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Herz vor Kommerz

Piegas Geschichte seit 1987

Publiziert am 28. Juni 2018 - Hans Jürg Baum
Leo Greiner (links) und Kurt Scheuch geben Auskunft über die wichtigsten Momente und Modelle ihrer gesamten Laufbahn bei Piega.Leo Greiner (links) und Kurt Scheuch geben Auskunft über die wichtigsten Momente und Modelle ihrer gesamten Laufbahn bei Piega.

Wie Leo Greiner bei diesem Gespräch sehr treffend bemerkte, galt bei der Konzeption und Herstellung jedes Piega-Produktes «Herz vor Kommerz». Damit meint er, dass hinter jedem Piega-Produkt die Überlegung stand, etwas Gutes und Sinnvolles zu schaffen, das man auch selber kaufen würde – und nicht die Idee, dem Kunden ein möglichst gewinnbringendes Produkt anzudrehen.

Bereits im Artikel «Von zwei auf zwanzig in zwanzig Jahren»  brachte avguide.ch ein Interview mit den Firmengründern Leo Greiner und Kurt Scheuch, in welchem Entwicklung und Werdegang der Firma (vom 2-Mann- bis zum 20-Mann-Betrieb) beleuchtet wurden.

Im Artikel Piega im Wandel berichtete avguide.ch die grundlegenden personellen Veränderungen bei Piega nach rund 30 Jahren seit der Firmengründung.

Hans-Jürg Baum, der die Firma Piega, seine Leute und ihre Produkte seit ihrem Start genaustens beobachtet hat, lässt in dieser Story Leo Greiner und Kurt Scheuch ihre Philosophie und Produkte erklären.

Da sich diese Story vor allem auf die markantesten Boxen mit den bedeutendsten Entwicklungsschritten konzentriert, die in der Regel nicht gerade billig waren und immer noch sind, sollte nicht vergessen werden, dass Piega zu allen Produktionszeiten auch preisgünstige Lautsprecher auf den Markt brachte. Es waren und sind dies laut Kurt Scheuch die «Brot und Butter»-Lautsprecher, die in grösseren Stückzahlen hergestellt werden und mit denen man genug Geld verdienen kann, um die Löhne der nicht gerade kleinen Belegschaft und diverse andere Kosten bezahlen zu können.

1987: Erste Produktion im Kellergeschoss

1987: Erster Produktionsraum der Firma Piega im Kellergeschoss bei Leo Greiner zu Hause. Hier entstanden die ersten Boxen Arlecchino, Capriccio, Arabella und Elektra.1987: Erster Produktionsraum der Firma Piega im Kellergeschoss bei Leo Greiner zu Hause. Hier entstanden die ersten Boxen Arlecchino, Capriccio, Arabella und Elektra.

avguide.ch: Welche Vorgeschichte hatten Sie, bevor Sie im Jahre 1987 offiziell die Firma Piega gründeten? Welche für Ziele hatten Sie vor Augen?
Greiner: So wie Kurt, habe auch ich schon früh mit dem Bau von Lautsprechern begonnen. Durch einen Bekannten lernten wir uns kennen, und dies ergab eine tolle Symbiose. Kurt konnte für seine Lautsprecher meine speziell lackierten Gehäuse einsetzen und ich im Gegenzug seinen Bändchen-Hochtöner mit der entsprechenden Technik.

War Ihr erstes Produkt, das Hochtonbändchen, einfach eine Kopie des Decca-Kelly-Bändchens DK30 – oder doch etwas mehr?
Scheuch: Unser erster PIEGA-LDR-Bändchen-Hochtöner basierte sehr wohl auf dem legendären DK30. Allerdings war unsere Konstruktion natürlich angepasst auf den Stand der Technik. Das heisst, mehr Membranfläche, viel stärkere Magnete, ein besserer Übertrager und natürlich auch kein Hornvorsatz. Daraus resultierte logischerweise ein breiteres Frequenzspektrum, weniger Klirr, ein viel höherer Wirkungsgrad etc.

Kurt Scheuch und Leo Greiner bei der Herstellung ihrer Bändchen-Systeme.Kurt Scheuch und Leo Greiner bei der Herstellung ihrer Bändchen-Systeme.

