Wer jazzige Musik sucht, um sich im Zeitalter der zuvielen Eindrücke zu entspannen, wird bei Sentimental Journey von Nils Landgren fündig. Wir haben in die HiRes-Audio Version reingehört.
Obwohl diese mehrheitlich ruhigen Jazz-Balladen vor rund 10 Jahren - genauer 2002 in Stockholm in den Polar Studios - gemacht wurden, scheint die Musik, der über highresaudio.com erhältliche Downloadversion in 24/96 kHz bei mir im Abhörraum in neuem Glanz zu erscheinen.
Das Label ACT brachte damals dieses Album als CD wie auch als SACD heraus. Die Akustik gleicht ganz gewiss nicht einem verrauchten Jazz-Keller, sondern eher derjenigen eines Kammermusiksaales. Trotz der fast klinisch sauberen Ambiance - oder vielleicht gerade deshalb - bieten diese Aufnahmen ein Timbre und klangliche Finessen, die selten zu hören sind.
Was hier die als Abhörlautsprecher eingesetzten Piega Coax 10.2 an Feinheiten und Klangfarben zu Gehör bringen, ist auch für abgebrühte High-Endler ein echtes Erlebnis. So erscheint des Sängers Stimme dezent rauchig und erinnert mich etwas an Schleifpapier mit einer mittleren Körnung. Zudem singt er schnörkellos und geradeaus. Jeder Ton, der seine Kehle verlässt, hat eine Bedeutung, und keiner dient nur als Verzierung oder gar der Selbstdarstellung.
Sein Gesangsstil hat denn auch eine interessante Geschichte zu erzählen: Schon als Knabe hätte er jeden Tag in der Schule einen Psalm singen müssen! Die Rede ist vom schwedischen Posaunisten und Sänger Nils Landgren, der auch „the man with the red horn“ genannt wird. Er studierte erst mal als Posaunist klassische Musik und wechselte dann zum Jazz. Mit seiner knallroten Trombone hat er sich in verschiedenen Musikstilen einen heissen Namen gemacht, und sein musikalischer Werdegang ist denn auch hochinteressant. Da tauchen Namen auf wie ABBA, The Crusaders, Eddie Harris und Herbie Hancock und viele mehr.
Trotzdem ist für mich Nils Landgren, mindestens so wie er vor rund 10 Jahren gesungen hat, (noch) kein Meistersänger. Und gleich im ersten Track „Speak Low“ zeigt es sich sofort und klar: Landgren beherrschte damals seine Stimme noch nicht ganz so meisterhaft wie seine Posaune. Nur über sein rotes Blasinstrument konnte er damals alle seine Gefühle perfekt nuanciert und überzeugend ausdrücken.
Nils Landgren hatte sich für dieses Album ein Streichquartett sowie diverse andere Musiker(innen) als Partner gewählt. Und so wirkt dieses stimmungsmässig eher gedämpfte Album nie eintönig oder gar langweilig. Nein, ganz im Gegenteil: Durch die sehr unterschiedlichen musikalischen Gruppierungen entstehen faszinierende Klangmuster, die gerade in High-Resolution-Audio den Hörer immer wieder faszinieren können.
Wie es sich für ein Balladen-Album mit dem Titel „Sentimental Journey“ gehört, gibt es sich gefühlsbetont, beruhigend und ist genau die richtige Musik, um arg gestresste Leute „herunter zu holen“. Und wer sich nach dem genüsslichen Anhören dieser Aufnahmen von der Couch erhebt, wird nicht nur physisch entspannt, sondern auch psychisch gestärkt in den harte Alltag zurückkehren.
Mit dem letzten Track „I will survive“ klopfen Landgren und seine Partner alle eingedösten Hörer blitzartig aus dem Sofa. Selbst eingeschlafene Glieder erwachen augenblicklich und das Blut schiesst mit vollem Druck durch die Adern - und man kann sich voller Tatendrang in die nächsten Aufgaben flüchten.
Summa Summarum ein sehr schönes Album, das nun in High-Resolution-Audio mit einem Klang der Superlative aufwartet.