Wenn Sie heute ihre Musikwünsche einem Sprachassistenten anvertrauen, sind sie darauf angewiesen, dass dieser vom Smart Speaker ihres Verlangens unterstützt wird. Dazu haben Sie vielleicht weitere sprachassistierte Funktionen im Haushalt wie Licht und Klima und so weiter. Zur Verfügung stehen Alexa von Amazon und Google. Apple kocht ihr eigenes Süppchen mit Siri am Herd. Da Alexa und Google auf dem Markt eine ähnliche Verbreitung haben, ist es vermutlich klüger, sich bei der «Hardware» nicht zu konkurrenzieren, sondern in Harmonie einherzuschreiten.
JBL bzw. Harman haben bei den brandneuen WiFi-Speaker Authentics erstmals Alexa und Google im Einsatz, und zwar – überzeugend demonstriert – wirklich simultan. Das nützt nicht nur dem Konsumenten, dessen Musikerlebnis damit ungeahnte Höhen erklimmt, sondern vor allem der Marke JBL. Sie kann sich mit diesem Komplettangebot punkto Sprachassistenz ausgezeichnet von ihrer Konkurrenz differenzieren. Wie lange wird die Alleinstellung dauern? Man wird sehen. Immerhin sind JBL/Harmann die Ersten in der Industrie, die simultane Sprachassistenz anbieten.
JBL hat es geschafft, im Mobile Audio zu den weltweit grössten Anbietern zu gehören. Im Teilmarkt der Party-Lautsprecher spricht man sogar von einem Marktanteil von 80 %. Nun will Harman mit JBL im Bereich Home Audio in Führung gehen. Dazu wurden die neuen Authentics-Modelle geschaffen, drei neue WiFi Smart Speaker. Ist das realistisch? Wir denken: ja. Heute kann ein Unternehmen vom Format Harman/JBL mit dem richtigen Produkt und einer gehörigen Portion Marketing ihre Marktposition sehr schnell verbessern.
Wenn es darum geht, sich auf eine lange Tradition zu beziehen, dann hat JBL einige Trümpfe in der Hand. Die Marke existiert im professionellen Audio und im Consumer Audio insgesamt doch schon 80 Jahre. Da ist gewiss einiges an Erfahrung hängen geblieben. Dazu kommt ein aktuell fortschreitender Design-Trend, den man «Newstalgia» nennt, eine Art Neuauflage der Nostalgiewelle. JBL fokussiert bei Authentics auf die 1970er-Jahre, mit einer Formensprache und einer Materialwahl, die sich subtil an den Aspekten orientiert, die in der Retrospektive wirklich erhaltenswert scheinen.
Die Authentics-Modelle 200, 300 und 500 sind unterschiedlich in Grösse, Preis und Leistungsumfang. Das mittlere Modell Authentics 300 ist dank eines Tragriemens portabel ausgelegt – nicht mobil, aber sehr beweglich in den eigenen Räumen. Das grösste Modell unterstützt Dolby Atmos, alle drei Modelle verfügen über die simultane Sprachsteuerung (Alexa/Google) und sind allesamt sehr solide und wertig gebaut. Erstaunlich ist auch das verblüffende Gewicht der Authentics.
Auch die Präsentation der Authentics-Serie am Medien-Event in Berlin ähnelte einer charmanten kleinen Zeitreise in die 1970er-Jahre. Newstalgia kommt nicht ohne die passende Bühnenpräsenz mit Kulissen aus, das ist klar.
Im Unterschied zu den mobilen Smart-Speakern von JBL, die elektroakustisch wohl dieselben Gene aufweisen, sind die Authentics von JBL WiFi-tauglich. Das ist im Home-Audio-Bereich unabdingbar. Preislich liegen die Authentics dann schon eher im Premium-Bereich. Die Sound-Demo, der ich beiwohnen konnte, überzeugt mich sehr, ganz besonders beim Modell Authentics 500. Sound, Design und Haptik rechtfertigen die Preisstellung und die vorsichtige Interpretation von Nostalgie der 70er-Jahre macht die Authentics durchaus mehrheitsfähig.
