Technics aus der Asche
Test des neuen C700 Premium-Systems von Technics

Meine Generation erlebte sie einst, diese Gerätetürme von Technics mit zahllosen Tastern und vor allem diesen grossen VU-Metern. Der gute Teenager-Freund, der sich das schon leisten konnte, lud uns zu einer Bewunderungs-Tour ein und spendierte grosszügig Cola und Chips dazu. Ich hatte keinen Hunger. Das Wasser lief uns auch so im Mund zusammen. Diese VU-Meter...
Nun ist Panasonic am Ruder und lässt ihre Marke Technics auferstehen. Dabei werden die Attribute von Alt-Technics wiederbelebt und mit neuer Technologie versehen: Flach-Membranen und VU-Meter kommen von damals, Schaltverstärker und Netzwerkplayer von heute.
Hat das mit hoher Musikwiedergabe zu tun? Nein, aber es schliesst sie nicht aus.
Premium-Class C700
Es gibt natürlich auch die Reference Class von Technics. Wir sprechen bei der Premium Class also von der günstigeren Kette. Mit 4960 CHF für das System liegen aber eine beeindruckende Optik und Verarbeitungsqualität vor. Dazu kommt die Binsenweisheit, dass die Hersteller im Einstiegssegment gerne alles geben. - Brot und Butter halt.
Die SB-C700 sind schmucke Monitorlautsprecher mit proprietärer Technics...äh Technik, einen hauseigenen Schallwandler mit Coaxial-Ringradiator beinhaltend. Kostenpunkt: 1390 CHF / Paar ohne Stative.
Der SB-C700 ist der Vollverstärker mit den VU-Metern, an den man alles von Phono bis Digital hoch 3 anschliessen kann. Kostenpunkt: 1490 CHF
Der ST-700 ist der Netzwerkplayer für alles. Kostenpunkt: 990 CHF
Systempreis: 4960 CHF
Der CD-Player SL-C700 kostet 1090 CHF und ist in diesem Test nicht enthalten. Der Kunde kann also wählen, ob er mit dem CD-Player als Quelle oder mit dem Netzwerkplayer arbeiten will. Das ist ein gutes Systemkonzept und spricht die progressiven/traditionellen Geister gleichermassen an.
Die Technologie

Technics hat immer noch den Hang zu vollmundiger Technologie-Prosa. Die Feingeister mit Hang zu geölten Hölzern foutieren sich darüber wohl ein bisschen. Ich bin da offen, finde es aber auch etwas dick aufgetragen. Erlauben Sie mir eine Aufzählung und eine kurze Zusammenfassung:
JENO Engine (Jitter-Elimination und Noise Shaping Optimisation)
LAPC (Load Adaptive Phase Calibration)
Ultraschnelles, geräuscharmes Linearnetzteil
Batteriebetriebener Taktgenerator
Virtueller Batteriebetrieb
Intelligente Schaltkreisaktivierung
Technics Music App
Lautsprechersystem mit Punktschallquelle
Phase Precision Treiber
Ultra Wide Range Reproduction
Zusammenfassung
Das System lasse sich vollständig aber nicht ausschliesslich mit einer App steuern. Der Datenstrom soll, effektiv von Jitter befreit, in eine Schaltendstufe münden, die (nebst sehr geringem Rauschen) auch Last- und Phasenverhalten der Lautsprecher mit dem Ziel einer perfekten Raumabbildung berücksichtigt. Man erreiche das unter anderem mit punktuellem Batteriebetrieb und Quasi-Batteriebtrieb. Die Lautsprecher würden als Punktschallquellen arbeiten, zudem phasenrichtig, und wären in der Lage, hochauflösende Musikquellen mit Frequenzanteilen bis 100 kHz zu reproduzieren.
Alle Achtung, aber auch Phönix war nur ein Vogel.
Der Set-Up

Es geht einfach: Mit dem Netzwerkkabel an den (WLAN) Router, damit die Verbindung zu Speichermedien im Netzwerk hergestellt ist. Die DAB/UKW-Antenne versorgt das System mit terrestrischen Radiowellen.
Netzwerk-Player und Verstärker können analog oder digital verbunden werden. - Je nach dem, ob man den DA-Wandler im einen oder anderen Gerät nutzt. Wichtig ist die Control-Verbindung der Geräte: Damit kann man auch den Verstärker über die App steuern.
Die Technics Music App auf einem iOS- oder Androidgerät installieren. Alles einschalten. Nach kurzer Zeit steht alles abspielbereit zur Verfügung.

