Tony Bennett, 17-facher Grammy-Gewinner, ist mit seinen 50 Millionen verkauften Tonträgern nicht nur in Jazz-Kreisen bekannt. Dass Lady Gaga ihre musikalischen Wurzeln jedoch im Jazz haben soll, ist weniger bekannt. So hat Tony Bennett die damals 13 jährige Stefani Joanne Angelina Germanotta an einem Charity-Event Jazz-Standards singen hören und ihr wahres Talent erkannt.
In einem Interview mit Katja Schwammers von der Berliner Zeitungs sagte Lady Gaga jüngst, dass sie sieben Jahre Jazz sang, bevor sie anfing, Pop-Musik zu machen. Heute hat sie eine ganz besondere Beziehung zu ihrem Förderer Bennett. Die beiden sollen sich sehr gut verstehen, sind beste Freunde geworden und haben zahlreiche gemeinsame Auftritte gegeben. Gaga bezeichnet den inzwischen 88 jährigen Bennet hochachtungsvoll als echten Gentleman. Zudem sind beide New Yorker mit italienischen Wurzeln. Ganz klar dass Mann/Frau auf die Idee kommt, ein gemeinsames Album aufzunehmen. Und das nicht zum ersten Mal, denn dieses Duo hat bereits vor ein paar Jahren "This Lady is a Tramp" veröffentlicht.
So war ich denn mehr als gespannt, was der nicht mehr ganz junge Bennett und Lady Gaga auf ihrem neusten Album Cheek to Cheek in der Deluxe Version mit insgesamt 18 Jazz Standards, komponiert von George Gershwin, Cole Porter, Jerome Kern und Irving Berlin, zum besten geben würden. Das Ganze geschieht vor der Kulisse eines riesigen Aufwandes an Begleitmusikern, einem klassischen Sinfonieorchester und einer ebenso klassischen Big-Band.
Eines sei gleich vorweg genommen: Tony Bennet kann trotz seines beachtlich hohen Alters immer noch singen. Er zeigt lediglich bei einem einzigen Track - den man besser hätte weg lassen sollen -, dass er doch ab und zu Mühe hat, seine Stimmbänder unter Kontrolle zu halten und die richtigen Töne zu treffen. Und dass Stefanie Joanne Gaga eine echt gute, aber noch lange keine Top-Jazz-Sängerin ist, hört man gleich von den ersten paar Takten weg heraus.
Während die ersten beiden Tracks ganz gehörig fetzen und swingen, präsentiert sich der dritte mit der Begleitung des Sinfonieorchesters samt herzerweichend süss schluchzenden Violinen eher als mässig gute Salon-Musik, denn als Jazz. Der Salon-Musik-Auftritt wiederholt sich denn leider auch diverse Male.
Auch für gestandene Jazz-Swing-Fans ist die Musik doch über weite Strecken eine durchaus erfreuliche Sache, wenngleich der zündende Funke kaum jemals überspringt und der kalte Schauer nie den Rücken herunterrieselt. Eine überwältigende Jazz-Darbietung ist das somit ganz gewiss nicht, denn diese Jazz-Klassiker kennt man ja bereits von Jazz-Sängerinnen der Superklasse zur Genüge. Etwas tröstend sind die paar wenigen, von den beiden Superstars geduldeten, Instrumental-Solisten. Ansonsten ist das ganze eine typische Zwei-Mann-Frau-Show....
Und so kommt man zum Urteil, dass das Album musikalisch gesehen/gehört wohl guter Durchschnitt ist - mehr aber auch nicht.
Kommen wir zum Klang. Auch dieser ist ebenfalls nur durchschnittlich gut gelungen. Von einer audiophilen Trouvaille kann schon gar nicht die Rede sein. Der Sound kommt wohl angenehm warm und voll, aber deutlich limitiert und poliert daher. Das ganze ist zwar saubere Mischpult-Arbeit, doch fiel die räumliche Abbildung des Klangkörpers wie auch die Dynamik sehr bescheiden aus. Es fehlt ganz klar an Spritzigkeit.
Fazit: Für mich besteht die einzige Überraschung bei diesem Album darin, dass Stefani Joanne Angelina Germanotta eine wirklich gute Jazz-Sängerin ist, die noch Potential zur Steigerung hat. Das Album Cheek to Cheek möchte ich über alles gesehen und gehört als höchst durchschnittliche Produktion in Sachen Musik und Klang einstufen.