Alles, was es braucht
Test des Thorens-Plattenspielers TD 206

Das vormals schweizerische Unternehmen Thorens ist seit 1967 in Deutschland domiziliert und nach zwei Besitzerwechseln ein bedeutender Hersteller für hochwertige Plattenspieler, Tonarme und Zubehör. Die lange Firmengeschichte von Thorens aus St. Croix hat nicht bloss dazu geführt, dass man die bekannte Marke noch immer antrifft. Thorens steht heute mit Recht auch für ihr Know-how in diesem Bereich über Jahrzehnte.
Der TD 206 ist für 1270 CHF ein Gerät für den (Wieder)-Einsteiger, der sich «Luft nach oben» wünscht. Das Laufwerk und der TP-90-Tonarm, eine Thorens-Eigenentwicklung, sind entwicklungsfähig. Der Tonabnehmer TAS 267 MM des TD 206, baugleich mit dem bewährten AT-985B von Audio Technica, ist keineswegs das Ende der Fahnenenstange, aber eine solide Grundausstattung. Damit kann man beginnen.
Hochwertigere und entsprechend kostspielige Tonabnehmer sind aber beim TD 206 eine gute Investition, weil die klanglichen Verbesserungen durch Antrieb und Plattenteller getragen werden. In unserem Praxis-Test haben wir uns aber mit dem Standard-Tonabnehmer auseinandergesetzt – dies in der Absicht, die Qualität des TD 206 und des TP 90 ins Zentrum zu stellen.
Der erste Eindruck des TD 206 ist der eines klassischen Plattenspielers mit einer Klapphaube aus Plexiglas und einer zeitlosen Formensprache. Die Bedienung ist einfach: Es gibt zwei Geschwindigkeiten und einen manuellen Tonarm mit Lift. Betrieben wird der TD 206 entweder mit zugeklappter Haube oder mit komplett abgenommener Haube. Der Betrieb im aufgeklappten Zustand ist nicht empfehlenswert. Die Haube wirkt aufgeklappt wie ein Schallverstärker.
Die Stromversorgung ist ein ausgelagertes Stecker-Netzteil. Das Verbindungskabel zum Verstärker ist nicht fest mit dem Plattenspieler verbunden, sondern steckbar über hochwertige RCA, oder Cinch-Stecker. Das recht hochwertige, mitgelieferte Kabel kann also auch getauscht werden.

Antrieb und Plattenteller

Der TD 206 arbeitet mit einem geregelten DC-Motor (Gleichstrom-Motor), dessen Feinanpassung der Drehzahl mit je einem kleinen Potentiometer (für die beiden Drehzahlen) auf der Unterseite fein justiert werden kann. Dafür braucht es nur einen Schraubenzieher und eine Stroboskopscheibe. Bevor man sich mit der Feinjustage befasst, sollte man den Plattenspieler ein paar Stunden einlaufen lassen.
Das Tellerlager ist von der Unterseite zugänglich, aber das braucht die Benutzer nicht zu kümmern. Das Tellerlager ist gut von der Zarge entkoppelt, und zwar durch Einfräsungen in der Zarge, die bogenförmig vom Zentrum gegen aussen laufen. Dies ist nur von unten sichtbar. Diese Unterbrechungen der Zargenplatte dämpfen allfällige Schwingungen, die von der Zarge ausgehend auf das Tellerlager wirken könnten.

Der DC-Motor ist in eine Art Zentrierspinne aus hartem Stoff eingespannt, damit sich Motor-Vibrationen nicht auf die Zarge übertragen. Das Ganze ist exzentrisch in einen drehbaren Kunststoffring eingebaut. Man braucht bloss eine Schraube zu lösen, um das Teil zu drehen. Damit kann man die Spannung des Flachriemens zum Subteller verändern. Das ist praktisch, wenn die Spannung des Riemens über die Jahre etwas nachgelassen hat. Zudem bietet es vielleicht eine Möglichkeit des Klangtunings, wer weiss.
Der Plattenteller des TD 206 ist relativ leicht, und dennoch scheint die Masse dort zu sein, wo sie sein soll. Der Teller besteht aus einer präzise gestanzten Aluplatte in einem umlaufenden Aluprofil, die mit einem massiven Gummiprofil ausgelegt ist. Als Auflage dient ein massiver Kunststoffteller, der wie eine ungeschnittene Schallplatte aussieht. Wer eine Tellermatte verwenden will, der beachte, dass sie nicht zu dick sein sollte, denn der Plattendorn ist etwas kurz.
Zugegeben, ich habe bei Plattenspielerlaufwerken dieser Preisklasse schon edlere Plattenteller gesehen, zum Beispiel solche mit einem Glasteller oder mit einem aus dem Vollen gedrehten Aluteller, doch das ist im Endeffekt nicht das Entscheidende.

