Ich habe einen Vorteil – oder sogar deren drei: Ich war an der High End Swiss 2018 ein zufriedener Aussteller, früher arbeitete ich bei der Messe Schweiz in Basel und verantwortete ein halbes Dutzend Fachmessen, und ich bin ein Optimist. Das sind die mit dem halbvollen Glas.
Als Aussteller an der High End Swiss durfte ich mehr, zuweilen begeisterte, Besucher begrüssen als über das ganze Jahr in meinem Showroom – und das waren nicht wenige. Als Messemacher von früher kenne ich die Meinungsdynamik der Anspruchsgruppen (Besucher und Aussteller) nur zu gut, und als Optimist bin ich ohnehin nicht totzukriegen. Deshalb nerve ich mich ein wenig über die immergleiche, Mantra-gleiche Kritik der «üblichen Verdächtigen». Doch wer sind diese Leute?
Erstens: Die Aussteller, die nicht ausstellten
Unter den Ausstellern fand man alteingesessene Vertriebe – oder Importeure, wie man sie hierzulande nennt. Die, die also nicht ausstellen wollten, kamen als Besucher. Das kenne ich. Ein Nicht-Aussteller, der als Besucher an die Messe kommt, führt nur eines im Schild: Er sucht die Bestätigung für die Richtigkeit seiner Entscheidung. Und er findet sie, indem er die Leute fragt, die ihn darin bestätigen.
Das ist natürlich nicht in jedem Fall so, aber es gibt sie eindeutig, diese ewigen Kritiker ohne Konzept im Kopf. Dabei ist es noch nicht einmal so teuer, an der High End Swiss auszustellen.
Die gute Nachricht: Niemand vermisst euch. Die Besucher haben kein primäres Interesse an den Sortimenten der Vertriebe. Sie interessieren sich für perfekte Musikwiedergabe. Das Angebot ist durch die Absenz dieser «Aussteller» trotzdem nicht kleiner, weil wichtige Produkte bei anderen Ausstellern platziert werden, ohne dass der Importeur selbst präsent sein muss. Vielleicht ist dies eine Art Guerilla-Taktik, aber immerhin im Interesse der Besucher.
Zweitens: Die Besucher, die zuhause bleiben, ohne es zu müssen
Bei diesen Besuchern war früher alles besser. Die audiophile Gegenwart ist ihnen ein Gräuel. Ich kann Nostalgie-Getriebenheit als Absenz-Motiv nachvollziehen, aber wer keine «Zeitung» mehr liest, ist nicht mehr informiert.
Die gute Nachricht: Niemand vermisst euch. Die Aussteller wollen informieren, vorführen, überzeugen und verkaufen.
Drittens: Die ewig Unzufriedenen
Man kann sie auch die ewig Suchenden nennen. Sie können sich nicht entscheiden oder sie suchen die Bestätigung, dass ihre HiFi-Anlage zu Hause ohnehin das Beste ist, dass es gibt. Objektiv fällt ihr Urteil kaum aus. Die Chancen stehen schlecht, weil ihnen die Erwartungshaltung im Weg steht. Immerhin kommen sie an die Messe, und das ist positiv.
Grossteils zufriedene Besucher
Wir machten unsere Beobachtungen an der Messe: Die Besucher wirkten entspannt und interessiert. Es gab viele Paare und eine erstaunliche Zahl wirklich junger Besucher. Ich hatte auch nicht den Eindruck, dass es immer dieselben Besucher wären. Im Gegenteil. Es gäbe allerdings eine einfache Massnahme, um die Zufriedenheit der Besucher zu erheben: Eine professionelle Umfrage vor Ort. Das wird an Messen oft gemacht, meistens durch spezialisierte Dienstleister. Damit bekommt die Veranstalterin ein strukturiertes Bild der Zufriedenheit und kann das Format der Messe gezielt weiterentwickeln.
Der Markt hat sich verändert und so auch die Messe
Die Aussteller der High End Swiss sind heute ein kunterbunter Haufen: Importeure, Händler und Hersteller sowie auch jede vorstellbare Kombination. Die spürbare Entflechtung altgedienter und überholter Absatzstrukturen ist für den Highend-interessierten Konsumenten segensreich – zumindest solange professionell gearbeitet wird. Die Besucher fragen auch nicht mehr nach einem Händler in ihrer Nähe. Sie fragen: «Wo kann ich das kaufen?» oder «Wer kann mir das zuhause vorführen?»
Die Messe hat sich der heterogenen Absatzstruktur des Marktes angepasst. Dafür haben sie Lob verdient. Nun sollte auch die Zufriedenheit der Besucher und Aussteller professionell erhoben werden, damit auch die ewigen Zweifler eine neue Entscheidungsgrundlage bekommen.
Wieder ausstellen oder wieder besuchen? Das ist hier die Frage.