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Lost in Logan

Test Hybrid-Elektrostaten Martin Logan Montis

Publiziert am 11. April 2016 - Lothar Brandt
Eine Montis macht sich auch im edelsten Ambiente gut.Eine Montis macht sich auch im edelsten Ambiente gut.

Hybrid – da denkt man doch sofort an Misch-Existenzen. So wie ein Auto mit Elektro- und Verbrennungsmotor einen Hybrid-Antrieb hat. In der Welt der Lautsprecher vereint ein Hybrid auch zwei unterschiedliche Antriebe. Sprich: die Art, Luft in Bewegung zu setzen und so Schall zu erzeugen.

Die Montis ist so ein Hybrid, und ihr Hersteller Martin Logan ein Spezialist für diese Bauart. In dem Fall die Kombination eines so genannten elektrodynamischen Basses, der hier sogar seine eigene Endstufe hat und einem so genannten elektrostatischen Mittelhochtöner, der allerdings von aussen mit einem Verstärker angefeuert werden will.

Also teils aktiv, teils passiv, teils Konus, teils Fläche. Könnte da Hybris im Spiel sein? Also Arroganz, Übermut oder Dünkel? Wer die übrigen Mitglieder von Martin Logans ESL-Familie kennt, schiebt diesen Verdacht schnell beiseite. Zu den Electrostatic Loudspeakers mit konventionellem Bass der Firma aus Lawrence, US-Bundesstaat Kansas, gehören auch die grösseren Summit X, die kleineren Theos und Ethos.

Und mit der CLX baut Logan auch einen reinen Elektrostaten, der seinerseits auf eine lange Tradition von ML-Flächenstrahlern zurückblickt. Man darf also eine Menge Knowhow bei den Amerikanern vermuten. Gefertigt wird übrigens bei Paradigm in Kanada. Und die wiederum zählen zu den bedeutendsten Herstellern von Subwoofern. Das dürfte sich dann wohl gut ergänzen.

Der Mittelhochton

Schon eine Martin Logan Montis sieht beeindruckend aus.Schon eine Martin Logan Montis sieht beeindruckend aus.

Mit der 21'500 Franken teuren Summit X gemein hat die 14'900 Franken teure Montis das gleiche "X-Stat"-Mittelhochtonpanel im eloxiertem Aluminiumrahmen. Jenen edel gebogenen, in einer Vakuum-Kammer montierten Zylinderausschnitt, der ohne Gehäuse auskommt.

Seine hauchdünne, plasmabedampfte und deswegen federleichte Polymer-Membran strahlt nach vorne wie hinten ab und verantwortet die faszinierenden Eigenschaften der Bauart: Räumlichkeit und Offenheit, Präzision und Schnelligkeit – und davon jeweils mehr als konventionelle Wandler.

Um mit einer Folie aber genügend Luft für einen ausreichend tiefen und kräftigen Bass zu bewegen, muss diese sehr gross sein. Darüber kann man sich mit hybrider Bauweise hinwegsetzen. Dann bündeln plane Flächenstrahler den abgestrahlten Schall sehr stark, was die optimale Hörposition extrem einengt.

Deshalb erweitert ML den horizontalen Abstrahlwinkel aus der "Curvilinear Line Source". CLS krümmt die Fläche zum Hörer hin und segmentiert sie zudem in unterschiedlich hohe Teilabschnitte. Die fein gelöcherten Statoren ("MikroPerf") lassen diese Segmente auf den Bildern erkennen.

Das elektrostatische Prinzip

Die Montis sollte stets etwas eingewinkelt auf den Hörer stehen.Die Montis sollte stets etwas eingewinkelt auf den Hörer stehen.

Ein elektrostatischer Schallwandler macht sich zunutze, dass sich elektrische Ladungen gleicher Polung (beide plus oder beide minus) abstossen und die unterschiedliche Ladung gegenseitig anziehen. Ein elektrostatischer Wandler besteht aus den beiden Statoren – bei Martin Logan die gebogenen, feinlöchrigen Gitter –, den Abstandshaltern und der eigentlichen Membran dazwischen.

Die Statoren fungieren als feststehende Elektroden, deshalb die Bezeichnung elektrostatisch. Sie werden mit Hochspannung aufgeladen, weshalb sie immer einen Transformator brauchen, und erzeugen so ein elektrisches Feld. Dieses wechselt seine Polarität im Takt der vom Endverstärker angelieferten Signal-Wechselspannungen. Im Gegentakt, weil das Musiksignal auf den hinteren Stator phaseninvertiert zum vorderen aufmoduliert wird.

