«Ich beschreibe mich als experimentierender Entwickler, der die akustischen und emotionalen Eindrücke verarbeitet und Erklärungen sucht. Ich muss die technische Ursache dafür kennen, vorher setze ich es nicht um.» So umschreibt John Stronczer, Inhaber und technischer Mastermind von Bel Canto seine empirische Herangehensweise in der Entwicklung von Audioprodukten. Sie umschreibt unprätentiös seinen ideologiefreien Ansatz, der mit Neugier und technischem Fundus klanglichen Limiten immer wieder etwas höher zusetzt.
Seine Lehrjahre verbrachte John Stronczer bei John Hiraga in Paris – ein Name, der einigen fast wehmütige Erinnerung an ausserordentlich wohlklingende Verstärker wie «Le Monstre» in den 80er-Jahren hervorruft.
Lange galt seine Liebe den glimmenden Röhren. Eine 6B-Triode ist für Stronczer noch heute der audiophile Gral, auch wenn er seit einiger Zeit den praktikablen Weg der Transistoren geht, orientiert er sich gerne an deren Ideal.
1991 gründet er in Minneapolis, im Staate Minnesota, Bel Canto Design. Noch heute ist er alleiniger Inhaber und arbeitet in einem kleinen Team mit langjährigen Mitarbeitern. Die Unabhängigkeit ermöglicht es ihm, auch unkonventionelle Wege zu gehen, wie etwa beim Vollverstärker der E1X-Serie, bei dem er sich getraut, das Phono-Eingangssignal für die Lautstärkeregelung über einen AD-Wandler zu digitalisieren. Dies ganz einfach, weil die Rauschabstände und das klangliche Resultat besser waren.
Kompakte Modellreihe
Der DAC 2.8 im Test gehört zu Bel Cantos kompakter e.One-Modellreihe im 23-cm-Design. Persönlich gefällt mir dieser Formfaktor ausgezeichnet. Die heutigen Audioprodukte sind hochintegriert, sodass voluminöse Gehäuse oft eher den Gewohnheiten und dem Renommee dienen als der technischen Notwendigkeit. Die e.One-Reihe umfasste auch eine Endstufe sowie Quellgeräte für Streaming, Phono und CD, sodass sich mit der Gehäuseform eine komplette Elektronik-Kette zusammenstellen lässt.
Auf hektische Modellwechsel verzichtet man. Evolution statt Revolution ist die Devise. Der Vorgänger des DAC 2.8, der DAC 2.7, erschien 2016. Seither suchte und fand man man gemäss John Stronczer bei der Arbeit an den grösseren Baureihen unzählige Verfeinerungen und Optimierungen, die jetzt in den DAC 2.8 einflossen.
Ein Grossteil der technologischen Basis des DAC 2.8 stammt im Kern von der aufwendigeren Black/E1x-Serie. Die von Bel Canto entwickelte Digitalplattform «HDR Core» gehört genauso dazu wie der asynchrone Reclocker.
Schaltzentrale und Vorstufe
Funktional ist der Bel Canto DAC 2.8 eine digitale Schaltzentrale mit Wandler und Lautstärkeregelung. Neben den fünf Digitaleingängen von AES/EBU bis USB verfügt er – lobenswert – zusätzlich über einen analogen Eingang. Damit gehört der Bel Canto DAC 2.8 zu den ganz wenigen Wandlern mit digitaler Lautstärkeregelung, die zusätzlich einen analogen Eingang anbieten.
Selbst bei der hochpreisigen digitalen Prominenz von Weiss und Meitner findet man keinen analogen Eingang, was für viele Nutzer nicht praxisgerecht ist. Hört man gern zwischendurch seine Vinyl-Schallplatten, nennt noch eine Bandmaschine oder andere analoge Quellen sein Eigen, möchte man diese – auch bei primärer Ausrichtung auf Streaming und digitale Zulieferer – nicht verzichten.
Das analoge Signal wird über einen Analog-Digital-Wandler digitalisiert und der Lautstärkeregelung zugeführt. Korrekt ausgelegt, hat eine digitale Lautstärkeregelung Vorteile. Sie ist deutlich rauschärmer, hat die grössere Kanaltrennung und den stabileren Gleichlauf als sein analoges Pendant.
Hinzu kommt die wegfallende Alterung. Wer sich schon mal mit Schäden am Potentiometer seines Vintage-High-End-Geräts herumschlug, weiss, was ich meine. Die Implementierung einer hochwertigen digitalen Lautstärkeregelung verlangt aber viel Know-how auf der digitale Ebene, weshalb viele Hersteller davor zurückschrecken und deshalb bei ihrem DAC mit Vorstufe den einfacheren, konventionellen und somit analogen Weg gehen.
Die Ausgänge sind in doppelter Ausführung vorhanden, symmetrisch über XLR-Buchsen und asymmetrisch mit Cinch. Wer einen Vorverstärker einsetzt, kann die Lautstärkeregelung übergehen. Ein dedizierter Kopfhörer-Verstärker mit 6,3-mm-Klinkenanschluss an der Front komplettiert das Anschlussfeld. Gewünscht hätte ich mir zusätzliche einen der immer gebräuchlicheren symmetrischen Pentaconn-Buchsen für Kopfhörer mit symmetrischen Kabeln.
Solide verarbeitet
Für US-Hersteller immer wieder typisch ist der solide und robuste Aufbau. Dazu gehört die stabile Zarge aus perforiertem Stahlblech, welche von einer dickwandigen Aluminium-Frontplatte nach vorn abgeschlossen wird. Die mächtigen Kunststofffüsse wirken fast etwas antiquiert, dürften aber ihren Zweck erfüllen und den DAC gut entkoppeln.
Ein echtes Highlight ist das Display mit der weiss leuchtenden 7-Segment-Anzeige. Mit ihrer Grösse und Leuchtstärke ist sie von Weitem perfekt sichtbar, was wohl auch etwas den US-amerikanischen Wohnmassen geschuldet ist. Egal, ich finde die 7-Segment-Anzeige einfach ungemein schick und praktisch. Sie verstreut einerseits Retro-Feeling aus den 60er-Jahren und andererseits erkennt man dank der hohen Lesbarkeit ohne zweites Hinschauen sofort Quelle und Lautstärke. Wieso Audio-Geräte ein zwar hochauflösendes, aber schlecht lesbares, weil oft zu kleines OLED-Display benötigen, war mir noch nie klar.
In der Nacht lässt sich das Display dimmen oder ganz ausblenden. Bei Start schaltet der DAC 2.8 automatisch auf den AES-Digitaleingang und stellt die Ausgänge stumm. Lieber wäre mir gewesen, er würde sich die zuletzt gewählte Quelle merken.
Ein Endlos-Drehregler kümmert sich fein abgestuft um die Einstellung der Lautstärke am Gerät. Im durch Druck ausgelösten Alternativ-Modus wählt er die Audioquelle. Die Fernbedienung aus Plastik gewinnt keinen Design-Preis, ist aber wie so vieles beim Bel Canto DAC 2.8 einfach, logisch und zweckdienlich ausgeführt. Wer nur den DAC von Bel Canto besitzt, wird die Mehrzahl der Tastenbelegung allerdings nicht benötigen.
Im Manual empfiehlt Bel Canto den DAC 2.8 konstant am Strom zu lassen. Eine in der angelsächsischen Audiowelt verbreitete Unsitte, die aktuell aus der Zeit fällt. Ein Netzschalter ist zwar vorhanden, nur hätte ich ihn gerne einfach zugänglich auf der Front gesehen und nicht als kleiner Wippschalter auf der Rückseite.