Grossen Opern nachempfunden

Die Namen der ersten Boxen wurden grossen Opern nachempfunden. Hier die Arabella (die perspektivische Verzerrung der Box stammt von einer etwas extremen Position des Fotoapparates).Die Namen der ersten Boxen wurden grossen Opern nachempfunden. Hier die Arabella (die perspektivische Verzerrung der Box stammt von einer etwas extremen Position des Fotoapparates).

Welches waren Ihre ersten Lautsprecher und was waren deren Eigenschaften?
Greiner: Arlecchino, Capriccio, Arabella und Elektra.
Scheuch: Technisch gesehen waren diese Lautsprecher allesamt Bassreflex-Konstruktionen, bestückt mit Doppelschwingspulen-Treibern und natürlich unserem Hochton-Bändchen-System.

Wo und wie haben Sie diese Produkte im Zweimann-Betrieb hergestellt?
Scheuch: Wir haben unsere Lautsprecher im Kellergeschoss von Leos damaligem Haus montiert. Morgens bin ich mit meinem Kombi ins Lager gefahren, habe Gehäuse und Einzelteile eingeladen, um dann in Horgen mit Leo zusammen die Lautsprecher aufzubauen. Abends habe ich die fertig montierten Lautsprecher dann wieder ins Lager gebracht.

Wie haben Sie diese Boxen an den Mann / die Frau gebracht? Wer hat den Aussendienst gemacht und welche Händler haben Ihre Produkte verkauft? Wie hoch waren damals die verkauften Stückzahlen und wie hoch die Preise?
Greiner: Wir waren ja beide schon in der HiFi-Szene aktiv und kannten bereits einige Händler und Vertriebe. Der Preisbereich lag am Anfang bei 2000–8000 Franken pro Paar.

Scheuch: Zu Beginn gingen Leo und ich zusammen in den Aussendienst. Die Händler sollten uns ja kennenlernen. Mit der Zeit war ich dann alleine auf Achse und habe in den darauffolgenden 15 Jahren den Grundstein für unser Vertriebsnetz aufgebaut.

Wann haben Sie Ihre Aufgaben geteilt: Leo Greiner die Finanzen und Kurt Scheuch die Technik?
Greiner: Das hat sich mit der Zeit automatisch so ergeben. Jeder macht eben das, was er besonders gut kann.

Heute dürfen wir doch offen auch mal über einen Tiefpunkt aus dem Jahre 1991 reden. Die ersten Lautsprecher der LDR-Serie wurden von einem externen Techniker mitentwickelt und hatten, wie ich damals selber feststellen konnte, ihre gravierenden Mängel. Wo lagen diese Probleme und wie habt Ihr diese damals gelöst?
Scheuch: Ach, da gab es viel zu tun. Mangelnde Belastbarkeit, fehlender Wirkungsgrad, zu wenig Impedanz usw. Aber schlussendlich haben wir es geschafft, die ersten Versionen umzubauen, so dass veritable und hervorragend klingende Lautsprecher daraus wurden. Es war allerdings nicht wenig Arbeit und wir waren auf die Loyalität unserer Händler angewiesen.

Neues Bändchen setzt Massstäbe

1993 wurde das Ur-Bädchen neu konstruiert – mit dem Namen LDR 2642.1993 wurde das Ur-Bädchen neu konstruiert – mit dem Namen LDR 2642.

Das erste Bändchen wurde bald neu konstruiert und kam dann 1993 als LDR 2642 auf den Markt. Worin bestanden die Verbesserungen in der Bauweise und in der Funktion?
Scheuch: Der LDR 2642 war der erste Bändchen-Hochtöner mit Neodymium als Magnetsystem. Dies ermöglichte einen enormen Wirkungsgrad, der es erlaubte, die Membrane zu bedämpfen, so dass das Klirrverhalten, die Belastbarkeit, die Linearität und die Bandbreite enorm verbessert werden konnten.

Im Jahre 1991 haben Sie das erste 2-Weg-Bändchen-System in den Boxentypen LDR 2.0 und LDR 6.0 auf den Markt gebracht. Was war die Idee dahinter? Bestand damals schon die Idee oder sogar die Möglichkeit, es in einer koaxialen Ausführung zu produzieren?
Scheuch: Die Idee war ein Zwei-Wege-Bändchen-System zu entwickeln, bei dem die akustischen Zentren möglichst nahe beieinanderliegen. Die Gedanken kreisten schon damals um ein koaxiales System, es liess sich zu dieser Zeit aber noch nicht herstellen.

