Die alljährlich beliebten Bildersammlungen aller Fachmedien zeigen grosso modo immer dasselbe Bild dessen, was wir unter High-End-Audio verstehen: den puren Luxus. Mit Ausnahmen, die eine Regel bestätigen: Vielen Herstellern, ob gross, klein, bekannt oder unbekannt, geht es vor allem ums Anfassen, Anschauen und Bestaunen – und dann ums verkaufen, denn der Kunde wird für so blöd verkauft, wie er ist.
Man kann zwar viele, aber nicht alle für blöd verkaufen. Das wusste dem Vernehmen nach schon Abraham Lincoln. Für blöd verkaufte man uns schon vor Jahren mit dem Begriff "High End". Man setzte dem in die Jahre gekommenen Wort HiFi (High Fidelity = Hohe Klangtreue) noch einen drauf und liess das Wichtigste weg: die Klangtreue. Pioniere wie Dieter Burmester oder Goldmund stellten schon vor 30 Jahren den Luxusgedanken in den Vordergrund. Luxus verkauft sich immer – vor allem, wenn es gut klingt, aber leider auch dann, wenn es das nicht tut.
Zudem sucht man sich gezielt die Luxusmärkte aus – heute vor allem Asien, nach einem kurzen Abstecher nach Russland. Letzteres gibt gerade nicht mehr viel her. Aber China usw. sind immer noch Millionärsmaschinerien. Dort werden Villen gebaut und eingerichtet. Dort geht es um Status und Symbole, meint man.
Das ändert sich aber schneller, als man denkt, denn alle Menschen, die dort leben, sind ja nicht blöd. Nur mit Glanz und Gloria wird man die Kunden auf Dauer auch in Asien nicht begeistern. Ihre Lernkurve ist vermutlich steiler, als es unsere war. Ist die Freude am Edelholz-Massiv-Lautsprecher mit Geigenlackierung einmal der ersten Euphorie gewichen, hat man die tonale Entfremdung der eigentlichen Geige einmal erkannt, dann kauft man sich so etwas nicht mehr – und schon gar nicht beim gleichen Hersteller.
Das sollten sich viele dieser High-End-Hasardeure in München hinter die Ohren schreiben. Es gibt in Asien zwar Leute, die Château Petrus mit Cola mischen, es gibt aber auch solche, die ihn geniessen. Es gibt auch in den neuen Märkten Konzertgänger, die wissen, wie ein Symphonieorchester im Konzertsaal klingt. Es gibt auch Reiche mit Geschmack, nicht nur in Old Europe. Das einfachste Rezept ist immer, ein wirklich gutes (gut klingendes) System oder Produkt herzustellen, auch wenn es viele Kunden nicht begreifen. Man ist so immer auf der sicheren Seite und schläft mit gutem Gewissen.
Aber auch auf dem von Sorgen geplagten Alten Kontinent Europa gibt es Musikkunden – trotz Zukunftsängsten, Einwanderung, struktureller Arbeitslosigkeit und unsicheren Altersguthaben. Ich empfehle ihnen aber nicht, die High End München zu besuchen. Sie könnten irreparable Schäden ihrer Hörgewohnheiten erleiden oder erschöpft zusammenbrechen, nach Kilometern der Suche nach Dingen, die wie echte Musik klingen.
Gibt es Hoffnung? Aber ja. Waren Sie schon einmal auf einem der Stehplätze im Musikvereinssaal Wien? Für ein paar Euro? Klingt fast so gut wie in der Loge. Schliessen Sie einfach die Augen und vertrauen Sie Ihren Ohren, dann wissen Sie Bescheid. Aber besser nicht in München. Da steht zu viel Luxus rum.
Bilder sind Symbolbilder ohne Wertung.