Mit der neuen Premium-Kompaktkamera RX0 II von Sony hat man den Jöö-Effekt auf seiner Seite. «Niedlich, winzig, härzig, cool, aber kann es tatsächlich fotografieren?», waren nur einige Kommentare zu dem kleinen schwarzen Würfelchen, das sich problemlos mit einer Hand umfassen lässt.
Mit Abmessungen von gerade einmal 59 x 40,5 x 35 Millimeter (BxHxT) und einem Gewicht von 132 Gramm ist die RX0 II laut Sony die weltweit kleinste und leichteste Premium-Kompaktkamera. Ist dies nun eine Outdoor-Cam, Action-Cam, Dashcam, Spionage- oder normale Kompaktkamera? Sony weiss es selber nicht so recht und ist der Meinung, dass die neuen, zusätzlichen Funktionen die RX0 II zur idealen Kamera für jede Art von Reise machen. Sie sei aber auch als Foto- oder Videokamera für fast jede Aufnahmesituation geeignet.
Die Neuheiten gegenüber dem Vorgänger sind das um bis zu 180 Grad nach oben und bis zu 90 Grad nach unten neigbare LC-Display, das sogar unter Wasser funktioniert, die Bildstabilisierung im Videomodus und die Möglichkeit, 4K/UHD-Video intern aufzuzeichnen. Beim Vorgänger ging dies nur über einen externen Recorder, was die Idee einer winzigen Kamera wieder ad absurdum führte. Neu ist auch das überarbeitete Objektiv der Sony RX0 II mit einem deutlich geringeren Mindestabstand von 20 statt der 50 Zentimeter des Vorgängers.
Ein-Zoll-Sensor und Festbrennweite
Im Inneren der RX0 II befinden sich ein mehrschichtiger Exmor-RS-CMOS-Bildsensor (Typ 1,0 Zoll) mit 15,3 Megapixeln plus BIONZ-X-Bildprozessor. Die Sensorgrösse ist auch ein wichtiger Unterschied zu Actionkameras wie GoPro & Co., die meist nur einen 1/2,3 Zoll grossen Bildwandler besitzen. Die rund viermal grössere Sensorfläche der RX0 II fängt mehr Licht ein. Dieser Vorteil zeigte sich im Test durch eine erstaunlich hohe Bildqualität.
Die höchste Fotoauflösung beträgt 4800 x 3200 Pixel, Videos nimmt die Kamera in 4K/UHD mit 3840 x 2160 Pixel und 24, 25 oder 30 Bildern pro Sekunde auf. Full-HD-Video (1920 x 1080 Pixel) geht mit bis zu 120 Bildern pro Sekunde (120p).
Beim Aufnehmen von Super-Zeitlupen-Filmen ist die kürzeste wählbare Verschlusszeit pro Bild sagenhafte 1/1000 Sekunde. Bei einer Aufnahme mit 24p wird der Film 40-mal langsamer abgespielt.
Etwas gewöhnungsbedürftig ist zu Beginn die eingebaute F4-Weitwinkel-Festbrennweite Zeiss Tessar T* 24 mm. Wer Motive grösser abbilden möchte, ist auf das eigene Turnschuh-Zoom angewiesen. Also zu Fuss näher ran.
Ähnliches gilt für die fixe Blende von f/4. Die Belichtung kann nur über die Verschlusszeit, den ISO-Wert und eine Belichtungskorrektur bei Fotos von +/- 3,0 Lichtwerten (EV) beeinflusst werden. Die Kamera kennt somit bei den kreativen Foto-Modi nur die Programmautomatik und die manuelle Belichtung. Daneben stehen noch die «intelligente Automatik» und die Sony-typische «überlegene Automatik» zur Wahl (wer erfindet eigentlich solche Bezeichnungen?).
Vollgestopft
Was hat Sony alles in dieses winzige Gehäuse reingequetscht? Vorne sitzt das Objektiv, gut geschützt hinter einer robusten Scheibe. Darunter befinden sich die beiden Mikrofone. Auf der Oberseite wurden der Ein/Aus-Schalter und der Auslöser für Fotos und Videoaufnahmen platziert. Eine eigene Videotaste gibt es leider nicht.
Auf der rechten Kameraseite wird der kleine 700-mAh-Akku eingeführt. An der Rückseite links hinter einer Abdeckung befinden sich Micro-HDMI-Buchse, Speicherkartenschacht, Multi/Micro-USB-Buchse und sogar ein 3,5-mm-Mikrofon-Anschluss. Der Kartenschacht nimmt neben Micro-SD-Karten auch Micro-Memory-Sticks auf, falls sich noch jemand an diese erinnert.
Über die USB-Buchse wird auch der Akku geladen. Ein Netzteil und ein Micro-USB-Kabel werden mitgeliefert. Damit kann der Akku auch via USB-Anschluss an einem Computer und per USB-Powerpack aufgeladen werden.
Als ich ein externes Mikrofon anschliessen wollte, zog ich etwas heftig an der gummierten Abdeckung und – oh Schreck – riss sie ganz heraus. Ein Blick in den Sony-Hilfe-Guide gab Entwarnung. Ist so gewollt, die Abdeckung lässt sich ganz entfernen, um den mitgelieferten Speicherkartenschutz anzubringen.
Dieser soll bei angeschlossenen Kabeln Speicherkarten-Zugriffsfehler verhindern. Die winzige Karte könnte sich durch Vibrationen und Kabel-Bewegungen versehentlich lockern. Was mir ohne Kartenschutz auch prompt passiert ist, nachdem ich das Mikro eingesteckt hatte. Die Anzeige «keine Speicherkarte« erschien auf dem Display. Kärtchen kurz überprüft, nochmals sorgfältig hineingedrückt (ein Hoch auf lange Fingernägel ...) und alles war wieder in Ordnung.
Die abgenommene Speicherkarten-/Anschlussabdeckung (aufpassen, ja nicht verlieren) lässt sich übrigens einfach wieder einstecken. Hier hatten die Sony-Ingenieure auch schon bessere Befestigungsideen.
Den meisten Platz auf der Rückseite nimmt der 3,8 cm kleine LC-Monitor ein. Rechts von ihm und darunter befinden sich je drei Bedienungstasten. Der Monitor lässt sich mitsamt seinen Tasten aufklappen, nach unten neigen oder in Selfie-Position vertikal hochstellen.
Auf der Unterseite der Sony RX0 II wurde ein stabiles Norm-Stativgewinde verbaut. Dadurch ist die Kamera, im Gegensatz zu vielen Action-Cams, mit Standard-Zubehör überall anzubringen.
An dieses Stativgewinde passt der mitgelieferte Aufnahmegriff VCT-SGR1, der auch an vielen anderen Sony-Kameras zum Einsatz kommt. Er ist schnell an der RX0 II befestigt und erleichtert die Bedienung, da es an ihm getrennte Tasten für Foto- und Video-Aufnahmen gibt. Sein Fernbedienungskabel wird an der Multi-USB-Buchse der RX0 II eingesteckt. Über die Zoom-Wippe des Griffs liesse sich die Brennweite steuern, macht hier jedoch keinen Sinn, da die RX0 II kein optisches Zoom besitzt.
Als Handgriff für Selfies ist er jedoch eine willkommene Hilfe, und dank des kürzeren Aufnahme-Mindestabstands der RX0 II gegenüber des Vorgängers muss man das Ganze auch nicht mehr so weit von sich entfernt halten.
Durch die ausklappbaren Beine des Griffs hat man zudem ein kleines Tischstativ, auf dem sich die Kamera etwas neigen und arretieren lässt.