Norwegische Klangpracht
Test Vollverstärker Electrocompaniet ECI 80D

Der norwegische Traditionshersteller Electrocompaniet lanciert den ECI 80D als «Entry Level Amp». Gemeint ist wohl die Kategorie «High-End für Einsteiger». Ein Blick auf den Preis von CHF 2690.- offenbart, dass der Vollverstärker deutlich mehr kostet als Oberklasse-Modelle asiatischer Provenienz. Tatsächlich wird der ECI 80 in Norwegen gefertigt, was den unumgänglich höheren Preis erklärt. Dennoch muss sich der Kleine aus dem hohen Norden klanglich gegenüber der «Massenware» aus Fernost behaupten, will er eine Berechtigung auf dem Markt haben. Und genau das tut er mit Bravour.

Zwar hat Electrocompaniet mit dem ECI 6 MK2 bereits ein «heisses Eisen» im Verstärkersortiment. Mit integriertem DAC/Streamer kostet dieser jedoch fast 7000 Franken. Damit ist er unerschwinglich für viele Musikliebhaber. Der deutlich günstigere ECI 80D verfügt zwar nicht über einen dedizierten Streamer. Dennoch kann man Musik kabellos ab Handy in guter Qualität via Bluetooth AptX HD wiedergeben. Überhaupt gehört Wireless zu den Stärken des Norwegers. Denn Kopfhörer lassen sich genauso via Bluetooth anbinden. Damit kommt er einem Bedürfnis vieler Anwender entgegen, die gerne Musik ganz privat hören, jedoch nicht durch Kabel eingeschränkt sein möchten.
Auch hierbei ist die mögliche Klangqualität mehr als ordentlich, sofern der Kopfhörer ebenfalls AptX unterstützt. Und davon gibt es doch schon eine ganze Menge. Aber auch kabelgebunden lässt der ECI 80D als Kopfhörerverstärker keine Wünsche offen. Man kann zwei Hörer gleichzeitig anschliessen (3,5 mm und 6,35 mm Klinke) und diese auch eingestöpselt lassen, wenn man möchte. Denn intelligenterweise lässt sich der Kopfhörerbetrieb per Tastendruck auf der Fernbedienung aktivieren, wobei gleichzeitig die Lautsprecher stummgeschaltet werden. Der aktuelle Betriebszustand wird durch Symbole auf der hintergrundbeleuchteten Glasfront angezeigt. Der Electrocompaniet akzeptiert Hörer mit einer Impedanz grösser als 16 Ohm und stellt dabei 0,4 Watt Ausgangsleistung zur Verfügung. Damit hatte er im Test keine Probleme, einen relativ niederohmigen Fidelio X2 von Philips ordentlich auf Trab zu bringen. Dies bei sehr guter Klangqualität mit angenehm voluminösem Soundvolumen.

Guter Phono-Eingang
Die restliche Ausstattung des ECI 80D kann sich ebenfalls sehen lassen. Dazu gehört ein rauscharmer Phono-Eingang für MM-Tonabnehmer, der dank einer vergleichsweise niedrigen Eingangskapazität von 100 pF auf eine unschöne Präsenzbetonung (wie sie bei Phono-Inputs mit zu hoher Kapazität sonst zu verzeichnen ist) verzichtet. Die Klangqualität mit einem Reference Platinum von Grado erwies sich als recht gut, wenn auch nicht ganz auf dem Niveau separater Phono-Vorverstärker. So konnte der Qualitätssprung zu einem Benz Glider (High Output) nicht vollständig nachvollzogen werden. Für Gelegenheits-Vinyl-Hörer mit günstigen MM-Zellen ist der Phono-Eingang aber auf jeden Fall eine sinnvolle Bereicherung.

