Nichts als die Wahrheit
Audiophile Studio-Lautsprecher von PSI Audio

Seit einiger Zeit schauen audiophile Musikhörer über den Zaun zu den professionellen Musikhörern, den Leuten im Tonstudio oder Broadcasting. Mit einer Mischung aus Neugier und Respekt erblicken sie eine Seite der Musikwiedergabe, die ohne Verpackung und Design auskommt und wo nach Auffassung ihrer Anwender nur die Klangwahrheit zählt.
Es ist die pragmatische Welt der Musikproduzenten unserer Musik, die wir dann mit High-End-Gerät geniessen. Diese Musik wurde von diesen Leuten geschaffen und für gut befunden, lange bevor wir uns begeistern können. Es ist eine Welt, die manche audiophile Tugend Lügen straft oder ignoriert. – Eine Welt, wo Kabel zum Ein- und Ausstecken gemacht sind, und wo man Lautsprecher-Monitore auf praktischen Rollwagen vor das Mischpult schiebt.
Es ist ein Universum mit anderen Regeln: Die Räume sind akustisch optimal, die Monitore im Nahfeld des Tontechnikers exakt platziert und niemand wohnt dort, um sich um Design, Grösse und Farbvarianten zu kümmern. Es ist die reale Welt der Musikproduktion, die ohne perfektes Gerät nicht auskommen könnte und deshalb sehr ernst zu nehmen ist.
PSI-Audio entwickelt und produziert seit 30 Jahren in Yverdon aktive Studio-Monitore und –Lautsprecher. Sie gehören zu den Besten und ca. 1000 davon verlassen jährlich das Werk. Sie können viele High-End-Lautsprecher das Fürchten lehren und schmücken auch manches Musikzimmer konvertierter Audiophiler. Tendenz steigend.
Technologie-Tradition

avguide.ch: Wie ist PSI Audio entstanden?
Roger Roschnik: Relec SA wurde 1977 von Alain Roux gegründet und produzierte unter der Marke PSI Audio passive Lautsprecher für alle, die sie wollten. Es waren ganz klar „wissenschaftliche“ Lautsprecher. Der Anspruch war nicht, dass sie möglichst schön klingen, sondern möglichst korrekt. Die Herangehensweise war strikte wissenschaftlich, wie bei Messegeräten. Das akustische Signal sollte exakt so sein, wie das elektrische Signal an ihren Eingängen. Nicht mehr und nicht weniger.
Nach einigen Entwicklungen für HiFi- und Bühnenanwendungen kam das Interesse von Anwendern in Tonstudios und Broadcasting. Sie wollten exakt hören, was da war. Studer fragte an, ob man für sie Studio-Monitore herstellen könnte. Das führte zu einer wichtigen frühen Zusammenarbeit.

avguide.ch: Wie beschreiben Sie die Produkte-Philosophie?
Roger Roschnik: Unsere Produkte charakterisieren sich dadurch, dass alles auf wissenschaftlichen Grundlagen basiert. Was elektrisch ankommt, hat akustisch weiter zu gehen. Es wird nichts hinzugefügt und nichts entfernt. Das ist aus unserer Sicht der einzige Weg zu einem guten Lautsprecher. Man kann vieles verändern, abweichend von der Linearität, aber dann wird man Teil einer kreativen Aufgabe, indem man den Klang verändert und schönt. Der Lautsprecher steht am Ende einer Kette, auch beim Aufnahmeprozess. Alles was zu verändern ist, hat unserer Meinung nach vorher zu geschehen. Seien dies klangliche Anpassungen etc. Der Lautsprecher darf abschliessend nichts verändern. Das ist nicht dessen Aufgabe. Er hat umzusetzen, was vorher geschieht.
Phasen- und Zeitverhalten

