MAGAZIN
Seite 1 / 2
ARTIKEL
Publikationsdatum
4. Oktober 2023
Themen
Drucken
Teilen mit Twitter

Während erste Digitalaufnahmen mit 14 Bit gemacht wurden, unter anderem vom Schweizer Aufnahmepionier Jürg Jecklin, wurde für die CD 16 Bit als Auflösung definiert. Doch heute sind Streamingformate mit 24 Bit Standard, und einige Aufnahmen kann man sogar mit 32 Bit downloaden. Wie können wir durch die hohen Bitraten erzeugte maximale Dynamik nutzen? Bringt eine 32-Bit-Aufnahme in der Praxis überhaupt Vorteile?

Die Anzahl Bits ist entscheidend für die Dynamik

Überschlagsmässig lässt sich die maximale Dynamik einfach berechnen. Bittiefe multipliziert mit 6 ergibt näherungsweise die theoretisch nutzbare Dynamik. Hier für die wichtigsten Bittiefen berechnet: 16 Bit = 96 dB, 24 Bit = 144 dB und 32 Bit = 192 dB. Im Vergleich dazu weist unser Gehör eine maximale Dynamik von etwa 130 dB auf, was auf den ersten Blick einen beträchtlichen Wert darstellt. Ohne weiteres Wissen würde man sagen, dass wohl die 24 Bits ein Must darstellen. Doch wie so oft ist die Sachlage etwas komplexer. Doch kann das Gehör nicht ohne weiteres die ganze Dynamik umsetzen und ebenso wenig kann das eine HiFi-Anlage.

Praktisches Hören

Am unteren Ende der Dynamik spielt der Ruhegeräuschpegel eine nicht unwesentliche Rolle. Die durchschnittliche Wahrnehmung beginnt bei 0 dB bei 1 kHz (= Bezugsschalldruck). Doch wer einmal mit einem Schallpegelmeter (z.B. auf dem Handy) die Geräusche im «stillen» Raum betrachtet, wird feststellen, dass konstant 10 bis 30 dB Schalldruck vorhanden ist. Am anderen Ende werden wohl die meisten Leser mit mir übereinstimmen, dass Musikhören (zu Hause) mit mehr als 110 dB unangenehm wird. Damit bleiben noch etwa 90 dB nutzbare Dynamik. Da unser Gehör den Schalldruck nicht über das ganze Hörspektrum als gleich laut wahrnimmt, müsste man, um genau zu sein, tiefe, mittlere und hohe Frequenzbereiche separat betrachten. Die wollen wir einfachheitshalber vorerst ausser Acht lassen.

Auch Verstärker müssen rauscharm sein, damit sich eine höhere Dynamik einstellen kann. Im Bild zwei ganz neue Amp-Module mit sagenhaft tiefem Rauschgrund von -140 dB (Hypex und Purifi).Auch Verstärker müssen rauscharm sein, damit sich eine höhere Dynamik einstellen kann. Im Bild zwei ganz neue Amp-Module mit sagenhaft tiefem Rauschgrund von -140 dB (Hypex und Purifi).

Mehr Auflösung?

Wollen wir uns mal etwas detaillierter mit der Auflösung befassen. 24 Bit bedeuten, dass theoretisch 224 verschiedene Werte möglich sind, was ausgerechnet über 16 Millionen sind. Bei 16 Bit sind das 216, also nur noch 65'500 Werte. Da haben wir es also: viel mehr Auflösung! Das stimmt in der Theorie, aber in der Praxis? Mehr Auflösung bedeutet, dass kleinere Pegel sauber reproduziert werden können. Zum Beispiel bei -100 dB oder sogar bei -120 dB können noch kleinste Signale dargestellt werden (bezogen auf den digitalen Referenzpunkt 0 dB).

Doch leider bringt das keinen Vorteil, wenn a) unser ganzes Wiedergabesystem maximal 100 dB wiedergeben kann und b) diese leisen Signale gar nicht wahrnehmbar sind, da das Grundrauschen in unserem Raum diese minimalen Signalanteile überdeckt. Um Klarheit zu schaffen, kann man die Skalen der Signalquelle (z. B. ein Streamer) und dem kompletten Musikwiedergabesystem übereinanderlegen. Dies sehen Sie in der untenstehenden Abbildung. Wenn die Pegelverhältnisse stimmen, sollte beim maximalen Schalldruck (in unserem Fall 110 dB) auch im digitalen Bereich die maximale Aussteuerung vorhanden sein, was mit 0 dB definiert ist. Dies ist so, weil ein digitaler Pegel nicht über diesen Fixpunkt hinauskommt, sondern dort durch die digitale Technik bedingt «abgeschnitten» wird. Im analogen Bereich können Signale auch lauter sein als der Referenzpegel. Das Signal wird dann ebenfalls verzerrt, aber in der Regel etwas weniger abrupt abgeschnitten, je nach analogem Medium.