Die elektrisch leitfähig beschichtete, aber mit einem hohen Flächenwiderstand und mit konstanter Ladung aufwartende Membran wird ganzflächig nach vorne und hinten bewegt – und erzeugt Schall. Weil die Membran im Normalfall eine hauchdünne Kunststofffolie ist, spricht man auch von Flächenstrahlern oder Folien-Lautsprechern.

Der Tiefton

Bassmodule: Optisch schön integriert.Bassmodule: Optisch schön integriert.

Im Woofer steckt der wichtigste Unterschied zur Summt X: Diese feuert den Tieftonbereich bis etwa 270 Hertz pro Lautsprecher über zwei Zehnzöller, einer nach vorn, einer nach unten; in der gleichfalls von einer 200-Watt-Class-D-Endstufe angetriebenen Montis fehlt der Downfire.

Zudem muss das eine Chassis bis knapp 340 Hertz hinauf. Beim Ankoppeln und vor allem dem phasenkohärenten Abgleich mit dem Elektrostaten darüber hilft als Weichensteller ein Montis-exklusiver digitaler Signalprozessor DSP von ML-Ingenieur Joe Vojtko mit 24 Bit Rechentiefe.

Für Augenmenschen bietet die teurere Summit X im Übrigen mit ihrer dimmbaren Unterboden-Beleuchtung oder ihrem Rückenlicht mehr. Bei der Montis bleibt nur die schaltbare blaue Illumination des Firmenlogos auf der Gehäusedecke des Woofers.

Per Basssteller lässt sich der Bereich unter 100 Hertz hinauf- oder hinunterregeln.Per Basssteller lässt sich der Bereich unter 100 Hertz hinauf- oder hinunterregeln.

Die Aufstellung

Die Silhouette zeigt den grazilen Aufbau des Standlautsprechers perfekt.Die Silhouette zeigt den grazilen Aufbau des Standlautsprechers perfekt.

Um räumliche Tiefe geht es – unter anderem – bei der richtigen Aufstellung. Gleich die Warnung an alle Plug’n’Play-Fans: Jeder Elektrostat verlangt Hingabe, Geduld, Erfahrung und Zeit, bis er denn seine vollen Reize entfaltet. Und die Martin Logan Montis bildet da keine Ausnahme.

Das geht los mit ihrem Platzbedarf um sich herum: AVGuide empfiehlt: möglichst frei im Raum, mindestens 1,20 m von der Rückwand, 0,7 m von der Seitenwand, zum Hörer angewinkelt, Hörabstand ab 2,5 m. Doch mit gebotenem Abstand zur hinteren und zu den seitlichen Wänden spielte sie im Test – eingewinkelt zu den Hörern – auf Anhieb auf Weltklasseniveau.

Doch das ist – fast – immer noch zu steigern. Deshalb: Meterstab raus, erst einmal statt der Spikes die gleichfalls mitgelieferten Gummifüsse montiert, gerückt, gehört, gewinkelt, wieder gehört, an den Bassreglern für den Bereich unter 100 Hz gedreht, wieder gehört. Es dauert seine Zeit, bis der Nutzer eine Logan so aufgestellt hat, dass alles passt.

Die präzise Mittenortung einer Stimme. Wer noch eine Mono-Platte oder -CD hat, ist hier gut dran. Die korrekte Tiefenstaffelung lässt sich mit einer guten Orchesteraufnahme feststellen. Wo die "amerikanische Aufstellung" praktiziert wird (auch von europäischen Orchestern und Dirigenten oft genutzt), sollten die ersten Geigen links vor den zweiten spielen, die Bratschen rechts vor den Celli, und die Kontrabässe rechts aussen. Die Hörner kommen von halblinks hinter den Streichern, die Posaunen meist rechts hinter den Streichern. Die richtige Portion Bass ist besonders heikel zu finden – hier hilft nur hören, hören, hören.

Die Verstärkung

Über den Anschlüssen ist der kleine Kippschalter für die Beleuchtung.Über den Anschlüssen ist der kleine Kippschalter für die Beleuchtung.

Dafür zeigt sich ML Montis erstaunlich zugänglich, was die Verstärker-Paarung angeht. Die zur Verfügung stehenden Transistor-Endstufen, allesamt stabiler Natur, konnten ihr Bestes geben. Die Stabilität, also Stromlieferfähigkeit sei deshalb erwähnt, weil die Montis ein Impedanzminimum von 0,52 Ohm hat. Allerdings bei 20 Kilohertz, wo im Normalfall kaum noch nennenswert Leistung gefordert ist.