avguide.ch: Was muss der Lautsprecher richtig machen, um richtig zu klingen?
Roger Roschnik: Zuerst benötigen wir einen absolut linearen Frequenzgang. Jeder Lautsprecher wird in unserem anechoischen Raum gemessen und kalibriert. Die kleineren Modelle erzielen eine Toleranz von +/- 2,5 dB, die grossen Modelle max. +/- 1,5 dB. – Voraussetzung für perfekte tonale Ausgeglichenheit.
Ferner erzeugen wir ein perfektes Phasenverhalten bei geringsten Verzerrungen mittels aktiven Filtern. Wir machen das um sicher zu stellen, dass alle Frequenzanteile aller Oberwellen gleichzeitig beim Hörer ankommen. – Voraussetzung für eine perfekte räumliche Darstellung.
PSI bedeutet Precision Sound Image. Soweit wir wissen, sind wir die Einzigen, die das Phasen- und Zeitverhalten mittels Analogtechnik perfekt realisieren.
avguide.ch: Andere Hersteller machen dasselbe digital.
Roger Roschnik: Das kann man gut machen, aber man hat immer eine Latenz, eine Zeitverzögerung, die man in der Produktion nicht brauchen kann. Bei der reinen Musikwiedergabe spielt das natürlich keine Rolle.
avguide.ch: Können Sie CPR und AOI erklären?
Roger Roschnik: CPR bedeutet Compensated Phase Response und meint die Phasenkorrektur, die ab 200 Hz relevant, da hörbar ist. Unter 200 Hz ist der Einfluss viel geringer. Wir könnten das tun, machen aber einen Kompromiss, weil es zu stark zeitverzögern würde.
AOI bedeutet Adaptive Output Impedance. Das AOI-System wertet die Position einer Detektions-Windung an der Schwingspule der Treiber aus und kontrolliert die Schwingung über ein Gegenkopplungs-Filter. Ziel ist eine äusserst präzise Impulsantwort, welche die Wiedergabe eines Rechtecksignals ermöglicht. Das erreichen wir tatsächlich mit grosser Annäherung.
avguide.ch: Es gibt aber keine Rechtecksignale bei Tonfrequenzen.
Roger Roschnik: Nein, aber schnelle Transienten gibt es und korrelierende Phasen aus den Treibern verlangen diese enorme Schnelligkeit.

Made in Switzerland

avguide.ch: Wo überall produzieren Sie?
Roger Roschnik: PSI Lautsprecher werden zu 100% hier in der Schweiz gefertigt. Die Gehäuse kommen von einem Betrieb etwa 500 Meter von hier. Die Elektronikfertigung ist bei uns, und unseren Kalotten-Hochtöner für das Modell A25-M produzieren wir ebenfalls hier. – Komplett mit eigener Fertigung der Schwingspule, Magnetisierung des Magneten usw. Die anderen Treiber beziehen wir extern aus kundenspezifischer Herstellung. Ein Problem sind hier die Fertigungstoleranzen. Wir prüfen zu 100% und sortieren 20 bis 30% aus, weil unsere Toleranzen sehr eng sind. Wir können sie nicht zurücksenden, was das Endprodukt verteuert.

avguide.ch: Gemessen an High End-Ansprüchen sind die aktiven Lautsprecher von PSI bezahlbar. Hat das mit Effizienz und Standardisierung zu tun?
Roger Roschnik: Auf der Produktionsseite ja. Wir produzieren schon sehr lange sehr ähnlich Produkte und haben die Prozesse optimiert und standardisiert. Dadurch entstehen tiefe Herstellkosten dank dem hohen Standardisierungsgrad.
Effizient sind wir auch auf der Vertriebsseite: Im Pro-Audio Bereich ist die Distribution effizient, weil die professionellen Kunden schneller entscheiden als HiFi-Kunden und auch grössere Mengen bestellen. Es sind Geschäftskunden. Würden wir unsere Produkte stark auf den HiFi-Markt ausrichten, so wäre es notwendig, andere Gehäuse zu bauen, viele Varianten anzubieten und dazu immer wieder Neuheiten anzubieten. Das verteuert das Produkt. Dazu kommt, dass High End-Kunden sich den Lautsprecher mehrmals und lange anhören, bis sie sich entscheiden, und dann bestellen sie ein Paar. Deshalb brauchen die Händler eine höhere Marge um ihren Verkaufsaufwand zu finanzieren. Das sind die Gründe, warum unsere Lautsprecher günstiger sind als viele High End-Lautsprecher. Gemessen an unserer Qualität und der Fertigung in der Schweiz sind wir weltweit auch im Pro-Audio Markt konkurrenzfähig.
Pro-Audio versus High End

