rock mit dem Soundtrack «A Star is Born» und dem Live-Intro «Black Eyes». Ich drehte auf und Bruno Jeker verliess kurz den Raum, in dem er still beigesessen hatte. Er fürchtete um die Basstreiber. Ich auch, aber sie hatten ja welche am Lager, falls denn etwas schiefgegangen wäre. Die Rocknummer von Bradley Cooper klang absolut gigantisch. Nichts lief aus dem Ruder.
Die Musica macht eine ganz grosse Bühne im Wohnzimmer. Der Hörraum bei JB swiss ist übrigens, wie bereits einmal erwähnt, akustisch unbeeinflusst. Eine Art grosses Besprechungszimmer mit hoher Industriedecke. Zwei Sofas und ein paar Zweckmöbel stehen noch darin und zwei kleinere Teppiche. Die negativen Einflüsse dieser Akustik waren gut hörbar, doch das Musikerlebnis blieb dennoch intakt. Die JB Musica erhielt keine Unterstützung seitens Raum und zeigte, wie gut es ohne akustische Schützenhilfe klingen kann.
Fazit und Ausblick
Die Musica von JB swiss klingt wunderbar: sehr musikalisch und echt. Sie vermag daher authentische Live-Erlebnisse zu vermitteln. Mit einem Paar-Preis von ab 6500 CHF kann sie Teil eines Systems mit ca. 10'000 CHF Gesamtpreis werden. Dann hat man etwas ganz Besonderes zuhause. Jetzt braucht man bloss noch den Mut, aus dem Marken-Mainstream auszuscheren und diesen perfekt ausgeführten Kleinoden «Made in Switzerland» eine echte Chance zu geben.
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