TESTBERICHT
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Publikationsdatum
3. April 2006
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Nicht nur guter Wein kommt aus dem Tessin, auch die in Morbio Inf. gefertigten Heil A.M.T Lautsprecher.

Einen davon, mit dem klingenden Name "Aulos", könnte man mit einer guten Flasche Tessiner Merlot vergleichen: gehaltvoll, kultiviert und ausgereift.

Unter der vielsagenden Bezeichnung A.M.T (Air Motion Transformer) verbirgt sich ein genialer Schallwandler, der von keinem geringeren als Dr. Oskar Heil entwickelt wurde, der auch seinerzeit den Feldeffekt-Transistor erfand.

Precide-Boss Martin Dürrenmatt war ein enger Freund Oskar Heils und wurde von ihm in die Geheimnisse dieses Schallwandlers eingeweiht.

Im Laufe der Zeit gelang es Martin Dürrenmatt, den Klang des A.M.T durch neuartige Materialien nochmals zu verbessern.

Der "kleine" Heil

Der Heil A.M.T sitzt über dem in einem Winkel von 45 Gard nach oben strahlenden Tieftöner.
Heil Lautsprecher gibt es heute in drei Versionen, die grosse Kithara, die schlanke Standbox Syrinx und die Regalbox Aulos.

Der kleinste der Heil-Lautsprecher wird bereits seit einigen Jahren mit Erfolg verkauft.

Nun hat ihn Martin Dürrenmatt äusserlich und innerlich überarbeitet.

Designmässig folgt man hier für einmal nicht dem Trend zur schlanken Standbox, sondern geht auf bewährtem Pfade: Die Funktion bestimmt das Design.

Nach wie vor strahlt das über dem 45 Grad nach oben gerichteten Tieftöner montierte Heil-System seinen Schall zu je 50% nach vorne und hinten ab.

Dadurch ergibt sich ein optimales Zusammenspiel dieser beiden Schallwandler. Technisch ausgedrückt: So wird ein optimales Phasenverhalten und das gewünschte Verhältnis von Direkt- zu Indirektschall realisiert.

Die bisher auf den Lautsprecher auzustülpende Abdeckung entfällt bei der neusten Version, dafür hat man dem Basschassis eine Abdeckung spendiert.

Das Gehäuse wurde nochmals verstärkt, die identisch aufgebaute Weiche erhielt noch besser klingende Komponenten.

Erfreulich: Gleich geblieben ist der Preis von 2580 Franken das Paar.

Teamwork

Der Aulos ist eigentlich ein Teamwork von hauptsächlich vier Personen: Dr. Oskar Heil, der den A.M.T - Mittel- Hochtöner erfand, Martin Dürrenmatt, der den Aulos realisierte und nun vertreibt, seinem Bruder Hans, der alle Heil-Systeme in sorgfältiger Handarbeit herstellt und last but not least Mieko Dürrenmatt, Martins Frau, die professionelle Violinistin ist und mit ihren "goldenen Ohren" die klangliche Auslegung dieses Speakers massgebend beeinflusst hat.

Musikalischer Transformator

Der Heil Air Motion Transformer, kurz A.M.T. genannt, arbeitet im Bereiche von 1000 Hz bis weit über 20'000 Hz und ist - wie der Name es ja schon andeutet - ein eigentlicher Transformator.

Sein Geheimnis liegt in der Vorhang-ähnlich gewellten Form der Membran. Dadurch, dass sich die Falten ausweiten und verengen, bewegt sich die Luft fünfmal schneller als die Membran.

Das Prinzip dieses Schallwandlers kann heute, da die Patente abgelaufen sind, von jedem nachgebaut werde. Doch liegt in der Herstellung des Systems und der Wahl der Materialien sehr viel streng gehütetes Know-How, das von Martin Dürrenmatt auch nach einem oder zwei Gläschen guten Weines nicht zu erfahren ist.

Plazierung

Die Luft wird fünfmal schneller aus den Falten gepresst als sich die Membran selber bewegt.
Die Plazierung der Aulos - Systeme ist relativ unkritisch, die Aulos können fast überall im Raum stehen, jedoch sollte der Abstand von der Rückwand ca. 15-20 cm und die Seitenabstände nicht unter 20 cm sein.

Von einer Plazierung in Bücherregalen möchte ich persönlich abraten, da sich der zu 50% nach hinten abgestrahlte Schall des Hochtöners nicht genügend frei entfalten kann. Versuchen kann man es ja mal...

Aber bitte darauf achten, dass links und rechts der Boxen rund 20 cm Freiplatz realisiert wird. Am besten stellt man die Aulos auf einen rund 35/50 cm hohen Ständer und experimentiert bei der Plazierung, bis der Klang optimal ist.

Gut angesteuert ist halb gewonnen...

