TESTBERICHT
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Klangperspektiven

Im Unterschied zu früheren Tests verwendete ich meinen Thorens TD124 II aus dem Jahr 1966 mit einem Schick-Tonarm mit 12 Zoll Länge zwischen Abtastpunkt und Drehpunkt. Die Tonabnehmer waren ein Ortofon SPU Stereo MC und ein baugleiches Ortofon SPU Mono High Output MC. Letzteres wird am Phono-Vorverstärker als MM betrieben. So konnte ich die Tonabnehmer einfach wechseln und am Chord Huei von MM zu MC umschalten.

Thorens TD 124 II, 1966 mit Schick und Ortofon-SPUs.Thorens TD 124 II, 1966 mit Schick und Ortofon-SPUs.

Wenn man zwei Plattenspieler oder zwei Tonarme mit unterschiedlichen Tonabnehmern betreibt, muss man natürlich jeweils am Chord Huei umstecken. Das ist aber wenig Aufwand, weil alle anderen Einstellungen über die Tipptasten komfortabel vorgenommen werden können. Die meisten Nutzer dürften ohnehin nur einen Plattenspieler/Tomarm/System betreiben.

Herzzerreissende Violine auf dieser Vinyl-Pressung von Philips. Aufnahme von Mercury Living Presence.Herzzerreissende Violine auf dieser Vinyl-Pressung von Philips. Aufnahme von Mercury Living Presence.

Ich habe den Huei von Chord also abwechselnd mit einem SPU-Stereo-Tonabnehmer und mit der baugleichen Mono-Version gehört. Nach dem Wechseln des Tonabnehmers musste ich nur von MC zu MM umschalten, weil die Mono-Version als sogenanntes High-Output-MC-System ausgeführt ist. Das war dann eher ein Praxistest.

Die Klangeigenschaften des Huei sind ganz ausgezeichnet: Es klingt sehr neutral und fügt keine Eigenschaften hinzu. Die Transparenz im Hochtonbereich ist fantastisch und im Bass spielt es druckvoll und ausgeglichen. Mit dem Linearnetzteil von Sbooster bekommt man für vernünftiges Geld noch eine gute Prise dazu. Ich würde darauf – oder auf ein gleichwertiges Linearnetzteil – nicht verzichten.

Hervorstechend war meine Erfahrung mit Henryk Szeryings Violine auf der Philips-Pressung von Mendelssohn/Schumann, eine Mercury-Aufnahme unter Leitung von Antal Dorati, die nach der Übernahme von Mercury (Living Presence) durch Philips zu Beginn der 1960er-Jahre neu aufgelegt wurde – und zwar in einer etwas milderen Fassung mit weniger Ecken und Kanten. Seine Geige kam mit Sehnsucht und Schmelz und ohne Röhren als Stütze.

Die Musikalität des Huei ist grandios. Hans Theessinks «Slow Train» kam dann mit dieser natürlichen und unverfälschten Wucht im Bass und präsentierte sich im Raum mit sehr viel Atmosphäre, einer der grossen Stärken der Aufnahme. Mit Mono bespielt konnte ich mich auf die zwei Dimensionen, die Mono zulässt, also Tiefe und Grösse der Akteure auf der Bühne, konzentrieren. Ich war ziemlich hin und weg. Gerade in dieser Disziplin gibt es bei den Analog-Freaks fast so viele Präferenzen wie Personen.

Den Chord Huei etwas herablassend als «Allrounder» zu bezeichnen, würde ich nicht unterstützen. Der Begriff steht ja quasi Pate für den unausweichlichen Kompromiss. Der Chord Huei kann hingegen nichts dafür, dass er bei jeder Aufnahme, die ich mir anhörte, wirklich grossartig aufspielte – oder präziser, seinen wichtigen Beitrag zu einem grossartigen Musikerlebnis leistete.

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