Die Formen werden eleganter

1992 kam die ultraschlanke 6.2 mit Seitenwänden aus Stahl auf den Markt. Sie war mit einer Höhe von rund 1.9 m und 50 kg kein Leichtgewicht.1992 kam die ultraschlanke 6.2 mit Seitenwänden aus Stahl auf den Markt. Sie war mit einer Höhe von rund 1.9 m und 50 kg kein Leichtgewicht.

1992 haben Sie mit der LDR 6.2 die erste Piega-Box mit eleganten Stahlseitenwänden auf den Markt gebracht. Wieso Stahl und nicht Holz, wie bisher? Und wieso waren nur die Seitenteile aus Stahl?
Greiner: Die Chromstahl-Seitenteile waren damals ein Alleinstellungsmerkmal. Zudem passte dies aussergewöhnlich gut zu den speziellen Abmessungen der Lautsprecher. Dies passte in seiner Einzigartigkeit sehr gut zusammen.

Scheuch: Bei der LDR 6.2 war es das Ziel, mit möglichst geringer Grundfläche einen Lautsprecher zu bauen, der richtig Druck im Bassbereich machen konnte. Dazu kamen vier 18er-Bässe auf der Plattform zum Einsatz. Das war ein starker Antrieb, der so richtig loslegen konnte.

Genannt «S Tröpfli»: der Piega 4.2.Genannt «S Tröpfli»: der Piega 4.2.

Ein Jahr später, also im Jahre 1993, kam die LDR 4.2 auf den Markt, die allgemein wegen ihrer eleganten Tropfenform liebevoll «s Tröpfli» genannt wurde. War das Stahlgehäuse das einzig Neue und Besondere an diesem Lautsprecher? Und wie war der Verkaufserfolg?
Greiner: Die LDR 4.2 war sehr erfolgreich am Markt. Mit diesem Lautsprecher begann auch die Generation der Lautsprecher mit dem legendären LDR 2642, welchen wir fast 20 Jahre unverändert bauten.

Scheuch: Integriert waren hier ein 2.5-Wege-System mit hochdämpfendem 14er-Bass auf der Plattform. Das LDR-2642-Bändchen war in einer Time-Alignment-Position zurückversetzt. Das Gehäuse war eine MDF-Matrix mit seitlich aufgeklebten Chromstahlplatten plus Stahl-Topteil.

1997 kamen die ersten Piega-Lautsprecher mit Aluminiumgehäusen. Hier ein Surround-Set hoher Qualitätsklasse mit P4XL als Frontlautsprecher, P4C-Centerbox, P4L-Rear-Lautsprecher und dem Subwoofer P Sub1.1997 kamen die ersten Piega-Lautsprecher mit Aluminiumgehäusen. Hier ein Surround-Set hoher Qualitätsklasse mit P4XL als Frontlautsprecher, P4C-Centerbox, P4L-Rear-Lautsprecher und dem Subwoofer P Sub1.

Es dauerte noch vier Jahre bis 1997 die erste Boxenserie P4 mit Aluminiumgehäuse kam. In welchen Beziehungen war das ein Fortschritt und wie gross war der kommerzielle Erfolg?
Scheuch: Mit dem Fertigungsverfahren des Aluminium-Strangpresse-Profils konnten wir unsere Gehäuse in jeder Hinsicht optimieren. Aluminium ist ein idealer Gehäusewerkstoff, und mit dem Pressen sind akustisch ideale Formen möglich. Der kommerzielle Erfolg war hocherfreulich.

Von der High-End-Gilde weltweit akzeptiert

1997: P8LTD – von den High-Endlern geliebt und anerkannt.1997: P8LTD – von den High-Endlern geliebt und anerkannt.

Die Alu-Piega-Lautsprecher mit ihren eleganten, schlanken Formen wurden von den eingefleischten High-End-Freaks damals belächelt und als «Design-Lautsprecher» betitelt. Welches war der erste, von den High-End-Leuten voll und ganz akzeptierte audiophile Wurf von Piega? Wann erschien er auf dem Markt und durch was zeichnete er sich aus?
Greiner: Die P8LTD war der erste Lautsprecher, der in Hi-End-Kreisen grosse Akzeptanz fand. Dies vermutlich nicht mal wegen seiner sehr guten Eigenschaften, sondern eher, weil er eben aussah, wie man sich normalerweise einen Hi-End-Lautsprecher vorstellt.
Scheuch: Die technischen Besonderheiten waren sowohl ein Bändchen-Mitteltöner als auch ein Bändchen im Hochtonbereich. Die übrigen Komponenten waren natürlich auch von höchster Güte.

