TESTBERICHT
Die neue Nubert Vero 170.Die neue Nubert Vero 170.

Die Namensgebung ist schon mal konsequent. Die bisherige Krönung des Nubert'schen Lautsprecherschaffens hiess nuVero 140 und ragte bis auf eine Höhe von etwa 140 Zentimetern. Doch jetzt hat der schwäbische Hersteller ordentlich einen draufgesetzt und offeriert mit der nuVero 170 eine kapitale Standbox, die – Sie ahnen es – fast mannshohe 170 Zentimeter misst.

Auf der Münchner HighEnd-Messe im Mai 2017 konnte die highfidele Öffentlichkeit erstmals diesen für Nubert-Verhältnisse richtig grossen und teuren Turm bestaunen. Wir müssen hier «für Nubert-Verhältnisse» einschränken, denn in Sachen Gigantomanie und erst recht Preisexplosion bei Superlautsprechern kann und will man bei Nubert nicht mit der zum Teil völlig abgefahrenen Königsklasse konkurrieren.

Dafür ist man bei den Schwaben viel zu vernünftig und bodenständig geblieben. Doch mit ihrem Gardemass und erst recht mit ihrem Grundpreis von 8400 Franken pro Paar erklimmt sie für Nubert schon beachtliche Höhen. Kein Wunder, dass Geschäftsführer Roland Spiegler und seine beiden Lautsprecher-Entwickler Thomas Bien und Christoph Meiler ihr die Königinnenrolle im firmeneigenen Schau-Spiel zubilligen. Firmengründer und «Noch-immer-ein-Auge-Draufwerfer und Ohr-Hineinhalter» Günther Nubert hält das sicher genauso.

Doch wie die Königin kontaktieren?

Direktvertrieb

Nubert ist im Laufe seiner über 40-jährigen Geschichte gross geworden als «Versender», der seine Produkte unter Umgehung des Handels und der dort üblichen Handelsspannen direkt an seine Kunden schickt. Der profitiert vom günstigeren Konsumentenpreis, muss allerdings auf Leistungen des Fachhandels verzichten. Doch keine Sorge, in Sachen qualifizierte Beratung, Service, Garantie und Rückgabemöglichkeiten steht Nubert normalen Händlern nicht nach. Und wer sich von der Schweiz in das beschauliche Schwäbisch Gmünd aufmacht, kann sich Lautsprecher vom Kaliber der nuVero auch im vorhandenen Ladengeschäft ausführlich anhören.

Aber auch wer das nicht will oder kann, steht keineswegs auf verlorenem Posten. Nicht weniger als zehn Fachberater – alle mit Kopf auf der Nubert-Homepage zu sehen – stehen beziehungsweise sitzen bereit, telefonisch Auskunft über alle möglichen Varianten zu geben und sogar das eine oder andere Problem per Ferndiagnose zu beheben. Und wer trotz allem nicht zufrieden ist, kann das Produkt seiner Nichtwahl ohne Angabe von Gründen zurückschicken.

Wie sauber und kundenfreundlich da die Nubert-Logistik arbeitet, davon konnte sich avguide.ch vor Ort ein Bild in dem beeindruckenden neuen Firmenzentrum machen. Übrigens: So wie Zürich seine «Fifa Strasse» hat, so hat Schwäbisch Gmünd seit neustem seine Nubertstrasse. Doch sicher mit weit weniger krimineller Energie belastet...

Selbst der Kauf eines solch mächtigen und teuren Boxenpaars wie der nuVero 170 bedeutet bei Nubert kein grösseres Risiko als der Erwerb vergleichbarer Lautsprecher beim Handel. Und selbst das Restrisiko von Transportschäden bleibt angesichts der aufwendigen Schutzschachteln überschaubar.

Ein Blick ins imposante, kürzlich fertig gestellte Nubert-Lager.Ein Blick ins imposante, kürzlich fertig gestellte Nubert-Lager.

Exclusiv-Ausgabe

Denn es wäre ja schade um das schöne Outfit. Da hat Nubert sich übrigens etwas für seine Verhältnisse Extravagantes einfallen lassen und legt eine «Exclusiv»-Version auf, exclusiv mit angelsächsischem c, aber ohne Schluss-e.

Die Normalausgabe gibt es mit einem metalliclackierten «Klangsegel» – so nennt Nubert die leicht gekrümmte Schallwand – in den Ausführungen Diamantschwarz, Kristallweiss oder Goldbraun und einem mit Nextel beschichteten Korpus in Schwarz, Weiss oder Braun.

«Exclusiv» sind dann eine Gehäusebespannung mit dem aus Auto-Innenausstattung oder Möbeldesign bekannten Kunstleder Skai Sotega, das dem Korpus eine wertige Nappaleder-Anmutung verleiht und das sich auch wirklich edel anfühlt.

