TESTBERICHT
Cyrus One Amp im TestCyrus One Amp im Test

Abgesehen vom Produkt und seinen Qualitäten stimmt allein schon die Richtung: Der britische Hersteller Cyrus Audio produziert den Verstärker im Vereinigten Königreich und sichert so Arbeitsplätze in Europa. Dazu gesellt sich die Energieeffizienz des Schaltverstärker-Prinzips (Class-D) und die ressourcenschonende Integration in eine «One Box»-Lösung. Diese Argumente ziehen auch in der Schweiz.

Cyrus verspricht mit dem One eine ganze Menge: Er soll mit seinen 100 Stereo-Watt trotz kleiner Abmessungen in der Lage sein, praktisch alle Lautsprecher anzutreiben – und das bei einem grossen Dynamikumfang, hoher Auflösung und Dreidimensionalität des Klanggeschehens.

Viele Möglichkeiten

Die Fähigkeit, mit vielen Lautsprechern klarzukommen, wird beim One über eine automatische Impedanz-Anpassung vollzogen. Bluetooth aptX sorgt für optimale Klangqualität ab mobilen Quellen, die via Bluetooth verbunden werden, sofern die Quelle ebenfalls aptX unterstützt. Bei Apple ist dies bekannterweise noch nicht der Fall.

Cyrus verspricht, einen sehr hochwertigen Vorverstärker für Kabel-Kopfhörer einzusetzen. Der Vorverstärkerausgang erlaubt z. B. die Anwendung von Bi-Amping über weitere Endstufen oder teil-aktive Lautsprecher, z. B solche mit einem aktiven Bassbereich. Bi-Wiring ist auch kein Problem. Dafür gibt es zwei Lautsprecherausgänge pro Seite.

Zudem wird der Popularität von Plattenspielern Rechnung getragen: Der One verfügt über einen Phono-Eingang für MM-Tonzellen. Mit dem AV-Bypass-Modus wird die Einbindung des One und seiner Lautsprecher in jedes AV-System ermöglicht. Das HiFi-Set-up wird dann per Knopfdruck Teil des Heimkino-Vergnügens.

Die Steuerung des Geräts erfolgt vom Smartphone aus mittels der dazugehörigen App. So benötigt man keine Extra-Fernbedienung und somit keine Batterien. Zudem kann auf diese Weise jedes Familienmitglied mitwirken.

Einfaches Set-Up

Der Phono-Eingang ist gekennzeichnet und mit Erdungsbuchse versehen. Software-Upgrades sind ebenfalls möglich. Die Eingänge 3 bis 5 sind Hochpegel-Eingänge.Der Phono-Eingang ist gekennzeichnet und mit Erdungsbuchse versehen. Software-Upgrades sind ebenfalls möglich. Die Eingänge 3 bis 5 sind Hochpegel-Eingänge.

Die Einrichtung erfolgt denkbar einfach. Wir haben sie im Video am Anfang des Berichts festgehalten: Lautsprecher anschliessen, Netzkabel einstecken und einschalten. Beim linken Lautsprecher macht sich ein kurzes Geräusch bemerkbar: Das Messsignal dient der Impedanz-Einmessung des Verstärkers auf die Lautsprecher. Da beide Lautsprecher identisch sind, werden die Daten für den anderen Kanal übernommen.

Dann (oder schon vorher) gilt es, die App herunterzuladen und eine Bluetooth-Verbindung mit dem Gerät herzustellen – und schon kann man fernbedienen und streamen – in meinem Fall mit Tidal HiFi. Am Gerät finden sich zwei grosse Drehknöpfe, links für die Eingangswahl und rechts für die Lautstärke. Die weissen LEDs zeigen die Positionen optisch an, ihre Helligkeit kann mit der App variiert werden.

Zur Sicherheit ist eine kleine IR-Fernbedienung im Kreditkartenformat beiliegend.

Die Cyrus-One-App ist übersichtlich und den Infrarot-Fernbedienungen überlegen.Die Cyrus-One-App ist übersichtlich und den Infrarot-Fernbedienungen überlegen.

Aufbau und Verarbeitung

Das Doppel-Mono-Layout zeigt, wie die kleinen Schalttransistoren in der Platine eingebettet sind. Grosse Kühlkörper sucht man vergebens. Es gibt trotz 100 Watt Leistung pro Kanal wenig zu kühlen.Das Doppel-Mono-Layout zeigt, wie die kleinen Schalttransistoren in der Platine eingebettet sind. Grosse Kühlkörper sucht man vergebens. Es gibt trotz 100 Watt Leistung pro Kanal wenig zu kühlen.

