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Nubert ist da!

Highlights trotz Rückschlag

Publiziert am 04. Oktober 2016 - Lothar Brandt
Präsenz: Schon auf der High End Swiss 2013 war Nubert mit starken Vorführungen vor Ort. (Bild: lbr)Präsenz: Schon auf der High End Swiss 2013 war Nubert mit starken Vorführungen vor Ort. (Bild: lbr)

Das turnusmässige Gespräch mit Roland Spiegler sollte rasch die Sphäre fröhlichen Smalltalks verlassen. Der stellvertretende Geschäftsführer der Firma Nubert hatte schliesslich nichts Lustiges zu erzählen. Im Gegenteil: Während der schweren Frühjahrsunwetter, die Südwestdeutschland 2016 heimsuchten, hatten am 29. Mai unerahnte Wasser- und Schlammmassen ausgerechnet den Stadtteil des beschaulichen Schwäbisch Gmünd heimgesucht, in dem der Mittelständler seine Zentrale mit einem imposanten Ladengeschäft und sein Lager betreibt.

Die Flut sorgte für den sprichwörtlichen Schlag ins Kontor, den "schwärzesten Tag in der nuHistory". Dem Schicksal zum Trotz: Gerade einmal vier Wochen nach der Flut feierte man bei Nubert Richtfest im grossen Entwicklungs- und Vertriebszentrum, das man im Frühjahr 2017 beziehen wird.

Viel gab es da nicht mehr zu retten. Unwetterschäden im Nubert Lager (Bild Nubert)Viel gab es da nicht mehr zu retten. Unwetterschäden im Nubert Lager (Bild Nubert)

Ärmel hoch – auf zur Messe

Denn Nubert wäre nicht Nubert, wenn man nicht schnellstens die gleichsam sprichwörtlichen Ärmel hochgekrempelt und sich sofort ans Aufräumen gemacht hätte. Roland Spiegler: "Ich will den Schweizer oder deutschen Kunden nichts vorjammern. Wir haben schon etliche herbe Herausforderungen gemeistert!" Und so kann er avguide.ch zuversichtlich avisieren: Zur High End Swiss kommt Nubert natürlich – und bringt viel Interessantes mit. Spiegler: "Für uns als Direktversender bedeutet der Schweizer Markt viel – zumal unsere Schweizer Kunden selbstverständlich auch in den Genuss aller Nubert-Vorteile wie volles Rückgaberecht und individuelle Telefonberatung kommen."

Die Messepräsenz bedeutet auch, die Schweizer Konsumenten können sich selber einen Eindruck verschaffen von der hochgelobten Produktpalette – bei den deutschen Kollegen von "AUDIO" und "Stereoplay" wurde man dieses Jahr sogar "Brand of the Year": In Regensdorf stehen anno 2016 etwa die ganz vorzüglichen Verstärker-Kombinationen nuControl/nuPowerD, die avguide.ch bereits getestet hat. Oder die neuen Lautsprecher der nuVero-Reihe. Oder die feinen Aktivboxen nuPro A-700, die avguide.ch im Vorfeld schon einmal etwas intensiver anschauen und anhören durfte.

Aktivposten

Die nuPro A-700 geriert sich nahezu wie ein professioneller Abhörmonitor, so verzerrungs- und verfärbungsfrei reproduzierte sie Stimmen und Instrumente.Die nuPro A-700 geriert sich nahezu wie ein professioneller Abhörmonitor, so verzerrungs- und verfärbungsfrei reproduzierte sie Stimmen und Instrumente.

Die aktive Standbox (31 x 115 x 34) ist das Flaggschiff der Pro-Serie und eine konsequente Weiterentwicklung der erfolgreichen Kompaktbox A-300 mit den bewährten Ingredienzien.

Zum Beispiel die Eingänge mit einem Cinch fürs Analoge und je einem TOSLink, S/PDIF-Coax und USB fürs Digitale. Auch die Seidenkalotte für den Hochton oder der 18-Zoll-Polypropylen-Mitteltöner (in der A-300 noch Tiefmitteltöner) kennen wir von der "Kleinen". Unterhalb von 180 Hertz sollen in der "Grossen" zwei von einer 300-Watt-Schaltendstufe befeuerte Bässe für den nötigen Druck sorgen.