Noch mehr her macht allerdings die mehrfach lackierte Front entweder in Silber oder in Gold. In beiden Fällen ziehen vor allem die funkelnden Lichtreflexe der feinst polierten Klangsegel bewundernde Blicke auf sich. Da will man gar nicht erst ein bei den «anderen» nuVero-Modellen mitgeliefertes Frontgitter aufsetzen – konsequent verzichtet ihre Majestät nuVero 170 auf dieses Accessoire.

Schön und richtig edel, die «Exclusiv»-Version der Nubert Vero 170.Schön und richtig edel, die «Exclusiv»-Version der Nubert Vero 170.

Dreifach-D’Appolito

Technisch sind beide Varianten von gleich edlem Geblüt. Besonderes Kennzeichen der ersten Vierwege-Box von Nubert: die Anordnung der Chassis. Unter und über dem zentralen Hochtöner, einer 26-Millimeter-Seidenkalotte in der Nubert-typischen, asymmetrischen, «schielenden» Position auf der Montageplatte, gruppieren sich je ein 52-Millimeter-Flachmembran-Mittel-Hochtöner, auch sie «schielen» den Betrachter an, dazu je zwei 150-Millimeter-Konen. Diese vertikale Aufteilung nennt man in Lautsprecherkreisen «D’Appolito».

Nubert rüstet die doppelte Anordnung zu einer dreifachen auf, denn auch zwei 220-Millimeter-Tieftöner gruppieren sich gleichfalls um die Zentralkalotte, nur das dritte Basschassis spielt ganz unten.

Die drei extrem langhubig ausgelegten Tieftöner brauchen sich nur bis 160 Hertz abzurackern, den wichtigen Grundtonbereich bis 450 Hertz übernehmen ohne Gefahr von ungewollten Bündelungseffekten die Tiefmitteltöner, auch sie mit extrem starken Magnet-Antrieben. Den hoch belastbaren und recht breitbandigen, hier aber bereits ab etwa 2000 Hertz ausgeklinkten Flachmembran-Mitteltöner nennt Entwickler Thomas Bien «unsere Geheimwaffe» – zu Recht, denn schon in anderen Nubert-Boxen sorgte der von BMR nach Nubert-Spezifikationen gebaute Flachmann für fein aufgelöste Obertöne.

Die D’Appolito-Architektur sorgt für eine zu den Höhen hin immer stärkere vertikale Schallbündelung, was natürlich Reflexionen an Boden und Decke vermeidet und so irritierenden Indirektschall von diesen beiden Begrenzungsflächen ausmerzt. Die Ortung von Schallereignissen wird so dem Ohr erheblich erleichtert. Gleichzeitig wird die ideale Hörposition merklich um die berüchtigte Spitze des Stereo-Dreiecks verbreitert. In der Tat kann man beim Hören aufstehen und ein wenig herumwandern im Raum, ohne dass sich gleich das Klangbild fundamental ändert.

Klangjustage

Fast schon traditionell kann der Kunde seinen Nubert-Lautsprecher aber an seine individuellen Klangvorstellungen und Räumlichkeiten anpassen. Die so genannte Ortsentzerrung funktioniert bei der nuVero 170 im Hochtonbereich mit den drei Schalterstellungen «neutral», «brillant» und «sanft», Letztere bedeuten eine Anhebung beziehungsweise Absenkung um etwa zwei Dezibel ab zwei Kilohertz.

Die Mitten um etwa ein Kilohertz kann der Hörer auf «dezent» zurückschalten (andere nuVero-Boxen erlauben «neutral» auf «prägnant»). Zudem liefert Nubert zwei Schaumstoffpfropfen mit, mit denen sich die Bassreflexrohre zustopfen lassen, falls man die Boxen näher an die Wand stellen muss, als ihnen eigentlich guttut.

Falls der Kunde noch mehr Kontrolle über den Bass wünscht, hat er zwei Optionen. Er kann nämlich die Box dank entsprechender Anschlüsse im echten Bi-Amping fahren, also mit eigenen Endstufen für Tief- und Resttonzweig. Dann darf er die – im Übrigen extrem aufwendig gebaute – interne passive Weiche nicht überbrücken. Das kann er aber auch – und die Box teilaktiv fahren. Diese wohl cleverste Möglichkeit, die drei Basschassis pro Box mit aktiver Weiche und eigenem Amp zu kontrollieren, eröffnet geeignete Elektronik wie etwa die hauseigene Vorstufe Nubert nuControl, die avguide.ch im November 2015 samt den Endstufen nuPower testete.

Aufwendige Weiche mit besten Zutaten.Aufwendige Weiche mit besten Zutaten.

Hörtest

In dieser Konstellation war die nuVero 170 im sehr wohnraumnah eingerichteten Nubert-Hörstudio aufgebaut. Von Anfang an überzeugte die grosse Box mit einer ausgesprochen neutralen Stimmwiedergabe. Da trübte keine noch so kleine Verfärbung das Vergnügen, etwa einem Reinhard Mey mit seinen nachdenklichen Chansons zu lauschen.