Und sonst?
Die weiteren Produktneuheiten standen im Vergleich zu den Authentics ein wenig im Hintergrund. Immerhin gibt es mit dem neuen Soundgear Sense einen sehr interessanten neuen Kopfhörer, der am Ohr anliegt.
Der Soundgear Sense von JBL ist also kein In-Ear-Gerät, sondern quasi ein On-Ear-Hörer mit einer Treibereinheit, die in einer Membran von über 16 mm Durchmesser mündet. Soundgear Sense verfügt über einen sehr hohen Tragekomfort in Verbindung mit einem grossartigen Musikerlebnis. Die Umgebung bekommt man prinzipbedingt immer mit, und telefonieren kann man ausgezeichnet. Kostenpunkt: 150 CHF.
Bei den Kopfhörern wurden die Live Headphones 670 NC (On Ear) und 770 NC (Over Ear) rundum erneuert und verbessert.
Im Bereich der Party Speaker wurde das neue Flaggschiff PartyBox Ultimate präsentiert. Neu WiFi-tauglich, 40 % lauter als alles bisher und mit 1100 Watt Verstärkerleistung ausgestattet wurde die PartyBox Ultimate sogar vom DJ an der anschliessenden Party eingesetzt, so wie ich vermute. Die Sound-Demo war eindrücklich, klar, und auch bei hohen Pegeln unverzerrt. Kostenpunkt: 1600 CHF.
Product Design und Spatial Audio
Christian Schluender erörterte im Kern die Umsetzung der JBL-Heritage in das Produktdesign. Auch Nachhaltigkeit spielt im Produkte-Lebenszyklus eine wichtige Rolle. Fast alle Kunststoffe und Metalle bestehen zu einem erheblichen Anteil aus rezyklierten Rohstoffen.
Künftig geht die Entwicklung bei Harman/JBL in Richtung von Technologieplattformen, ganz ähnlich wie in der Automobilindustrie. Die Technologie-Module können dann in vielen Produkten schnell eingesetzt werden und die Time-to-Market beschleunigt sich. Damit ist gewiss auch «Spatial Audio» gemeint.
Moderiert von Oisin Lunny gaben Sharon Peng von Harman und Javier Foncillas von Dolby Labs zum Abschluss ihre Sicht zur Entwicklung von Spatial Audio preis. Unbestritten hat das Thema eine grosse Bedeutung, doch scheint das Marketing hinter den Begriffen Spatial Audio, Dolby Atmos usw. noch zu dominieren, während der konkrete Nutzen eher vage bleibt. Auch Sharon Peng konnte uns mit ihrer profunden Feststellung eines «breiteren Sweet Spots» nicht wirklich erhellen und Javier Foncillas gab sich zuversichtlich, weil einfach alle (Musiker, Gerätehersteller, Konsumenten etc.) Dolby Atmos lieben würden. Irgendwie fehlte dem finalen Austausch die Pointe.
Die abschliessende Fragerunde mit den anwesenden Journalisten ging auf Aspekte ein wie:
Streamingdienste (Spotify), welche den Gerätemarken ihre User Interfaces in Zukunft nicht mehr so einfach zur Verfügung stellen würden (...). JBL sucht deshalb wie andere auch nach autonomen Lösungen.
Multiroom-Anwendungen, die wirklich konsumententauglich sind – abgesehen von einfachen Anwendungen –, liegen nicht im Brennpunkt von JBL. Man verzichtet darauf, dem Marktführer Sonos, der in diesem Bereich schon einiges mehr zu bieten hat, die Stirn bieten zu wollen.
JBL überzeugte uns in Berlin mehrheitlich. JBL fokussiert klar auf Home Audio und festigt im Mobile Audio seine Stellung. Die grosse Bedeutung der Authentics Speaker war klar erkennbar. Für die Musikhörer und Konsumenten gibt es interessante neue Produkte, die man nun in Betracht ziehen kann.