avguide.ch: Es gibt immer mehr Pro-Audio-Hersteller, die mit entsprechenden Produkten aktiv in den High End-Markt vorstossen. Sie versprechen sich bessere Erträge und haben die Technologie bereits. Plant PSI-Audio das auch?
Roger Roschnik: Wir befassen uns regelmässig damit, aber es hat keine hohe Priorität. Wir haben in unserem Markt viel zu tun. Wir verkaufen weltweit mehr als 95% der Produkte in den Studio-Bereich. Wir stellen aber fest, dass sich viele audiophile Musikhörer für PSI-Audio interessieren. – Nicht so stark für die Wissenschaft, sondern für die Klangqualität.
avguide.ch: Wie viele Lautsprecher verkaufen Sie jährlich?
Roger Roschnik: Wir verkaufen ungefähr 1000 Einheiten pro Jahr. Ein Lautsprecher ist eine Einheit.

avguide.ch: Audiophile Hörer bevorzugen oft eine euphonische Klangdefinition, die in Richtung Wohlklang und nicht so zur Authenzität hin tendiert. Was denken Sie darüber?
Roger Roschnik: Die Studio-Leute denken anders: Sie bearbeiten und produzieren Musik im Studio, zuweilen hervorragende Aufnahmen, mit grossem persönlichen Einsatz. Sie wollen und brauchen Lautsprecher, die exakt wiedergeben, was sie erarbeitet haben. Wenn man sich dieses Resultat zu Hause anhören will, braucht man eigentlich dieselbe Art Lautsprecher. Nochmals: Der Lautsprecher sollte nichts mehr verändern. Mit der Raumakustik hat man dann noch genug zu tun.
avguide.ch: Wie läuft das ab, bevor sich Ihre Kunden entscheiden?
Roger Roschnik: Wenn sie zu uns oder zu unseren Distributoren kommen, hören sie sich das im Demo-Raum an. Das sind Profis, die manchmal schon nach einer halben Minute entscheiden, weil sie das sofort beurteilen können. Manchmal werden die Lautsprecher in ihren Räumlichkeiten getestet. Sehr oft wird einfach bestellt. Wir haben viele gute Testberichte in den einschlägigen Medien.
High End tauglich

avguide.ch: Welche Aufstellung empfehlen Sie für Ihre Lautsprecher?
Roger Roschnik: Das ergibt sich aus der typischen Abhörsituation in den Studios. In der Regel ein Stereo-Dreieck mit direkt eingewinkelten Lautsprechern. Zwischen den Lautsprechern und dem Tontechniker befindet sich das Mischpult und die Distanz zu den Lautsprechern beträgt manchmal nur ein Meter bis zu vielleicht drei Metern. Die grösseren Modelle sind für grössere Distanzen ausgelegt. Dann müssen die Lautsprecher auf der richtigen Höhe sein. Unsere Standlautsprecher werden vor allem im Mastering verwendet, wo man keine grosse Konsole hat, sondern ev. nur einen Computer. Die Mischpulte beeinflussen die Akustik negativ.
avguide.ch: Der Standlautsprecher (A215-M) sieht eigentlich schon wie ein HiFi-Lautsprecher aus. Sie sollten den einfach in mehr Farben anbieten.
Roger Roschnik: Kein Problem. Wir können alle Deckfarben auf Wunsch gegen Aufpreis anbieten.

