Roon Core and more
Test: Streamer und Musikserver Rhein Z1 V2

Der in Guangdong (China) domizilierte Hersteller Thunder Data wird mit seiner Marke «Silent Angel» schon einige Zeit als Geheimtipp gehandelt. Silent Angel überzeugte uns bereits mit dem audiophilen Netzwerk-Switch Bonn N8 und dem dazu paarungsfähigen Linearnetzteil F1. Den Rhein Z1 V2 gibt es auch schon eine nicht allzu lange Weile und nun eben in der V2-Ausführung. Für 1749 CHF steht eine komfortable digitale Musikplattform als Server/Streamer zur Verfügung, die sage und schreibe sechs Anwendungen unterstützt. Ferner entfaltet sich aus der genial edlen Verpackung ein Gerät mit einer wunderbaren Anfassqualität.
Ich höre die Unken rufen. Nicht die, welche Netzwerk-basierende Musikquellen kategorisch verneinen, sondern jene, die denken, mit dem Motherboard von Intel sei es getan und alles, was darüber hinausgeht, sei audiophile Politur mit erfundenen Preisen. Gewiss lässt sich DIY-mässig sehr viel machen, mit genialem Preis-Leistungs-Verhältnis und einer enormen Befriedigung, es selbst geschafft zu haben. Dennoch bleibt der (berechtigte) Zweifel, dass es die neue Gattung der «Audiophile-Nerds» doch noch faustdick hinter den Ohren haben könnte. Die Produkte der Marke Silent Angel deuten darauf hin. Dazu schadet es keineswegs, dass der Hersteller nicht von altehrwürdigem High-End-Geblüt abstammt und sich preislich auf einer sehr vernünftigen Flugbahn bewegt.
Auch folgt Silent Angel einem zunehmend erkennbaren Trend von Herstellern, die wenigstens einen Teil ihrer Technologie auch den interessierten Selbstbauern (DIY) zugänglich zu machen. Das Audiograde-Betriebssystem VitOS von Silent Angel gibt es auch für Raspberry Pi4 Model B. Damit erschliesst sich auch Silent Angel eine aktive Community. Ähnliches kennt man von Roon (Rock), von PuriFi und einigen anderen.

Kühl und still
Der Rhein Z1 V2 bringt 6 Kilogramm auf die Waage und verdankt das einem soliden Gehäuse aus einer Aluminiumlegierung. So einfach ist es aber nicht: Die titulierte Stille ergibt sich aus einer Kühlung ohne Lüfter, einer geräuschlosen SSD (System) und einer optionalen SSD für Musikdaten, wobei die Stromversorgung der SSDs isoliert und in den SSDs integriert sind und somit keine Störungen emittieren. Dazu kommt ein EMI-Absorber, der hochfrequente Interferenzen eliminiert und ein speziell entwickeltes Motherboard mit isoliertem USB-Pfad und exzellenten Rausch- und Jitter-Werten. Das Temperaturmanagement ergibt sich aus einer Gehäusekonstruktion mit einer sehr soliden Deckplatte. Wärme steigt auf, und dort, wo sie ankommt, ist die Absorption am besten.
Ich würde meine Zweifel anbringen, ob das ein «Selbstbauer» so hinbekommt.
Dazu gesellen sich für mein Gusto zwei weitere «Qualitätsmerkmale»: Es gibt eine Einschalttaste und eine LED als Betriebsanzeige auf der Frontplatte. Man sieht auf einen Blick, ob das Ding läuft. Das Gehäuse kann zudem gut gereinigt werden, er ist keiner dieser Staubfänger mit unputzbarer Kühlkörper-Architektur.
Die Rückseite lässt nichts Aussergewöhnliches ins Auge springen. Es gibt zwei USB-2.0- und einen USB-3.0-Port für externe Speichermedien, einen gesonderten USB-2.0-Audioausgang und einen HDMI 1.4 für AV-Receiver sowie natürlich den Gigabit-LAN-Anschluss für die Verbindung zum Netzwerk. WiFi gibt es nicht. Integrierte WiFis sind wahre EMI-Schleudern. Der Rhein Z1 V2 kann optional mit einer SSD für die Musikspeicherung ausgerüstet werden. 1 TB oder 2 TB stehen zur Verfügung. Die SSDs sind Spezialtypen für Silent Angel und können nicht selbst eingebaut werden.
Das externe 12-VDC-Netzteil wirkt zwar konventionell, ist aber sehr hochwertig und mit 7A üppig überdimensioniert.