Die Herstellung des koaxialen Bändchensystems ist extrem heikel. Unser Bild zeigt die komplexe Spannvorrichtung, mit welcher die Membrane hochpräzise in das Magnetsystem montiert wird.Die Herstellung des koaxialen Bändchensystems ist extrem heikel. Unser Bild zeigt die komplexe Spannvorrichtung, mit welcher die Membrane hochpräzise in das Magnetsystem montiert wird.

Kam der Gedanke an ein koaxiales Mittel-Hochtonbändchen in einer schlaflosen Minute oder reifte diese Idee über Jahre?
Scheuch: Wie so vieles reifte das über einen längeren Zeitraum. Man muss auch sehen, es brauchte Fertigungsverfahren, die nicht schon seit ewig vorhanden waren. Alles braucht seine Zeit …

Das koaxiale Mittel-Hochtonbändchen-System war sicher ein ganz wichtiger Meilenstein und ist immer noch weltweit einzigartig. Wie ich gehört habe, konnte und kann es nur von einem einzigen Mann bei Piega hergestellt werden. Wer ist das und worin besteht seine extrem anspruchsvolle Arbeit?
Scheuch: Es sind zwei Leute, die die koaxialen Systeme in Serie herstellen können. Jasmine Keller und Mario Ballabio machen dies nun schon seit Jahrzehnten. Da eine Null-Fehler-Toleranz bei der ganzen Herstellung zwingend erforderlich ist, muss mit der gebotenen Ernsthaftigkeit gearbeitet werden. Das ist nicht für jeden Menschen möglich.

Gab es in der Produktion dieses Systems auch mal Probleme, zum Beispiel mit dem Leim, der die extrem kräftigen Magnetstäbe an Ort und Stelle halten muss?
Greiner: Wir hatten in der Vergangenheit das Problem, dass in einer Serie Magnetstäbe nicht korrekt verklebt waren. Dies haben wir aber natürlich sehr kulant und schnell bei den betroffenen Lautsprechern in Ordnung gebracht.

Anno 2000: Der erste Lautsprecher mit Aluminiumgehäuse und koaxialem Bändchen-System, der von der High-End-Gilde voll anerkannt wurde, war die C 40.Anno 2000: Der erste Lautsprecher mit Aluminiumgehäuse und koaxialem Bändchen-System, der von der High-End-Gilde voll anerkannt wurde, war die C 40.

Dipolstrahler: Mitten in der Musik

Die P8 LTD war eine Holzbox. Viele Leute waren damals (und sind heute noch!) der irrigen Ansicht, dass Boxen mit Holzgehäuse wärmer klängen als die «kalt klingenden» Alu-Boxen. Wann kam die erste, von den High-Endlern anerkannte Alu-Box, wie war sie bestückt und was kostete sie?

Scheuch: Ich denke, mit der C40 haben wir den ersten Aluminium-Lautsprecher gebracht, der weltweit von allen Audiophilen mit Achtung und Respekt zur Kenntnis genommen wurde. Damals bei ihrem Erscheinen im Jahre 2000 kostete das Paar 40'000 Franken. Die C 40 war auch die erste Box mit dem grossen koaxialen Bändchen-System.

Eure Boxen wurden ab und zu mit Bass-Chassis mit Alu-Membranen, dann wieder mit Kunststoffmembranen ausgerüstet. Weshalb dieser Wechsel? Wo liegen die Vor- und Nachteile der Alu-Membranen?

Scheuch: Das Membranmaterial, das nur Vorteile hat, gibt es nicht. Wir verwenden je nach Anwendung und geforderten Eigenschaften unterschiedliche Membranmaterialien. Das lässt sich aber auch auf andere Komponenten eines Lautsprechers übertragen. Die Konstruktion muss einfach optimal und auf das Einsatzgebiet ausgerichtet sein.

2009: Der erste wirkliche Dipolstrahler war die Master One, deren koaxiales Bändchen-System gleichermassen nach vorne und hinten abstrahlte.2009: Der erste wirkliche Dipolstrahler war die Master One, deren koaxiales Bändchen-System gleichermassen nach vorne und hinten abstrahlte.