Spornten die Heil-Systeme zu Höchstleitungen an: Class-A-Verstärker A21E 2 x 30 W, CD-Spieler CD21E made in UK.
Für unsere Hörtests erhielten die Aulos Spielpartner aus dem United Kingdom.

Von Sugden stammte sowohl der Class-A-Verstärker A21E 2 x 30 W, als auch der CD-Spieler CD21E. Die MDM Lautsprecherkabel kamen aus dem Hause Precide.

Den Klang der Aulos muss man in aller Ruhe wie einen guten Wein geniessen. Wer auf die Schnelle so kurz mal reinhört, wird die wahren Qualitäten dieses Lautsprechers nicht bemerken.

So nahmen sich die Testhörer genügend Zeit, um ausgiebig ihre Lieblingsmusik anzuhören.

Fein durchzeichnet

Hervorragend definiert und mit sagenhaft schönen Klangfarben brachten die Aulos Streichinstrumente.

Hier hörte man nicht nur die Qualität des A.M.T - Schallwandlers, sondern auch die geübten Ohren von Mieko Dürrenmatt, die am Klangtunig massgeblich beteiligt waren.

Auch in höchsten Lagen wirkten Violinen nie kratzbürstig oder gar grell, sondern natürlich-brillant, wie im Live-Konzert.

Und das muss diesen kleinen Boxen erst mal mal ein Gigant nachmachen.

Nach dieser gekonnten Darbietung klassischer Klänge durfte man gespannt auf härtere Gangarten bei Jazz und Drumsolos sein.

Wer beim berüchtigten Boxenkiller der Test Record "Impressions" das totale Versagen erwartet hatte, sah sich wohltuend getäuscht.

Diese kompakten Boxen hielten sich, von stromtüchtiger Sugden Class-A-Elektronik befeuert, bis zu stattlichen Pegeln
äusserst wacker und lieferten knackige Bassdrum-Impulse und brisante Snare-Attacken.

Weiträumig...

Bei der Wiedergabe von Orgelmusik gefiel das weiträumig aufgefächerte, von den Boxen gelöste Klangbild.

Natürlich darf man punkto Tiefstbass keine Wunder erwarten, dennoch kommt auch Orgelmusik mit höchst erfreulichem Klangvolumen.

Ein zusätzlicher Subwoofer drängt sich nur für ganz hartgesottene Bassfetischisten wirklich auf.

Erfreulich ist, dass der Bass, auch in „schwierigen“ Räumlichkeiten nie lästig wird und überzeichnet oder gar dröhnt.

Insgesamt war sich die Jury einig, dass die Aulos, aufgrund fehlender Strohfeuereffkte, die im ersten Moment begeistern und auf die Dauer unsäglich nerven, ein sehr entspanntes und genussvolles Hören ermöglichen.

Kein Ringing

Das Heil System gehört zu den Dipolstrahlern, die ihre akustische Energie nach vorne und hinten abgeben.
Was bei Klangvergleichen zu Boxen mit Metallkalotten auffiel war, dass der Aulos bei mässig guten Aufnahmen etwas matter wirkte und weniger Glanz lieferte.

Ganz anders dann bei gut aufgenommenen CDs oder exzellenten SACDs.

Hier stellte er die Kalotten in Sachen Brillanz und Klangdefinition klar in den Schatten.

Der Grund liegt auf der Hand: Metallkalotten besitzen alle ein mehr oder weniger ausgeprägtes "Ringing", also Resonanzeffekte, die einen artifiziellen Glanz bewirken und der auf die Dauer bei schlechten Kalotten nerven kann.

Der Heil Hochtöner ist jedoch völlig frei von einem Ringing und liefert nur dann Information, wenn sie auch tatsächlich auf der Aufnahme drauf ist.

Fazit.

Der im sonnigen Ticino gefertigte Aulos Lautsprecher ist sowohl bei anspruchsvoller Klassik wie auch bei swingendem Jazz voll im Element.

Der Heil A.M.T ist in Sachen Klangschönheit auch von weitaus teureren Systemen kaum zu schlagen.
STECKBRIEF
Preis:
2580 Franken pro Paar
Profil:
Kompakter Swiss Made Lautsprecher der sich in Sachen Klangdefinition auch mit wesentlich teureren Systemen messen kann.
Pro:
+ faszinierende Klangschönheit
+ ausgeprägt räumlich, ohne diffus zu wirken
+ exzellente Klangdefinition
+ kompakte Abmessungen
Contra:
-
Ausstattung:
Anzahl Wege 2
Mittel-Hochtöner: Heil A.M.T.(1 kHz - 23 kHz)
Bass: 15 cm Konus-Bass
Ausführungen Kirsche/ Ahorn und schwarz lackiert
Technische Daten:
Masse (BxHxT) 23 x 50 x 30 cm
Empfohlene Verstärkerleistung: 20-200 Watt
Impedanz 4 Ohm (minimal)