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Publikationsdatum
6. April 2022
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Es war immer so praktisch mit dem WAF. Er diente uns als patente Ausrede, wenn wir beim HiFi-Händler etwas nicht kaufen wollten/konnten. Seufzend ergaben wir uns dem Schicksal der weiblichen Inakzeptanz und lamentierten über den WAF. Zum Glück aber gab es immer High-End-HiFi-Produkte, die vom WAF nicht betroffen waren: Zum Beispiel sauteure Kabel, die von unserer Partnerin kaum zur Kenntnis genommen wurden. Ihre Unauffälligkeit (die der Kabel) ist vielleicht ein Grund mehr, warum sich Hifi-Männer so intensiv damit auseinandersetzen.

Für alle, die noch nie vom WAF gehört haben: Der Women Acceptance Factor oder Wife Acceptance Factor bezeichnet eine imaginäre Akzeptanz von HiFi-Geräten bei Frauen, die mit HiFi-Männern liiert oder verheiratet sind. Geräte mit einem hohen WAF waren und sind in der Regel «schön und klein» und haben daher grössere Chancen bei den Frauen, als Geräte – vor allem Lautsprecher – bei denen die Form der Funktion oder den Eigenschaften untergeordnet ist. Der WAF hatte allerdings nie eine wissenschaftliche Basis vorzuweisen. Er war und ist Fiktion.

Der WAF hatte aber immer eine sozialisierende Wirkung. Wir HiFi-Männer konnten uns kichernd über den WAF und insgeheim über unsere Frauen amüsieren. Beim WAF waren wir uns immer einig. Viel «einiger» als beim Klang oder beim Preis. Der WAF half uns, uns wie richtige HiFi-Männer zu fühlen: energisch, schlau, empfindsam, vernachlässigt und unverstanden – und stets im Gespräch über den WAF.

Aber damit ist jetzt Schluss. Sie sind uns auf die Schliche gekommen. Sie haben gemerkt, dass das Kabel so viel kostete wie der Pauschalurlaub in der Karibik für die ganze Familie. Sie sind dahintergekommen, dass die formschönen neuen Lautsprecher – die mit dem hohen WAF – sich wie von Geisterhand im Wochentakt immer ein bisschen weiter von der Raumecke weg in den Wohnraum hineinbewegen. Sie haben nüchtern konkludiert, dass es Heinzelmännchen nur im Fernsehen gibt. Und sie verstehen auch nicht mehr so viel Spass wie früher: Wer für unbestimmte Zeit ins Gästezimmer umziehen will, der versuche sich an einem Herrenwitz.

Der WAF war immer ein Herrenwitz, ein imaginärer Aktzeptanzfaktor ohne Bewertungsgrundlage. Der WAF war einerseits immer eine Selbstdeklaration des mangelhaften Stilbewusstseins von HiFi-Männern und schloss andererseits die Wahrscheinlichkeit aus, dass auch Frauen einen schlechten Geschmack haben können.

Ob man den WAF mag oder nicht oder überhaupt jemals zur Kenntnis genommen hat, ist egal. Vermutlich ist es um den WAF bald geschehen. Die fortschreitende, im Grundsatz richtige, aber nicht immer übersichtliche Gender-Gleichstellung verbietet eine so profane Trivialisierung wie den WAF. Stattdessen möchten wir die folgenden «Akzeptanzen» beliebt machen:

MAF = Male Acceptance Factor
WAF = Women Acceptance Factor
TMAF = Trans Male Acceptance Factor
TWAF = Trans Woman Acceptance Factor
GQAF = Gender Queer Acceptance Factor
DIAF = Different Identy Acceptance Factor