Wenn mich Musik im Radio die Ohren spitzen lässt, will ich mehr darüber erfahren. Dies war auch diesmal der Grund, der zur Besprechung des «Gelben Raumschiffs» führte.
Die Musik von Jacob Gurevitsch lässt sich nicht wirklich schubladisieren. Ist es nun spanisch angehauchte World-Gitarre oder Flamenco-orientierte und Jazz-inspirierte «Smooth Music»? Oder gar einfach stimmungsvolle, internationale Musik mit Schwerpunkt «akustische Gitarre»? Irgendwie stimmt alles ein wenig, aber nichts wirklich. Verzichten wir also auf einen Etikettierungsversuch und lassen die Musik für sich sprechen.
Jacob Gurevitsch
Über Jacob Gurevitsch kann man nicht eben viel erfahren. Er wurde in Havnbjerg, in Dänemark geboren. Sein momentaner Lebensmittelpunkt ist Kopenhagen, doch hat er auch eine Bleibe in Palma de Mallorca.
Er macht seit vielen Jahren Musik, seine eigene Musik macht er auf der akustischen (spanischen) Gitarre seit rund 15 Jahren. Mit 12 begann er, Gitarre zu spielen, entdeckte seine Liebe zur spanischen Art durch die dänische Band «Savage Rose». Immer wieder betont er (in diversen Interviews), dass er nicht Flamenco spiele (obgleich seine bevorzugten Tonarten in Moll die Flamenco-Tradition – meist A-Moll – widerspiegeln).
Sein Gitarrenspiel wurde durch seine Reisen und längeren Aufenthalte in Buenos Aires und Rio de Janeiro beeinflusst.
Die meisten Stücke auf «Yellow Spaceship» entstanden auf Mallorca, die Aufnahmen jedoch in Kopenhagen. Jedes Stück hat einen persönlichen Hintergrund oder ist einer Person gewidmet, die Jacobs Leben in den letzten Jahren beeinflusst hat.
«Yellow Spaceship»
Die ersten zwei Stücke entstanden kurz nach dem Tod eines nahen Freundes: Bei der Beerdigung hörte Jacob die poetische Geschichte vom «Gelben Raumschiff», das seinen Freund auf der Erde abgeholt habe, mit dem er nun unterwegs sei, mit dem Auftrag, anderorts Gutes zu tun. Der dänische Maler John Kørner, ein gemeinsamer Freund der beiden, hat das Coverbild gemalt und Jacob zum Titelstück inspiriert.
Die enorme Traurigkeit wird im zweiten Stück «Melancolía», welches von der auf Mallorca beheimateten Flamenco-Sängerin Goncha Buika interpretiert wird, überzeugend zelebriert; schon Buikas Stimme allein lässt aufhorchen … bewegend.
Der vibrierend lebendigen Altstadt von Stockholm «Gamla Stan» ist die dritte Komposition gewidmet (Jacob hat schwedische Wurzeln), wiederum mit einem traurigen Unterton.
Höchstwahrscheinlich ist mit «La Ville» Paris gemeint, wo Jacob ebenfalls ein paar Jahre verbracht hatte. Das Lied soll die Musette-Stimmung im ¾-Takt aufleben lassen. Die französisch-dänische Sängerin Alice Carreri singt dieses Liedchen für meinen Geschmack etwas zu unbedarft.
«Song for Sol» ist dann wiederum ergreifend schön, es ist dem 10. Geburtstag von Jacobs Patentochter gewidmet. Das elegante Trompetensolo von Lars Vissing rundet diese Komposition ab.
An die erste Komposition anknüpfend, lässt «A Walk to Remember» Naturbilder im Kopf entstehen. Für mich war es ein Spaziergang durch den Winterwald.
«Breathe» ist wohl das einzige Stück, das mich auch nach mehrmaligem Anhören überhaupt nicht überzeugen kann. Die Stimme von Jacobs Freund Mark Linn dürfte Geschmacksache sein.
Wo «La Maison Verte» steht, konnte ich nicht ausfindig machen, doch die schlichte, aber dynamische Trio-Aufnahme mit nicht genannten Begleitmusikern an Bass und Schlagzeug passt.
«Finus», das letzte Stück, wieder mit Streichern untermalt, ist Jacobs Grossvater gewidmet, von dem er immer vorbehaltlos unterstützt wurde.
Fazit
«Yellow Spaceship» ist ein schönes, aber (beinahe) durchwegs trauriges Album. Zwar bieten die Gesangseinlagen von Alice Carreri und Mark Linn eine gewisse Abwechslung, doch passt das Stück «La Ville» irgendwie nicht ins Gesamtkonzept und «Breathe» hätte man meiner Ansicht nach weglassen können.
Je mehr ich mir das Album anhöre, desto weniger weiss ich, ob es doch möglicherweise in die New-Age-Schublade gehört – doch eigentlich doch nicht, denn die musikalische Qualität, die Persönlichkeit und die Virtuosität von Jacob Gurevitsch sind dann doch zu überzeugend. Reinhören lohnt sich alleweil.
Und falls Sie mehr erfahren möchten: Auf Youtube gibt es (neben vielen Musikvideos) ein etwas unbeholfenes, jedoch charmantes, 15-minütiges Video, in dem er (in Englisch) Fragen zu «Yellow Spaceship» beantwortet und anschliessend das ganze Album abspielt.