Mit Dipolstrahler haben Sie schon im Jahre 1997 bei den P10-Boxen experimentiert, bei welchen auf den Rückseiten je ein Hochtöner montiert war. Doch der erste wirkliche Dipolstrahler kam erst 2009 in Form der Master One auf den Markt. Was ist die Idee, die hinter dem Dipolstrahler steckt?
Greiner: Der Dipol hat natürlich den besonderen Reiz, ein sehr emotionales Klangbild zu erzeugen, bei dem man mitten in der Musik ist. Wenn es von der Aufstellung her passt, ist dies eine sehr attraktive Variante.

Bei der Master Line Source (MLS) verwirklichte Kurt Scheuch seine kühnsten Träume. Hinter dem Panel zu sehen: Daniel Rayman, seit 1998 bei Piega arbeitet und inzwischen zur rechten Hand von Kurt Scheuch geworden ist.Bei der Master Line Source (MLS) verwirklichte Kurt Scheuch seine kühnsten Träume. Hinter dem Panel zu sehen: Daniel Rayman, seit 1998 bei Piega arbeitet und inzwischen zur rechten Hand von Kurt Scheuch geworden ist.

Der ultimative Dipolstrahler kam bekanntlich im Jahre 2014 als Master Line Source (MLS) auf den Markt und kostete satte 200'000 Franken das Paar. Haben Sie, Herr Scheuch, ganz einfach die damalige Infinity IRS aus dem Jahre 1988 kopiert oder stecken auch eigene Ideen dahinter?
Scheuch: Die IRS war ein sehr interessanter Lautsprecher, aber natürlich mit einer vergleichsweise steinzeitlichen Technologie. Mich reizte die Frage, was kommt dabei heraus, wenn wir einen grossflächigen Bändchen-Dipol gemäss dem Stand der Technik aufbauen. Gemeinsamkeiten haben die IRS und die MLS aber keine.

Weshalb haben Sie, Herr Greiner, als Finanzchef diesem kostspieligen Monster-Projekt grünes Licht gegeben? Hätte das finanziell nicht ins Auge gehen können?
Greiner: Da unsere Entwicklung sehr Kosteneffizient arbeitet, waren die meisten Aufwände in der Arbeitszeit zu finden. Der Aufwand für Prototypen war sicherlich höher als bei «normalen» Lautsprechern, war aber durchaus zu finanzieren.

Durch Erfahrung lernen

Der Markt in Fernost verlangte grosse Boxen mit Holzgehäusen, was nicht unbedingt der Piega-Philosophie entsprach. Piega lässt diese Serie nach relativ kurzer Zeit auslaufen.Der Markt in Fernost verlangte grosse Boxen mit Holzgehäusen, was nicht unbedingt der Piega-Philosophie entsprach. Piega lässt diese Serie nach relativ kurzer Zeit auslaufen.

Der Markt in Fernost verlangte nach grossen Boxen mit Holzgehäusen. So brachte Piega 2014 die Classic-Serie auf den Markt, deren Produktion jedoch relativ rasch wieder eingestellt wurde. Tatsache war, dass die zur gleichen Zeit von Piega produzierten Alu-Lautsprecher zwar etwas teurer, dafür deutlich kompakter und in Bezug auf ihr Volumen klar besser waren. Was sind heute Ihre Gedanken über diese Eskapade?
Greiner: Bekanntlich lernt man durch Erfahrung. Dies hat uns gezeigt, dass wir eigentlich nur das bauen sollten, was wir selber auch favorisieren. Natürlich gelangen immer von den weltweiten Vertrieben Wünsche an uns, was sie alles im Sortiment haben möchten. In wenigen Fällen mag dies ja auch passen, aber meist ist es besser, wenn wir unserer Linie treu bleiben.

Zwischen Bändchen und Kalotte

Die Classic-Series-Boxen Classic 7.0, Classic 5.0, Classic 3.0 und Classic Center Large sind mit AMT-Hochtönern ausgestattet, die qualitativ zwischen Kalotten und LDR-Bändchen liegen sollen.Die Classic-Series-Boxen Classic 7.0, Classic 5.0, Classic 3.0 und Classic Center Large sind mit AMT-Hochtönern ausgestattet, die qualitativ zwischen Kalotten und LDR-Bändchen liegen sollen.