Für technisch Interessierte

Das bedeutet mehr oder weniger, dass über 30 dB der vermeintlich besseren Auflösung im Rauschgrund der Anlage bzw. der Umgebungsgeräusche verschwindet und somit unhörbar(!) bleibt. Deshalb gibt es auch hervorragend klingende CDs, welchen lediglich 16 Bit für die Dynamik zur Verfügung steht (96 dB). In den meisten Fällen wird es schwierig sein, aus den oben genannten Gründen überhaupt 90 dB Dynamik zu erreichen.

Wie sinnvoll dann 32 Bit für einen Audiodatenträger sind, überlasse ich Ihnen gerne selber zu beurteilen. 32 Bit sind sinnvoll für digitales Processing (DSP), machen aber für die Datenübertragung bzw. Datenträger wenig Sinn. Nebenbei stellt sich natürlich auch die Frage, mit wie viel dB die Musik überhaupt «eingefangen» werden kann. Werte >120 dürften wohl utopisch sein, mit Ausnahme einer Bassdrum vielleicht. Mikrofonverstärker und AD-Wandler haben in der Praxis ebenfalls ein Grundrauschen, und selbst in Tonstudios dürfte sich der Ruheschallpegel im Bereich bis 10 dB bewegen.

Gemessen wurden in diesem Test sowohl Frequenzgang als auch Wirkungsweise des Noise Cancelling. Da Messungen des Frequenzgangs je nach Art der Messung etwas unterschiedlich ausfallen und so Vergleiche zu konfusen Interpretationen führen können, werden die Frequenzschriebe hier ausschliesslich kommentiert.

Doch da avguide.ch das einzige Testinstitut ist, das Noise-Cancelling-Messungen macht, werden die sehr aufschlussreichen Diagramme, die mit der Praxis (fast) perfekt übereinstimmen, gezeigt und interpretiert. Für diese Messung stelle man sich vor, man stünde vor einem Wasserfall, dessen Rauschen alle Frequenzen von ganz tief bis ganz hoch enthält. Bei den Diagrammen gelten: tiefe Frequenzen links, hohe Frequenzen rechts. Von horizontaler Linie zur nächsten gelten 2 dB. Je weiter oben die Kurve verläuft, umso lauter ist der Pegel. Beim idealen Hörer würden die rote und die untere schwarze Kurve ganz unten verlaufen.

Die oberste schwarze Kurve zeigt, wie unser Gehör (hier Messmikrofon) ohne Kopfhörer den ungedämpften Lärm hören würde. Die rote Kurve zeigt, was das Gehör noch vom Lärm hört, wenn der Kopfhörer aufgesetzt, aber das Noise Cancelling nicht eingeschaltet wird. So ist zu erkennen, welche Frequenzen durch die Muscheln alleine abgedämpft werden. Die unterste Kurve zeigt die maximale, also doppelte Lärmdämpfung durch die Muscheln und das aktivierte Noise Cancelling.

Der Bose QC 35 dämpft den Lärm nach unseren Messungen bei 100 Hz und 500 Hz um rund 20 dB. Das macht ihm rein messtechnisch auch der Panasonic RP-HC800 nach, der allerdings in der harten Realität nicht so gut wie der Bose QC 35 den Lärm killt. Dies ist der einzige Fall dieses Tests, wo die Messungen nicht ganz mit der Realität übereinstimmen. Wer jedoch das Diagramm des Beats Studio 2 Wireless anschaut, kriegt eine genaue Vorstellung, wie sich der Hörer tatsächlich in der Realität verhalten muss!

Bei ganz tiefen Frequenzen mussten wir den Pegel des Störgeräusches (hier terzgefiltertes Rauschen, das von 20 Hz bis 20 kHz hochfährt) reduzieren, um den Test-Lautsprecher vor allzu grossen Auslenkungen der Membranen und Überhitzung der Schwingspulen zu schonen.

Immer noch eine Tatsache ist, dass die Noise Cancelling vor allem im Tieftonbereich sehr gut arbeiten. Doch bei höheren Frequenzen ab ca. 500 Hz bekunden praktisch alle Noise Cancelling Mühe bei der Dämpfung. So kommt die Dämpfung durch die Muscheln alleine ins Spiel. Und bei gewissen Hörern ist gerade die Dämpfung in der Mittellage um 500 Hz bis 1 kHz mangelhaft, und so werden wohl tiefe Frequenzen gut, die mittleren jedoch schlecht gedämpft. Ein geradezu krasses Fehlverhalten zeigt hier der Beats Studio 2 Wireless.

Test Panasonic RP-HC800

Übersicht zu diesem Artikel
Seite 1:
Seite 2: