Notre-Dame de Paris
avguide.ch: Können Sie uns ein wenig über Nagra erzählen?
Matthieu Latour: Stephane Kudelski entwickelte als Student um 1950 ein Band-Aufnahmegerät, ursprünglich für Sprachaufnahmen vorgesehen: das spätere Nagra I. Es war klein, wurde mit einem Federantrieb von Thorens betrieben und arbeitete elektronisch mit Röhren. Er beteiligte sich an einem Wettbewerb in Paris und machte ein Interview mit dem damaligen Glöckner von Notre-Dame im Glockenturm.
Er wurde gefragt, wie er das bewerkstelligt hätte, nachdem man das Band gehört hatte. Er präsentierte sein selbst gebautes Aufnahmegerät. Es war viel kleiner und leichter als die damals üblichen Bandmaschinen. Er gewann den Wettbewerb und Radio France bestellte viele Geräte. Die Kompaktheit und Portabilität war eine Sensation und erweiterte die Möglichkeiten der Reportage-Teams.
Daraufhin gründete er das Unternehmen und verkaufte das Gerät mit Erfolg. Dann kamen das Nagra 2 und 1957 das Nagra 3. Es war transistorisiert, kompakter, rigider und extrem zuverlässig, geeignet für den harten Arbeitsalltag. Es war der Durchbruch. Das Nagra 3 veränderte die Medientechnik völlig. Es wurde für Film eingesetzt, insbesondere in Frankreich (Film noir) und den USA. Im Broadcasting wurden die Nachrichten aktueller, weil man mit den Geräten schneller vor Ort war.
Nagra entwickelte und produzierte immer für diesen Markt professioneller Anwendungen in Verbindung mit mobilen Aufnahme-Situationen. Dazu mit einer enormen Fertigungstiefe ausgehend vom Rohmaterial für alle mechanischen Komponenten. Stephane Kudelski hatte auch nicht die Absicht, die Preise zu demokratisieren, wie es Studer mit der Zweitmarke Revox machte. Man konzentrierte sich auf maximale Qualität und höchste Zuverlässigkeit und Langlebigkeit.