Die Aufteilung der Wege sowie die Entzerrung übernehmen eigens programmierte DSP-Schaltkreise. Per Fernbedienung können Bässe und Höhen sogar noch etwas den örtlichen Gegebenheiten angepasst werden (Ortsentzerrung). Das in Weiss oder Schwarz lieferbare Boxenpaar funktioniert nach Master (links) und Slave (rechts), wobei jedoch beide voll aktiv arbeiten (also nicht aktiver Master und passiver Slave).

Schon der Messtest attestierte typische Nubert-Eigenschaften wie einen vorbildlich linearen Frequenzverlauf in den Mitten, der Verfärbungen keinerlei Chancen gibt. Das bestätigte der Hörtest: Die nuPro A-700 geriert sich nahezu wie ein professioneller Abhörmonitor, so verzerrungs- und verfärbungsfrei reproduzierte sie Stimmen und Instrumente. Erst bei extremen Pegeln signalisierte der Bassbereich Überlastung, was aber die bis in hohe Lautstärken extrem sauberen Impulse mehr als wettmachten. Für den avisierten Preis von 2530 Euro, also rund 2800 Franken plus Versand, können auch Schweizer hier ein ultrapräzises, ultraneutrales Lautsprecherpaar erwerben. Eben "ehrliche Lautsprecher", wie der firmeneigene Claim verspricht.

Geschichte

Günther Nubert, Entwicklungsleiter: Günther Nubert, Entwicklungsleiter: "Wir wollen ehrliche Lautsprecher bauen – also sehr gute, der Neutralität verpflichtete Boxen ohne Schnickschnack."

Ehrlich währt am längsten. Oder doch zumindest sehr lang. Als offizielles Gründungsjahr der Nubert Electronic GmbH ist das Jahr 1975 eingetragen. Mithin vor über 40 Jahren – ein paar Jugendjahre Bastelei in der Garage nicht dazugerechnet – begann Günther Nubert damit, professionell Lautsprecher zu konzipieren, zu berechnen und zu bauen. Also in einer Zeit, als es das Internet und damit avguide.ch noch nicht gab, Computer allenfalls in gewaltigen Dimensionen aus heutiger Sicht geradezu lächerliche Rechenleistungen vollbrachten, inzwischen selbstverständliche Hilfsmittel wie Laser-Interferometrie, Frequenzweichensimulation oder kalibrierte Mess-Systeme mit Ausdruck in Echtzeit tatsächlich noch Zukunftsmusik waren.

Team und Work

Markus Pedal ist Entwicklungsingenieur Elektronik, Christoph Meiler und Thomas Bien sind beide Entwicklungsingenieure Lautsprecher. Markus Pedal ist Entwicklungsingenieur Elektronik, Christoph Meiler und Thomas Bien sind beide Entwicklungsingenieure Lautsprecher.

Heute zählt Nubert zu den grossen Spielern im deutschen Lautsprechermarkt. Günther Nubert hat zwar immer noch die Pflichtenhefte fest im Griff, die Messprotokolle fest im Blick und die Ohren immer fest an der Front. Doch hat er sich längst mit einem Entwicklerteam umgeben: Thomas Bien und Christoph Meiler tüfteln intensiv an den Lautsprechern, Markus Pedal kümmert sich um die Elektronik. Denn intelligente Regelungs- und Verstärkertechnik hat seit langem Einzug gehalten in die von Nubert propagierten "ehrlichen" Lautsprecher.

Noch im Jubiläumsjahr 2015 landete die Manufaktur mit dem hohen Anspruch und den niedrigen Preisen einen weiteren Coup. Der Klangmanager/Vorverstärker nuControl zeigte im Test in avguide.ch seine Vielseitigkeit und klangliche Klasse. Da hat ein Unternehmen nicht einfach irgendwelche Verstärker auf dem Weltmarkt zusammengekauft, sondern mit viel Ehrgeiz eigene Schaltungstechnik verwirklicht und Algorithmen im Digital Signal Processing programmiert. Fast schon typisch für Nubert: Einige davon stammen aus dem früheren Projekt "DXD-Modul" zur Optimierung von Subwoofer-Satellitensystemen mit zwei Subwoofern.