VitOS: geniales OS und App
Das VitOS Operating System glänzt in der Bedienung durch Einfachheit und Schnelligkeit. Mit Dual-Firmware-Funktion ausgerüstet, besteht keine Gefahr, dass während dem Update die Firmware versagt. Die vorherige Version wird erst gelöscht, wenn die aktuelle Version läuft. Weiter gibt es einen Network Accelerator für die Beschleunigung der Netzwerkprozesse und – ganz wichtig – einen dreistufigen USB Audio Optimizer, auf den ich besonders gespannt war.
Man setzt also die App in Gang und, vorausgesetzt der Server ist eingeschaltet, kommt alles spielerisch in die Gänge. Das USB-Interface, in meinem Fall Kii Control, wird zweifelsfrei erkannt und die verschiedenen Anwendungen breiten sich aus, um aktiviert zu werden. Es drängt sich auf, den Rhein Z1 V2 als Roon Server zu betreiben, so man denn Roon mag oder gar verehrt.
Dass man den Server als Roon Core verwenden kann, ist besonders cool. Es gibt nicht viele Musikserver/Streamer, welche diese Möglichkeit bieten. Die meisten Geräte «begnügen sich» mit der Roon-Ready- oder Endpoint-Anwendung. Vorteil des Roon Core: Sie brauchen keinen Core anderswo, zum Beispiel auf dem Computer im Netzwerk. Das hat nach meiner Erfahrung auch punkto Klangqualität Vorteile.
Spotify Connect erwartet man auf einem Musikserver/Streamer der audiophilen Welt nicht unbedingt. Seit Spotify ein Bekenntnis abgegeben hat, sich künftig auch mit Musik ohne digitale Kompression zu befassen, steigt die Akzeptanz der mit gehobenen Ansprüchen ausgestatteten Musikliebhaber. Dazu ist es überaus praktisch, wenn der Family-Liebling Spotify auch auf «His Masters Audio» funzt, und zwar ohne Umwege und Komplikationen.
Für die Qualitätsoffensive von Apple Music steht beim Rhein Z1 V2 Airplay 2 bereit. Egal, was sich in der Welt der Streamingdienste hinsichtlich HiFi und Hi-Res so tut, da scheinen ja gleich mehrere Dornröschen gleichzeitig zu erwachen. Mit dem Server von Silent Angel ist man dabei. Man bekommt mit den gebotenen Möglichkeiten wirklich jeden Streamingdienst auf irgendeine Art und Weise geliefert.
Dazu kann man mit dem DLNA Renderer hinsichtlich gespeicherter Musik auf Speichermedien im Netzwerk auch einiges anstellen. Es gibt also kaum eine Musiklieferantin, die mit dem Z1 nicht angezapft werden könnte.
Der Hersteller hat auch einen Internetradio-Tuner angekündigt, der per Software-Update verfügbar sein soll. Das ist zwar noch nicht so weit, aber was soll's? Roon (Tidal, Qobuz), Spotify, Apple Music via Airplay, TuneIn Radio via Airplay usw.: Es gibt noch und nöcher Internetradio schon jetzt auf dem Z1. No worries.
DSD und USB
Der Rhein Z1 V2 unterstützt natürlich alle PCM-Formate. Interessant sind die Varianten bei den DSD-Formaten: Wenn der vom Z1 angesteuerte DA-Wandler natives DSD unterstützt, dann vermag der Z1 bis zu DSD256 (oder 4-fach DSD) zu liefern. Falls der DA-Wandler DSD mittels DoP (DSD over PCM) unterstützt, dann geht «nur» DSD64 (1-fach DSD). Heisst: Im DoP-Modus werden DSD 128 und DSD 256 nicht unterstützt.
Der Rhein Z1 V2 verfügt über einen sogenannten USB-Optimizer. Es können drei Stufen gewählt werden. Es handelt sich beim Optimierungsprozess offensichtlich um eine nicht näher erklärte Software-Angelegenheit. Diese USB-«Pfeifenreiniger» sind mittlerweile recht verbreitet, aber in den meisten Fällen in Form separater Geräte. Wie auch immer die Wirkung beim Z1 zu erfahren sein wird, es ist positiv zu vermerken, dass der USB-Optimierer als Funktion integriert wurde.
