Bewusst fotografieren
Wer bislang mit dem Smartphone, mit einer Kompakt- oder einer Spiegelreflexkamera Bilder eingefangen hat, muss sich bei der X1D in mehreren Belangen umgewöhnen, und gleich einige Gänge zurückschalten. Schnell mal ein Foto aus der Hüfte schiessen kann man mit ihr getrost vergessen.
So dauert es nach dem Einschalten mehrere Sekunden, bis die Kamera schussbereit ist. Durch die wenigen Bedienungselemente erfolgt die Handhabung danach jedoch zügig und zielgerichtet. Unterstützt wird sie durch einen 3 Zoll (7,6 cm) grossen TFT-LCD-Monitor, auf dem die Menüpunkte durch Berühren ausgewählt werden. Wischen und per Finger vergrössern und verkleinern wie beim Smartphone ist ebenfalls möglich.
Während der direkte Mitbewerber der Hasselblad X1D-50c, die Fujifilm GFX 50S, über mehrere Knöpfe, Drehregler, Schalter, einen Joystick und ein zusätzliches Display auf der Kameraoberseite verfügt, erscheint das minimalistische Bedienkonzept der X1D dagegen schon beinahe puristisch. Erwähnt man noch den elektronischen Sucher, werden viele Profis wohl die Nase rümpfen. Vor allem, wenn sie es gewohnt sind, für beinahe jede Einstellung einen eigenen Knopf direkt an der Kamera zu finden.
Mit der X1D muss man sich etwas vom gewohnten Mittelformat-Fotografierstil verabschieden. Die kompakte Kamera ist viel beweglicher und erlaubt ganz neue Blickwinkel. Also: Mutig drauflos experimentieren.
Am grossen Einstellrad wählt man den gewünschten Kameramodus. Neben den PSAM-Einstellungen gibt es einen manuellen Schnellmodus, einen Automatik-Modus, den Videomodus und drei Programmspeicher für benutzereigene Settings.
Das Modus-Einstellrad lässt sich ebenso einfach wie zweckmässig sperren: Einmal nach unten drücken, und es verschwindet beinahe bündig mit der Oberfläche ins Kameragehäuse. Nochmals drücken, und das Rad kommt zur Bedienung wieder hervor. Für meine grossen Finger ist das leider etwas zu wenig. Ich konnte es oft nicht sicher fassen und drehen.
Mit dem Touch-Display auf der Rückseite hatte ich hingegen keine Probleme. Der aufgeräumte Bedienungsstil geht auch bei den Menüanzeigen weiter. Die überschaubaren Symbole des Hauptmenüs werden gross und klar dargestellt und sind auch ohne Brille problemlos erkennbar. Kein Vergleich zu den winzigen Menüpunkten anderer Kameras. Was auch positiv auffällt: Kein Menüpunkt geht tiefer als zwei Untermenüs.
Weissabgleich, ISO-Wert, Fokus-Umschaltung, Blende und Verschlusszeit sowie AF/AE-Lock können direkt mit Tasten und Rädchen oder über die Kontrollsymbole am Touch-Display verändert werden. Diese Symbolanzeige lässt sich einfach mittels Wischen über das Display aufrufen und schliessen.
Das Display selbst reagiert schnell auf Berührungen, seine Helligkeit kann angepasst werden und das Livebild vom Sensor wird angenehm zügig übertragen. Seine 920'000 Bildpunkte erlauben eine problemlose Bildkomposition, hinken jedoch genau wie der elektronische Sucher mit seinen 2,35 Megapixel etwas dem Stand der Technik hinterher.
Hier wird die X1D klar von der Fujifilm GFX übertroffen. Diese besitzt nicht nur eine grössere Sucher- und Display-Auflösung, auch das Display in OLED-Technik bringt eine bessere Bilddarstellung. Zudem ist der Fujifilm-Monitor kipp- und schwenkbar. Die Kompaktheit der X1D hat auch gewisse Einschränkungen zur Folge.
Diese machen sich besonders beim Überprüfen der Aufnahmen unterwegs bemerkbar. Das erstellte Foto lässt sich natürlich sofort am Monitor betrachten und auch vergrössert darstellen. Möchten es mehrere Personen anschauen, ist ein schwenkbares OLED-Display dank seinem breiteren Betrachtungswinkel gegenüber einer herkömmlichen, fest eingebauten LED-Anzeige aber vorteilhafter.
Und ein weiterer Punkt spricht für einen besseren Monitor: Der elektronische Sucher der X1D hat zwar eine grössere Auflösung als der Monitor, doch leider lassen sich die Fotos zur Kontrolle nicht über den Sucher anzeigen.
Nun könnte man dazu einen externen Bildschirm über die HDMI-Verbindung anschliessen, doch das zusätzliche Equipment stellt wieder die angestrebte Mobilität in Frage.