Dennoch gilt es aufzupassen, insbesondere mit so genannten hochauflösenden Medien. Wenn der Player oder der DA-Wandler nicht wirkungsvoll den Hochfrequenz-Müll, den diese Aufnahmen mit sich führen, wegfiltert und der Verstärker eine ausreichend hohe Bandbreite mit sich bringt, könnte unter besonders ungünstigen Umständen dann doch mehr Leistung im Höchstton gefordert sein.

Und das könnte dann im Zusammenspiel mit der Montis zu Beeinträchtigungen führen. Aber das ist freilich Vorsichtstheorie, bei keinem der vom Autor eingesetzten Verstärker gab es Probleme. Und deshalb konnte der Autor auch ohne Bedenken seine Lieblingsröhrenverstärker anschliessen, die blitzschnellen und trotzdem standfesten Monoblöcke Octave MRE 120.

Trotz reichlich genutztem DSD beziehungsweise 24-Bit/96-kHz-Material. Denn wie sollte sich ein Elektrostat besser beweisen als mit feinstem Klangnuancen in der obersten Frequenzetage?

Der Klang

Die Martin Logan Montis macht Musik.Die Martin Logan Montis macht Musik.

Sie bringen einen schon hoch den Berg rauf, die Montis. Richtig ein- und aufgestellt, exzellent angesteuert holt sie den Hörer auch bis zu Gipfeln, die vermeintlich der Summit X vorbehalten waren. Der schlankere, weniger wulstige Bass kam sogar präziser, wenn auch weniger tief. Aber wer hört schon separat auf Bass, wenn ein ganzes Sinfonieorchester seine Pracht entfaltet?

Der Autor spielte reichlich Sinfonisches, darunter auch LPs und SACDs, die er als "wundervoll" bezeichnet. Diese Wunder – die Logan machen sie erlebbar. Etwa in einer Sinfonie von Gustav Mahler: Akribischste Detailarbeit von ersten und zweiten Violinen, feinste Nuancen von Oboe und Klarinette, ein wie aus dem Nichts aufblitzendes Forte, ein noch darüber gleissendes Fortissimo.

Wer das alles analysieren und sich trotzdem auch in den Strom der Musik fallen lassen will – die Montis liefert Lupe und Lust. Verschiedene Pressungen oder Remaster aus dem Schaffen von Rockgranden wie Led Zeppelin oder Deep Purple vergleichen und dann sich begeistern lassen von deren so oft genialen Musik – die Montis liefern die Mittel zum Zweck.

Es liesse sich noch viel erzählen vom exzellenten "Register-Ausgleich" zwischen dynamischem Bass und elektrostatischen Mitten, von kristallklar reproduzierten Beckenschlägen, von herrlich sich öffnenden Räumen oder plastisch modulierter Feindynamik, von erstaunlich hohen Pegeln ohne jeden Nerv. Man kanns aber auch kurz machen: Die Martin Logan Montis macht Musik.

Das Fazit

Stabiler Alu-Rahmen, sanft gekrümmte, fein gelochte Statoren: Die Montis von oben.Stabiler Alu-Rahmen, sanft gekrümmte, fein gelochte Statoren: Die Montis von oben.

Ihre gleichwertig anspringende Dynamik, ihre Plastizität, ihr extremes Differenzieren sowie ihre Neutralität macht die Martin Logan Montis zum perfekten Abhörlautsprecher für Musik aller Art. Weil dieses Raumerschaffungswunder aber jegliches Musikhören gleichzeitig mit einem unfassbaren Genussfaktor aufrüstet, will man gar nicht mehr raus aus dieser wunderbaren Hybrid-Welt. Man ist "lost in Logan". Und ein wenig auch verloren für die Reize konventioneller Konkurrenten.

STECKBRIEF
Modell:
Montis
Profil:
Hybrid-Elektrostat mit dynamischem, aktiven Bass.
Pro:
Superbe Auflösung und Räumlichkeit, neutrale und natürliche Klangfarben, starke Dynamik
Contra:
Nicht einfach aufzustellen, funktioniert nicht mit jedem Verstärker
Preis:
14,900.00 CHF
Hersteller:
Jahrgang:
2015
Vertrieb:
Masse:
330 x 1510 x 460 mm
Gewicht:
26 kg
Farbe:
schwarz, Kirsche, Schwarzkirsche (Woofer)
Bass:
dynamischer Konustreiber 254mm
Impedanz:
4 Ohm

Onlinelink:
https://avguide.ch/testbericht/lost-in-logan-test-hybrid-elektrostaten-martin-logan-montis