ST-C700 Netzwerkplayer und App

Der Netzerkplayer entspricht dem Stand der Technik hinsichtlich Funktionsumfang und Bedienung. Hervorzuheben ist der integrierte DAB+ und UKW-Empfang mit einer Wurfantenne. Ich finde das sehr praktisch. Die meisten Netzwerkplayer "beschränken" sich auf den "Empfang" von Internet-Radio. Hier ist das nicht der Fall. Wer DAB+ gewohnt ist und UKW nicht verschmäht, braucht sich mit Internetradio gar nicht erst zu befassen und kann wie gewohnt seine lokal verfügbaren Radiosender geniessen. Das ist ein grosses Plus.
Ausgänge
Die Verbindung zum SU-C700 Verstärker kann sowohl analog als auch digital erfolgen. Ja nach dem kommt der DA-Wandler im Netzwerkplayer oder Verstärker zum Einsatz.
USB-Speichermedien...
...können als USB-Stick frontseitig oder als Festplatte rückseitig (wie auch der PC/Mac) angeschlossen werden. Wählt man mittels Fernbedienung oder App die Datenquelle, findet man die Musikdaten entsprechend der Ordner-Struktur auf dem jeweiligen Speichermedium. Das ist einfach, kann aber etwas unübersichtlich sein. Mehr darüber bei der Beschreibung zur App.
DLNA-Server und NAS
Zu DLNA-Server kann ich keine praktische Aussage machen. Mein NAS findet der Netzwerkplayer ohne Tadel. Die Netzwerkverbindung erfolgt mit einem Ethernet-Kabel zu Router oder Netzwerkdose.
Airplay und Bluetooth
Mit dem für die Bedienung verwendeten iPad oder Tablet kann man auch mit Airplay oder Bluetooth Musik an den Netzwerkplayer senden und abspielen. Das ist praktisch für die Nutzung von Musikstreaming-Diensten und Internetradio oder Podcasts.
Datenformate
Die unterstützten Datenformate finden Sie hier im unteren Bereich der Seite. Das Gerät unterstützt alle gängigen Formate bis 192 kHz Samplingrate inkl. DSD64/128.
Konventionelle Fernbedienung
Konventionell hin- oder her, man braucht auf die Schnelle für die wichtigsten Befehle kein Phone/Tablet zu greifen. Man kommt zu seiner Musik auch so und kriegt eine verständliche Rückmeldung vom Gerätedisplay. Damit vermindert man die Abhängigkeit vom Tablet, welches man vielleicht, wie ich manchmal, im Geschäft vergessen hat. Das ist ebenfalls ein grosses Plus.
Die App...
...funktioniert intuitiv und umfassend. Bedienungsanleitung nicht erforderlich. Ist das Control-Verbindungskabel mit dem SU-C700 Vollverstärker verbunden, lässt sich dieser ebenfalls bedienen, z.B. für Klangregelung und Lautstärke. Verändert man die Lautstärke mit der App, dreht sich das Potentiometer brav auf dem Verstärker mit. Das sah ich zum ersten Mal. Man kann das System somit mit der konventionellen Fernbedienung etwas eingeschränkt oder mit der App vollumfänglich bedienen. Hut ab! Das nenne ich Redundanz.
Weniger begeistert mich die Musik-Oberfläche für die Musikwahl: Man hat sich mit der Ordnerstruktur des Speichermediums zu begnügen. Es steht keine übersichtliche, anpassbare Coverbild-Oberfläche zur Verfügung. Man hangelt sich vom Interpret zum Album (mit Coverbild in Listenansicht) und kommt von da aus zur Player-Ansicht, die dann wieder stimmig ist.
Playlisten: Kein Problem.
SU-C700 ein intelligenter Schaltverstärker