Doch auch ohne Aktiv-Unterstützung setzen Nubert, Bien und Meiler beachtlichen Ehrgeiz in möglichst glatte Frequenzgänge ohne effektheischende Betonung von Höhen oder Bässen. Die sind eine wichtige Voraussetzung für ehrliche, klangfarbentreue Wiedergabe. Massvolle Anpassung an die Geschmäcker und Räume der Kundschaft mit Schaltern zur Unterstützung bestimmter Frequenzbereiche gehört sozusagen zum Service.

Und dennoch bleibt die Entwicklung ständig "work in progress" – zufrieden ist man in Schwäbisch Gmünd eigentlich nur temporär. Wenn es noch einen Tick gradliniger im Frequenzgang geht und wenn doch noch die eine oder andere Phasenabweichung oder eine minimale Gehäuseresonanz sich endgültig ausmerzen lassen, geht es ans verbessernde Werk.

Forum und Community

Aus guter Familie: Die nuBox-Modellreihe.Aus guter Familie: Die nuBox-Modellreihe.

Sehr früh schon setzte man bei Nubert auf das Internet als Verkaufsplattform, aber auch als Informations- und Meinungsforum. Auch wer kein Nubert-Fan ist, es möglicherweise sogar gar nicht werden will, wird beeindruckt sein von Günther Nuberts Kompendium "Technik satt", das man auf der Homepage downloaden kann.

Technisch Interessierte finden hier jede Menge Hintergrundwissen, Zusammenhänge und nicht zuletzt Informationen zu aktuellen Überarbeitungen. Dass Mastermind Günther Nubert in diesem Terrain sogar auf Rückfragen antwortet, kann nur als vorbildlich gelten.

Im nuForum wiederum findet sich eine geradezu schwindelerregende Themen- und Beitragsfülle. Allein zum Thema "Subwoofer" – das hier nur als ein Beispiel – finden sich am Tag der Abfassung dieses Porträts stolze 2891 Themen mit 46'820 Beiträgen. Zu "Hifi Stereo" gibt’s 6000 Themen und 122'305 Beiträge... Gesamtzahl: 8429 Themen und 871'571 Beiträge – da dürfte dann wirklich für jeden, der gern Musik hört, etwas dabei sein.

Natürlich tummeln sich hier überwiegend Nubert-Fans, die dies vor allem wegen des exzellenten Preis-Leistungs-Verhältnisses ihrer Lieblinge wurden.

Handel und Direktvertrieb

Elektronik: Die Vor-End-Verstärker-Kombination nuControl/nuPower D machte mächtig Furore. (Bild: Nubert)Elektronik: Die Vor-End-Verstärker-Kombination nuControl/nuPower D machte mächtig Furore. (Bild: Nubert)

Ein Grund für die attraktiven Preise trotz edler Bauteile und einem nach wie vor hohen Anteil "Made in Germany" ist sicher die Umgehung der sogenannten Handelsspanne. Also dem Teil der Kosten, die üblicherweise für den HiFi-Händler des Vertrauens draufgehen. Das allfällige Argument "Die kann man sich ja nicht mal anhören" unterläuft man unter anderem mit grosszügigen Rückgaberechten zum Vorteil der Kunden.

Nubert hat allerdings auch reichlich Erfahrung als klassischer HiFi-Händler. Es begann 1977 mit einem kleinen Studio. Es waren die goldenen Jahre der High Fidelity – und das Geschäft florierte. Heute findet der Kunde in Schwäbisch Gmünd und Aalen – östlich von Stuttgart – auf jeweils 1000 Quadratmetern eine grosse Auswahl an Unterhaltungselektronik und natürlich die Hörstudios zum ausgiebigen Testen der Nubert-Produkte.

Das Entwickeln und Bauen von Lautsprechern für Wohnzimmer und Auto lief in den Anfangsjahren quasi nebenher – und die Suche nach einem Vertrieb ins Leere.

1995, also vor etwas über 20 Jahren, startete man konsequent mit dem deutschlandweiten Direktvertrieb. Die Kunden bestellen unter Umgehung des Handels die Lautsprecher ab Werk per Direktversand. Da waren die silbernen Jahre der High Fidelity, begonnen mit dem Siegeszug der CD, auch fast schon wieder vorbei. Doch für die kleine Firma Nubert begann eine Erfolgsgeschichte. Einen Dämpfer wie eine Überschwemmung wird man da schon auch noch überstehen.

Onlinelink:
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