Tonarm und Tonabnehmer

Der Tonarm des Thorens TP 90 ist ein 3-Punkt-gelagerter Drehtonarm einfacher Bauweise. Er ist auch einfach zu justieren. Sehr clever ist das Headshell: Man kann den Tonabnehmer zuerst an das Headshell schrauben, dann die vier Leiter anstecken und das Headshell dann mit einer Schraube am Tonarm festzurren. Er lässt sich so auch um ein paar Millimeter in die richtige Position verschieben, um den korrekten Überhang einzustellen. Dafür liegt eine Schablone bei.
Das gerade Tonarmrohr verfügt über einen Ring, der Tonarmresonanzen vorbeugt und zur mittleren Masse des Arms einen wichtigen Beitrag leistet. Auffällig ist die Position des Gegengewichts. Dieses befindet sich nicht wie in den meisten Fällen auf der Tonarmachse, sondern unterhalb, exakt beim vertikalen Drehpunkt. Da wurde getüftelt, denn nach Aussage von Thorens brachte es einen Klanggewinn, die Achse des Gegengewichts auf die Höhe des Abtast-Diamanten zu legen. Zudem konnte mit der geringeren Gesamthöhe des Tonarms die Höhe der Haube verkleinert werden. Der TD 206 wirkt daher flach und gewinnt an Eleganz.
Das Gegengewicht hat keine Skala. Die korrekte Auflagekraft wird mittels einer Tonarmwaage eingestellt. Eine einfache und zweckmässige Waage ist im Lieferumfang enthalten. Auch die Antiskating-Einstellung ist nicht skaliert. Das Rädchen ist praktisch zu bedienen, aber ohne Messschallplatte bringt das wenig.
Umständlich ist die Einstellung des VTA bzw. der Parallelität des Tonarms über der Schallplatte, gegebenenfalls geschieht dies durch Anheben oder Absenken des Tonarms. Das ist je nach Konstruktion und Abmessungen des verwendeten Tonabnehmers oder auch bei Verwendung einer dicken Tellermatte nötig. Dafür muss man den Arm von unten lösen und auf der Oberseite mit einem oder mehreren Einstellplättchen unterlegen, bevor man die Schrauben wieder anzieht.
Antiskating ist ohnehin rudimentär, weil die zu kompensierende Skatingkraft eine dynamische Komponente aufweist, also von der Dynamik oder Modulation der Rille abhängt. Die Antiskating-Kraft ist mit den üblichen Vorrichtungen aber immer eine statische Kraft. Folglich endet man immer in einer Überkompensation oder einer Unterkompensation – je nach Dynamik der jeweiligen Passage auf der Schallplatte. Versuchen Sie es einmal ohne oder mit sehr wenig Antiskating.

Hörtest

Die «Teststrecke» bestand aus dem Aria-Phono-Vorverstärker von REGA, dem Kii-Three-BXT-System und als «Quasi-Referenz» spielte ein Blackbird-Laufwerk von Dr. Feickert Analogue mit einem Kuzma-Tonarm und einer Lyra Delos MC als Vergleich.
Der TAS-267-MM-Tonabnehmer des TD 206, baugleich mit dem bewährten AT-985B von Audio Technica, erstaunte mich am TP-90-Tonarm. Die erwarteten Defizite gegenüber einem sehr guten MC-Tonabnehmer wie dem Delos hielten sich in Grenzen. Auflösung und Feindynamik waren zwar sehr unterschiedlich, aber dennoch wurden die Qualitäten des TD 206 mit dem TAS 267 nachvollziehbar.
Er bot insgesamt eine sehr anständige Vorstellung mit geräumiger Klangbühne, sehr guter Homogenität und gutem Timing. Er liess die Musik fliessen und man spürte ein gutes Zusammenspiel der Komponenten. Details und Feinzeichnung liessen (eindeutig) Tonabnehmer-bedingt etwas zu Wünschen übrig. Bei diesem Plattenspieler fiel mir immer wieder von Neuem eine Art innere Ruhe auf. Er spielte nicht so spektakulär auf, aber stets im Lot.
Fazit

Der TD 206 klingt bereits in der Grundausführung ohne Verbesserung bei der Tonzelle wesentlich teurer, als er ist, und zeigt plusminus das Machbare in der Kategorie «Brett-Plattenspieler» (der Ausdruck stammt nicht von mir). Er lässt bei vielen konstruktiven Details, zum Beispiel bei der Motoraufhängung, auf seine Ahnengalerie durchblicken.
Es gibt ihn übrigens schon länger auf dem Markt, und nun aufgrund des 130-Jahre-Jubiläums von Thorens neu auch in zwei wunderschönen Holzvarianten: Makassar und Mahagony.
Der Thorens TD 206 ist ein guter, preiswürdiger Plattenspieler für den ambitionierten Vinyl-Einsteiger. Es ist ein Gerät, das seine Qualitäten nicht auffällig zur Schau stellt. Der Plattenspieler strahlt seine Ruhe sowohl optisch als auch musikalisch aus. Mit einem besseren MM-System (oder auch MC), welches mit der mittleren Masse des klugen TP-90-Tonarms gut zurechtkommt, wird er bestimmt noch deutlich mehr seines Potenzials ausspielen können.
Diese zusätzliche Investition lohnt sich auf jeden Fall, doch zunächst kann man ihn einfach so wie er ist in Betrieb nehmen und sich wieder einmal dem Musikgenuss mit Vinyl hingeben.
Erzielbare Widergabequalität
Onlinelink:
https://avguide.ch/testbericht/alles-was-es-braucht-test-des-thorens-plattenspielers-td-206