Der SU-C700 ist natürlich kein "volldigitaler Verstärker" wie im Beschrieb erläutert. Es ist ein Schaltverstärker mit analogen und digitalen Eingangsstufen. Schaltverstärker arbeiten mit Pulsweitenmodulation. Das ausggangsseitige "Schaltsignal" ist analog und wird mit einer Tiefpassfilterung wieder zu einer Schwingung. Transistoren sind als Schalter viel effizienter und linearer und es wird keine Gegenkopplung benötigt. Das einfache Prinzip geniesst auch in audiophilen Kreisen eine immer grössere Aktzeptanz.
Der SU-C700 ist aber nicht auf viel Leistung ausgelegt. 2 x 45 Watt (8 Ohm) und 2 x 70 Watt (4 Ohm) stehen an den Ausgängen zur Verfügung. Die verwendeten Lautsprecher sollten einen Wirkungsgrad von min. 85 dB aufweisen und keine massiven Impedanzeinbrüche produzieren. Eine Besonderheit ist die Last-adaptive Phasen-Kalibrierung (LAPC). Mit einem Testsignal wird das Phasenverhalten der verwendeten Lautsprecher optimiert. - Eingangsseitig allerdings, sonst müsste man das Tonsignal mit einem Messmikrophon aufnehmen. Die Effizienz dieser Anpassung ist nicht eindeutig nachvollziehbar.

Digitale Quellen können asynchron über USB oder S/PDIF mit Chinch und optisch angeschlossen werden. Insgesamt sind fünf digitale Quellen bis 32 Bit und 192 kHz nutzbar. Die Analogeingänge berücksichtigen den Plattenspieler (MM, 47 kOhm Impedanz) und eine Hochpegel-Quelle. Letztere kann mit einem Schalter gedämpft werden, falls erwünscht. Die Control-Ausgänge erlauben die kombinierte Fernbedienung mit dem Netzwerk- oder CD-Player. Die Control-Kabel liegen bei.
Frontseitig domieren die eisblau ausgeleuchteten, grossen VU-Meter, die wie schon damals, auch bei kleinen Pegeln gut sichtbar zittern. Die LAPC-Funktion wird angezeigt. Der gewählte Eingang wird darunter angezeigt. Der Kopfhörer-Ausgang darf natürlich nicht fehlen.
Die Verarbeitungsqualität stimmt. Schraubt man den Deckel ab, erblickt man das darunter liegende Innengehäuse und sonst nichts. Da ist nichts mit Fummeln.
Der Koaxial-Monitor SB-C700

Der formschöne 2-Weg-Monitor ist mit einem selbst entwickelten Koaxial-Treiber ausgestattet, der an die Technics-Tradition anschliesst. Der Tief/Mittelton wird von einem Ringradiator mit innen- und aussenliegender Sicke übertragen. Die Membran besteht aus einer leichten Wabenkern-Konstruktion mit rückseitigem Antriebskonus. Im Zentrum arbeitet eine Aluminium-Kalotte.

Der Treiber wirkt natürlich High-Tech, enthält aber trotz der Flachmembran einen konventionellen, dynamischen Antrieb mit erheblichen mechanischen Verlusten, bedingt durch zwei Sicken und einem Antriebskonus. Entsprechend grosszügig ist der Doppelmagnet ausgelegt.
Die Vorteile einer Punktschallquelle sind hinreichend bekannt, wirken sich aber erst bei sehr kurzer Hördistanz aus. Die Phasenrichtigkeit hängt von der Frequenzweiche ab. Das Gehäuse ist sehr steif und kompakt ausgelegt. Der rückseitige Bassreflexkanal weitet sich gegen innen wie aussen aus, vermutlich um Strömungsgeräusche zu vermeiden.
Es steckt einiges an Technologie in diesem Monitor.
Hörtest des Premium Class C700 Systems