Im Jahre 2015 kamen die ersten Piega-Lautsprecher mit dem AMT-Hochtöner auf den Markt. Das sehr preisgünstige Chassis, das ursprünglich von Dr. Oskar Heil konstruiert und nun in China produziert wird, wird bekanntlich von gewissen deutschen High-End-Herstellern in teuren Boxen verbaut. Weshalb nimmt dieses Chassis bei Piega lediglich eine etwas untergeordnete Position zwischen Bändchen und Kalotten bei preisgünstigen Boxen ein?
Scheuch: Unser AMT-Hochtöner hat einige wesentliche Bändchen-typische Eigenschaften und glänzt durch ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. In Summe also geradezu ideal für unsere Einsteigermodelle. Natürlich bleibt der Respektabstand zum LDR aber erhalten. Während die grossen Modelle der Classic-Serie wie schon erwähnt auslaufen, verkaufen sich die Classic 3.0 bis 7.0 als Einsteiger-Lautsprecher für Freunde des klassischen Holzlautsprechers sehr gut.

Optimierung des rückwärtigen Schalls

Die rückseitig angebrachten Lamellen sollen die rückwärts abgestrahlten Schallwellen so beeinflussen, dass eine wandnahe Aufstellung möglich ist.Die rückseitig angebrachten Lamellen sollen die rückwärts abgestrahlten Schallwellen so beeinflussen, dass eine wandnahe Aufstellung möglich ist.

Der im Jahre 2016 lancierten MLS 2 wurde eine rückseitig angebrachte akustische Linse spendiert. Was bewirkt diese Lamellen-Konstruktion?
Scheuch: Die Akustiklinse transformiert den rückwärtig abgestrahlten Schall von einer kohärenten Wellenfront zu einem diffusen Schallfeld. Dies erlaubt es, den Lautsprecher (was für ein Dipol untypisch ist) wandbezogen aufzustellen.

Coax der 2. Generation plus TIM

Den Boxen Coax 711, Coax 511 und Coax 311 wurden die Coax-Systeme der 2. Generation spendiert. Die Gehäuse wurden mit TIM frei von unerwünschten Vibrationen gemacht.Den Boxen Coax 711, Coax 511 und Coax 311 wurden die Coax-Systeme der 2. Generation spendiert. Die Gehäuse wurden mit TIM frei von unerwünschten Vibrationen gemacht.

2017 brachte Piega die 2. Generation der Coax-Serie auf den Markt (siehe Test «Klangschönheit und Präzision»), deren Coax-Bändchen nochmals verbessert wurden und deren Gehäuse mit den TIM bestückt wurden. Somit wurden sie erstmals praktisch frei von Gehäusevibrationen. Wurden diese deutlich hörbaren Fortschritte von den Fachleuten und Konsumenten gebührend gewürdigt?
Greiner: Bei der neuen Generation der Coax-Modelle war der Qualitätssprung in der Tat unüblich gross. Entsprechend wurde dies auch von den Kunden gewürdigt, die Verkaufszahlen sind sehr erfreulich.

Abschliessende Gedanken

Zwischen dem ersten Bändchen aus dem Jahr 1987 und dem Coax der 2. Generation stehen 30 Jahre Erfahrung in der Konstruktion und im Bau von Bändchen-Systemen.Zwischen dem ersten Bändchen aus dem Jahr 1987 und dem Coax der 2. Generation stehen 30 Jahre Erfahrung in der Konstruktion und im Bau von Bändchen-Systemen.

Herr Scheuch, werden Sie auch in Zukunft der Firma Piega mit ihren Visionen zur Verfügung stehen?
Scheuch: Ich denke, dass mir auch in Zukunft noch ein paar Projekte einfallen werden. Diese dann aber auch selbst umzusetzen, wird aber nicht mehr nötig sein.

Herr Greiner, weshalb hat Piega seit rund 30 Jahren auch schwierige Zeiten problemlos gemeistert?
Greiner: Ich denke, wir versuchen immer authentisch zu sein und möchten unseren Kunden einen reellen Gegenwert für den Kaufpreis bieten. Die Kunden merken dies sehr wohl und halten deshalb wohl auch treu zu unserer Marke.

avguide.ch: Ganz herzlichen Dank für das spannende und sehr aufschlussreiche Gespräch!



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