Die gesamte Elektronik befindet sich auf einer grossen Hauptplatine sowie auf einer kleinen Platine hinter der Frontplatte. Diese kann ausgehängt und nach vorne geklappt werden, was sehr servicefreundlich anmutet. Die Integration ist hoch, deshalb wirkt das Ganze etwas leer. Da gibts keinen Platz für Elektronik-Porn. Auffällige Kühlkörper sucht man vergebens. Die Schaltverstärker arbeiten sehr effizient, so dass es wenig Wärme abzuführen gibt.

Entsprechend leichtgewichtig ist der One: An seinem Gewicht von 5.6 kg dürfte der grosse Ringkerntrafo den grössten Anteil haben.

Wenig Holz unter der Haube, dafür hoch integrierte Elektronik. Am auffälligsten ist der grosse Ringkerntrafo für die Stromversorgung.Wenig Holz unter der Haube, dafür hoch integrierte Elektronik. Am auffälligsten ist der grosse Ringkerntrafo für die Stromversorgung.

Hörtest

Spendor A2: Der tolle kleine Standlautsprecher war einer der Probanden für den Cyrus One.Spendor A2: Der tolle kleine Standlautsprecher war einer der Probanden für den Cyrus One.

Für den Hörtest verwendete ich zwei grundverschiedene Lautsprecher: Der Spendor A2 teilt mit dem Cyrus One sein Herstellungsland. Im Preisvergleich mit dem Verstärker ist er ein logischer Spielpartner. Der zweite Proband, die Genuin FS3 von Blumenhofer, ist eine andere Liga: Der Lautsprecher ist zwölfmal teurer als der Cyrus One und (nicht nur bei mir) wohl auch viel teurere Verstärker gewöhnt.

Ein erstaunliches Musikerlebnis

Um es gleich vorwegzunehmen: Der Cyrus One ist einer dieser wenigen «Vorhang-Kandidaten». Will heissen: Man deckt ihn am besten mit einem Vorhang ab, damit er aus dem Gesichtsfeld des kritischen Hörers verschwindet, um den altbekannten Vorurteilen den Wind aus den Segeln zu nehmen. Er konnte sich an den Genuin FS3 MKII von Blumenhofer so etwas von behaupten, dass mir die Luft wegblieb.

Die Basskontrolle ist sehr überzeugend, auch bei hohen Pegeln und synthetischen Bässen aus Drum-Computern und Synthies. Zudem spielt er agil, dynamisch, feinzeichnend und überaus räumlich präzise abbildend. In erster Line aber ist er einfach schön klingend. Bei Wagners «Sigfried Idyll» schloss ich die Augen in epischer Verzückung, und Lang Lang perlte eine Beethoven-Romanze von den Tasten, dass es nur noch glänzte.

Die Stimmen waren ebenso überzeugend. Zum Beispiel bei Joe Stafford's «Tennessee Waltz» (Mono aus den 1950er-Jahren) ebenso wie bei Louis Armstrong auf Vinyl («Satchmo Plays King Oliver»).

Dann ausschalten und umstecken an die Spendor A2. Wieder einschalten und schon spielten sie, so gut wie sie das können. Der One hatte sie perfekt im Griff.

Fazit

«No Fuss», würden die Briten sagen. Das Plattenspieler-Symbol ist richtig süss.«No Fuss», würden die Briten sagen. Das Plattenspieler-Symbol ist richtig süss.

Schon länger fällt mir auf, dass alles näher zusammenrückt. Wenn die richtigen Entwickler am Werk sind und den Auftrag bekommen, etwas Kostengünstiges zu machen und dabei dasselbe Genom verwenden wie beim teuren Modell, dann entstehen Verstärker wie der Cyrus One.

Sehr guter Klang, audiophil im besten Sinn, ist auch für wenig Geld zu haben. Das Potenzial eines Cyrus One erkennt man erst mit Lautsprechern, die man ausser in einer Testsituation wohl nie mit ihnen kombinieren würde.

Daraus ergibt sich eine Konsequenz, die nicht jeder gerne hört: Die wirklich teuren Geräte müssen besser werden.

Chromecast-Aktion

Der Cyrus One ist in der Schweiz über kurze Zeit mit einem kostenlosen Chromecast-Package zu haben: Es beinhaltet einen Chromecast Media Player, Anschlusskabel für den Cyrus One und ein 3-Monate-Abo für Tidal HiFi. - So lange Vorrat.

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