Bei der Inbetriebnahme der verschiedenen Anwendungen erscheint vorbildlich ein Anwendungsfenster mit den erforderlichen Informationen. Die «musikalische» Bedienung des Servers passiert dann in Folge mit den jeweiligen GUIs von z. B. Roon oder Spotify, Apple Music und weiteren Streamingdiensten.
Beim Betrieb als Roon Server erscheint der Roon Core in den allgemeinen Einstellungen. Im Fenster der Musikwiedergabe erscheint der Server nicht. Dort sieht man den DA-Wandler bzw. das USB Interface.
Soundcheck
Die Testkette begann beim Bonn N8 Audio Network Switch derselben (Marke Silent Angel). Der N8 ist an dieser Position für die Netzwerkverbindung aller Audio- und AV-Geräte zuständig. Der USB-2.0-Audioausgang des Rhein Z1 V2 versorgte Kii Control, Hub und Kontrolleinheit des Lautsprechersystems Kii THREE BXT über ein standesgemäss hochwertiges USB-Kabel.
Zum Vergleich konnte ich zwei Musikserver heranziehen: Den Innuos Zenith MK3 mit Phoenix USB Re-Clocker und den Roon Nucleus. Alle drei Geräte funktionierten im Roon-Server-Betrieb als Roon Core. Auf diese Weise erschien mir der Vergleich fair. Die Geräte waren alle bereits mehrere Stunden vor dem Test in Betrieb. Da ich mit demselben Roon Account nicht alle Geräte parallel betreiben konnte, entstand zwischen den Vergleichen jeweils eine kurze Umstellungszeit.

Ich nahm zwei Tracks zur Hand: Einmal «Tell everybody I know» von Keb' Mo' aus seinem Debut-Album von 1994 und die Bach-Sonaten für Viola da Gamba von Marie Stockmarr Becker und Ilaria Macedonio. Beide Aufnahmen wurden als FLAC mit 24Bit/192kHz wiedergegeben.
Im ersten Durchgang interessierte mich die Wirkung des USB-Optimierers beim Rhein Z1 V2. Ich verglich in relativ kurzen Abständen die drei möglichen Einstellungen V01, V02 Stufe 1 und V02 Stufe 2. Dabei fielen mir keine hörbaren Unterschiede auf. Ich liess den Optimierer für weitere Vergleiche aber bei V02 Stufe 2 stehen. «Sicher ist sicher» kann hier als Devise gelten, denn High-End-Audio-Konsumenten kaufen Dinge oft nur, um auf Nummer sicher zu gehen und hören in Wirklichkeit gar keinen Unterschied.
Im Vergleich zum viermal teureren Innuos mit USB-Reclocker vermochte die Innous-Kombi stets ein wenig zu punkten. Keb' Mo' wirkte geringfügig intensiver und mitreissender und die Bach'schen Sonaten wirkten eine Spur aufgeräumter und entspannter. Ich hatte aber keinen Blindvergleich vor mir und bewegte mich durchaus in einer leicht diffusen Zone mit Gefahr von Vorurteilen. Im Vergleich mit dem aktuellen Nucleus von Roon, einem optisch und preislich sehr ähnlichen Gerät, hatte dann wiederum der Rhein Z1 V2 die Nase vorn – und zwar schon etwas auffälliger. Der Nucleus wirkte einfach etwas kühler und darüber hinaus funktioniert er ausschliesslich als Roon Server. Auch hier kein Blindvergleich.
Die Hin- und Herschalterei entspannte mich schliesslich und ich blieb eine Weile mit dem Rhein Z1 V2 sitzen. Ich kam zum Schluss, dass dieses Gerät meine Ansprüche eigentlich vollumfänglich abdeckt.
Fazit
Der Rhein Z1 V2 ist ein Streamer/Server mit einem genialen Anwendungsumfang, einer ausgezeichneten Software (VitOS) und einer in jedem Aspekt sehr sorgfältigen Bauweise. Man hat so ziemlich alles berücksichtigt, was möglich ist. Im Vergleich zum kostspieligeren Nucleus kann der Z1 viel mehr und er klingt auch besser. Darf ich so deutlich sein? Das Gerät ist sehr vielseitig einsetzbar und audiophil, aber doch relativ entspannt, denn Spotify und Airplay-Zuspieler haben im musikalischen Heim auch ihre Berechtigung.
Mit Spotify Connect integriert kann Spotify direkt genutzt werden.
Hoher Bedienungskomfort
Klanglich sehr überzeugend
Onlinelink:
https://avguide.ch/testbericht/test-streamer-und-musikserver-rhein-z1-v2-roon-core-and-more