avguide.ch: Nennen Sie uns doch ein paar Referenzkunden.
Roger Roschnik: Zum Beispiel Boris Blank (Yello), das Bolschoi-Theater, das Ircam in Paris (Centre Pompidou), die Philharmonie in Paris, die Olympiade in Sochi, NHK World Radio in Japan und natürlich SRF SSR in der Romandie und viele Radiostationen und Tonstudios überall.
avguide.ch: Wo geht die Reise hin?
Roger Roschnik: Nun, wir streben ein moderates Wachstum von ca. 5%/Jahr mit unseren bestehenden Produkten an, die wir ergänzen. Wir leben vom technologischen Erbe unseres Firmengründers. In verschiedenen Märkten haben wir Potenzial, z.B. in England und Indien. Mittel- bis langfristig werden digitale Lautsprechersysteme im Pro-Audio ein Thema werden. Wir wollen nicht um jeden Preis wachsen, sonst müssen wir in mehr Produktionskapazität investieren.
avguide.ch: Wollen Sie das HiFi-Segment stärker bearbeiten?
Roger Roschnik: Unsere Lautsprecher eignen sich sehr gut für High End, mit Einschränkungen im Design und den dekorativen Varianten. Doch das hat mit dem Klang nichts zu tun. Wir produzieren heute bereits die meisten Passiv-Lautsprecher der Schweizer Marke Rowen im Auftrag. Andererseits haben HiFi-Kunden und Händler auch Vorbehalte: Sie wollen möglichst viele Komponenten und Zubehör verkaufen. Wenn man aktive Lautsprecher einsetzt, braucht es nicht mehr viel. Man braucht einen DA-Wandler mit Lautstärkenregelung oder einen Server, der alles beinhaltet. Einzig der Plattenspieler ist dann noch ein Thema.
avguide.ch: Danke für das interessante Gespräch!
Das Klangerlebnis

Beim Rundgang durch die Fertigung offenbart sich die grosse Fertigungstiefe. Spezielle mechanische Einzelteile werden hier gefertigt. Luftspulen und andere Induktivitäten werden ebenfalls Inhouse gewickelt. Der Hochtontreiber ist ebenfalls eine Eigenentwicklung und wird hier produziert. - Man findet auf dem Markt nichts, das den engen Toleranzen entsprechen würde.
Was bei vielen Herstellern auf dem Papier steht ist bei PSI-Audio Realität: Jeder Lautsprecher wird vor der Auslieferung kalibriert und gemessen. Die Messresultate verändern sich übrigens auch bei jahrelangem Betrieb kaum, was Kontrollen an älteren Modelle immer wieder beweisen.

Kurz reingehört
Die tonalen Eigenschaften aller gehörten Modelle sind sehr ähnlich. Das bedeutet, dass man mit dem A14-M Nahfeldmonitor bereits alles hört, was PSI-Audio ausmacht. Mit dem A25-M Midfield-Monitor klingt es noch besser und der A215-M Mastering-Standlautsprecher entspricht dem A25-M. Die Aktivlautsprecher kosten den Endkunden zwischen 1000 CHF und 4300 CHF pro Stück.
Der relativ weite Sweetspot macht die Lautsprecher wohnraumtauglich und das verblüfft, weil sie ja für sehr spezifische Studioanwendungen entwickelt wurden. Die räumliche Abbildung ist extrem holgrafisch und absolut exakt, oder mindestens so gut, wie es die Aufnahme erlaubt.
Man spricht bei Hifi-Lautsprechern gerne vom musikalischen Klang und vom analytischen Klang. Ich vermisse bei diesen PSI-Lautsprechern nichts, auch keine Musikalität. Ich hatte ein genussvolles und völlig entspanntes Hörerlebnis.
PSI-Audio gibt sich gerne wissenschaftlich und das mit gutem Grund. Wenn sie die Musik nicht lieben würden, dann würde es nicht so klingen. Auf dem Heimweg grübelte ich lange mit meinen Eindrücken.
Fazit: Rein in die gute Stube damit!
Onlinelink:
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