Punkto Bedienung gibt der zierliche Vollverstärker keine Rätsel auf. Die im typischen, schicken Electrocompaniet-Design gehaltene Frontplatte weist nebst Ein-/Ausschaltknopf nur noch vier weitere Drucktasten auf: In der Vertikalen wählt man den gewünschten Eingang, in der Horizontalen die passende Lautstärke. Dies geht natürlich auch über die handliche Fernbedienung, die zudem Direktwahltasten für vier Eingänge (2 x Digital, Analog-In, Phono) bereitstellt. Auch das erstmalige Bluetooth-Pairing erfolgt via Fernbedienung.
Tolle Klangqualität über den integrierten DAC
Ganz klar zur Spitzenklasse gehört der integrierte DAC des ECI 80D. Nicht weniger als fünf Digitaleingänge lassen keine Anschluss-Engpässe erwarten. Auf eine PC-USB-Anbindung verzichtet Electrocompaniet. Somit ist bei 24-Bit/192-kHz Schluss, was die Wiedergabe von HiRes-Material betrifft. Aber auch damit realisiert der ECI 80D eine superbe Klangqualität. Im Vergleich mit einem DAC-Vorverstärker der 1000-Franken-Klasse, nämlich einer Pre Box DS2 Digital von ProJect (Test: nachzulesen hier), zeigte der integrierte DA-Wandler des ECI 80D keinerlei Schwächen und realisierte ein enormes Auflösungsvermögen. Auch die räumliche Transparenz liegt auf sehr hohem Niveau und erwies sich derjenigen des ProJect als mindestens ebenbürtig. Der Verzicht auf variable Digitalfilter beim Electrocompaniet lässt sich problemlos verschmerzen: Die norwegischen Ingenieure hatten ein goldenes Händchen bei der Abstimmung der Digitalwiedergabe – es gab überhaupt nichts zu meckern.

Genauso wenig wie bei der gesamten Darbietung des ECI 80D: Auf Anhieb begeisterte der zierliche Verstärker mit einer Klangkultur, die manch grösserem und teurerem Verstärker ebenso gut zu Gesicht gestanden wäre. Im Zusammenspiel mit einem Paar Bowers & Wilkins 805 D3 resultierte eine fast schon aberwitzige Spielfreude, die beste Detailauflösung mit erstaunlich hoher Feindynamik vereinte. Die ausgeprägte Obertonbrillanz, welche dieser Verstärker an den Tag legte, hatte für einmal keine Nachteile: Selbst weniger gute Aufnahmen kamen geschmackvoll und ohne übertriebene Prägnanz.
Genau hier unterscheidet sich der Norweger etwa von einem Marantz PM-7000N (Test nachzulesen: hier), der zwar ebenfalls mit ausgeprägter Konturenschärfe Eindruck macht, aber dann und wann halt doch vergleichsweise forsch und analytisch agiert. Der ECI 80D verkniff sich jeglichen Anflug solcher Allüren und bewies mehr Feinsinn. Er verlor sich trotz ausgeprägter räumlicher Transparenz weniger in Details und wahrte die musikalische Gesamtübersicht besser. Die charakteristischen Klangfarben alter Originalinstrumente kamen wunderbar authentisch zum Tragen. Solostimmen bei guten Opernaufnahmen zeigten Schmelz und Charakter. Nivellieren tut dieser Verstärker gar nichts, Übertreibungen sind ihm ebenso fremd.

Bei akustischem Jazz gefiel die rhythmische und durchaus kraftvolle Spielweise, zu welcher der norwegische Verstärker die britischen Kompaktlautsprecher animierte. Man hatte nie das Gefühl, dass zu wenig Ausgangsleistung zur Verfügung stünde. Jazzbass kam druckvoll und konturiert bis in tiefe Lagen. Erst der Vergleich mit 250-Watt-Monoblöcken zeigte, dass hier noch mehr geht. Aber für seine Preis- und Gewichtsklasse ist die Qualität der Tieftonwiedergabe aller Ehren wert. Gut aufgenommene Popmusik wie etwas das neue Album von James Taylor (downloadbar: hier) setzte der ECI 80D ebenfalls sehr geschmackvoll in Szene und bewies, dass echtes High-End auch bei der Wiedergabe dieses Musikgenres absolut seine Berechtigung hat.
Fazit
Highlight des Electrocompaniet ECI 80D ist zweifelsohne der integrierte DA-Wandler, der digitale Musikkonserven in superber Qualität zu neuem Leben erweckt. Über alles betrachtet setzt sich dieser waschechte High-End-Verstärker tatsächlich überraschend deutlich von der HiFi-Konkurrenz unter CHF 2000.- ab. Angesichts der sehr guten Verarbeitung kann man ob des fairen Preises von CHF 2690.- wirklich nicht meckern. Zumal der zierliche Norweger auch weit teurere Lautsprecher problemlos zu klanglichen Höhenflügen animiert. Ein sympathisches, da noch bezahlbares Angebot für audiophile Musikliebhaber. Und weit mehr als «nur» ein Verstärker für Einsteiger.

sehr gut verarbeitet, made in Norway
kompakte Abmessungen und schönes Design
Bluetooth-Streaming in AptX-Qualität
problemlose Bedienung
vergleichsweise günstiger Preis
gute Ausstattung
Onlinelink:
https://avguide.ch/testbericht/test-vollverstaerker-electrocompaniet-eci-80d-norwegische-klangpracht