Obgleich man die Komponenten einzeln kaufen und einsetzen kann, ist der Höreindruck des Gesamtsystems wichtig. Das System verspricht, in sich gut abgestimmt zu sein und liegt preislich unter 5000 CHF. Mich interessierte aber auch, wie die Monitorlautsprecher klingen, wenn ich sie mit einem anderen Verstärker betreibe.
Ich verwendete allerdings nicht die mitgelieferten Kabel, sondern ... andere. Die sogenannten Beipack-Kabel dienen dem Zweck, das System gleich zu betreiben. Die Qualität solcher Kabel lässt in der Regel zu wünschen übrig. Als Quelle verwendete ich Musik von meinem NAS.
Raumabbildung
Bei korrekter Aufstellung der Lautsprecher mit genügend Abstand von den Seitenwänden und der Rückwand von ca. 1 m (von der Schallwand gemessen), entsteht eine grosszügige aber nicht überaus grosse Klangbühne, die nach vorne in meine Richtung tendiert, also nach vorne spielt. Die Akteure sind überzeugend zu orten und wirken dreidimensional im richtigen Grössenverhältnis zueinander. Ich stellte keine diffusen Verschleierungen fest. Das System und wohl im besonderen die Lautsprecher beherrschen diese Disziplin aussergewöhnlich gut.
Tonaler Charakter
Das System spielt sehr dynamisch und packend, wirkt aber machmal etwas auffällig. Der Hochtonbereich ist angenehm unaufdringlich und dennoch sehr transparent. Der Grundton bei Stimmen und Instrumenten weist eine eher schlanke Tendenz auf. Das lässt sich mit dem Equalizer durch leichtes Anheben des Bassbereichs gut korrigieren. Die Präsenz der Stimmen und ihre Verständlichkeit überzeugt.
Tiefton
Ich stelle ein Defizit in den unteren Registern fest. Die tiefsten Frequenzen lassen sich nur noch erahnen. Der Bass ist sehr schnell und trocken. Das ist nicht untypisch für kleine Monitorlautsprecher. Im Vergleich vermochte aber der Boenicke W5 Ausnahmelautsprecher, ein Monitor mit viel kleinerem Gehäusevolumen als die SB-C700, deutlich mehr zu überzeugen. Ich kann mir vorstellen, dass die Tieftonabstimmung beim Technics-Lautsprecher optimiert werden könnte.
Integrität
Die Grenzen findet man bei diesem System beim Fluss und der inneren Kraft der Musik. Das Geschehen bleibt gerade bei Klassik an der Oberfläche und lässt die souveräne Ruhe vermissen. Es verbessert sich aber z.B. mit einem sehr guten Röhrenverstärker massgeblich. Ich verwendete im Vergleich den Gato DIA-250 Schaltverstärker und den Sonata EL34 Röhrenverstärker von WLM. Sie verliehen dem Technics-Lautsprecher mehr Entspanntheit und Farbstärke und Grundton.
Das Technics System klingt insgesamt und auch in Relation zum Preis sehr überzeugend und spektakulär. Es eignet sich vor allem für Musikhörer, die Spass haben wollen. Party-Lautstärke ist übrigens kein Problem.
Gesamtbeurteilung

Panasonic hat sich einiges einfallen lassen, die Marke Technics auferstehen zu lassen. Man bedient sich eines reichen Fundus an Pionierleistungen und verbindet ein hohes Niveau bei der digitalen Musikverarbeitung mit klassischen Designelementen. Es ist aber nicht nur eine Retro-Geschichte, sondern ein originelles neues Konzept mit klassischen Zügen und cleverer Technologie.
Das Premium C700 System ist für kostenbewusste Einsteiger gemacht und überzeugt mit einer verblüffenden Klangqualität. Es ist sehr viel mehr als die heute üblichen Beschallunsgwürfel und kratzt an der Tür zum audiophilen Genre. Es ist ernst zu nehmen.
Klangphilosophisch betrachtet repräsentiert der neue Technics-Klang einen Klangtrend, der nicht gerade unauffällig daherkommt. Das ist auch anderenorts festzustellen. Transparenz, Dynamik und Schnelligkeit bewegen heute Menschen, die eher kurzzeitig Musik hören und sich Zeitgeist-bedingt nicht über Stunden in die Musik vertiefen.
Dafür gibt es andere Möglichkeiten und das ist auch eine Kostenfrage.
Verarbeitung
Raumabbildung
Design
VU-Meter
Auch mit IR- Fernbedienung zu betreiben
Airplay
Bluetooth
Onlinelink:
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