Die Stimme hatte ausreichend Brustkorb, der prägnant und sauber dargestellte Grundtonbereich der Nubert sorgte dafür, dass die oft anämische Männerstimmwiedergabe kleiner oder «badewannenmässig» abgestimmter Lautsprecher hier einem höchst angenehm sonoren Klang wich.

Auch Frauenstimmen profitierten extrem von der gekonnten linearen Abstimmung. In der Tat hatten Tester-Kollegen einen fast linealglatten, für Lautsprecher noch immer höchst ungewöhnlich ausgeglichenen Frequenzgang gemessen. Ob HighEnd-Lieblinge wie Sara K oder Pop-Juwelen wie Hannah Reid von London Grammar, ob die einmalige Primadonna Assoluta Maria Callas oder ihre Mezzosopran-Kollegin Anne Sofie von Otter: Hier stimmte einfach alles. Dabei lösten sich die Stimmen vorbildlich von den Schallwandlern. Leider «kleben» vor allem bei mit viel Aufwand in den Frequenzweichen entzerrten Mehrwege-Lautsprechern die Solisten an den Schallwänden. Die Nubert'schen Klangsegel jedoch umgaben sie mit ausreichend Luft.

Das kam auch der räumlichen Abbildung sehr entgegen. Auch grosse Chorwerke wie Ludwig van Beethovens «Missa Solemnis», unlängst mit dem Dirigenten Marek Janowski in einer exzellenten SACD-Produktion bei Pentatone erschienen, stellten die nuVero 170 vor keine Schwierigkeiten. Die besonders problematischen und hier vielgeforderten Chorsoprane sangen wahrlich zu Herzen gehend hinter einem fein abgezirkelten Orchester, das wiederum halbkreisförmig um die Solisten gruppiert war.

Die Nubert nuVero 170 Exclusiv im Hörraum.Die Nubert nuVero 170 Exclusiv im Hörraum.

Der Autor hat zwei Titel, mit denen sich Raummoden (also die Verstärkung oder Auslöschung bestimmter, vor allem tiefer Frequenzen durch die Raumgeometrie) besonders schnell aufspüren lassen: «Hey Now» von London Grammar mit dem für Pop-Verhältnisse aussergewöhnlich tiefen Synthesizer-Bass und das gewaltig in der Subkontra-Oktave zwischen 16 und 32 Hertz tosende Orgel-Präludium D-Dur von Johann Sebastian Bach in der Einspielung von Virgil Fox auf Reference Recordings.

So kam er auch der etwa bei 33 Hertz liegenden Raummode des Nubert-Hörraums auf die Schliche. Denn wie nur wenige Lautsprecher geht die nuVero wirklich in den Basskeller. Die Firma gibt sagenhaft tiefe 23 Hertz als untere Grenzfrequenz an, die Kollegen massen 24 Hertz bei minus drei, 22 Hertz bei minus sechs Dezibel. Das ist wirklich aller Ehren wert. Aber der Kunde sollte gewahr sein, dass eben dann tiefste Bässe auch wiedergegeben und nicht ausgeblendet werden und dass so Raummoden zum Problem werden können.

Das rief den ehrgeizigen Chefentwickler Thomas Bien auf den Plan, der den Autor sozusagen ins Allerheiligste, nämlich sein Entwicklungslabor, führte. Dort konnte der Schreiber dieser Zeilen dann auch den hochpräzisen, weitgehend von Raummoden unbeeinflussten Orgelpedalbass geniessen. Aber auch feststellen, dass dieser Lautsprecher einem kleinen Verstärker (wie er im Labor stand) schnell seine Grenzen aufzeigte. Endstufen vom Schlag einer nuPower kommen seinem Energiedurst da viel mehr entgegen. Was die nuVero 170 wiederum mit wunderbar transparenten Klangflächen und ansatzlos knackigen Impulsen belohnt. Und auch mit bis zu extremen Pegeln unverzerrten, blitzsauberen Klängen.

Fazit

Wenn Sie richtig gerne auch richtig laut Musik hören wollen, wenn Sie unverfälschte Dynamik und markerschütternde Bässe erleben wollen; wenn Sie aber auch Wert legen auf feine Nuancen, transparente Räumlichkeit und absolute Neutralität auch bei niedrigen Pegeln, dann sollten Sie sich in Ihrer Familie oder Wohngemeinschaft nach genug starken Armen umschauen.

Dann können Sie die pro Box 65 Kilogramm schwere Nubert optimal aufstellen in Ihrer Stube. Sollten dort auch leistungs- und impulsstarke Endstufen stehen, wird die majestätische nuVero 170 alle Ihre Ansprüche erfüllen. Das kann sie wirklich königlich.

Firmengründer Günther Nubert mit der nuVero 170.Firmengründer Günther Nubert mit der nuVero 170.
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